Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

Fragen der echten Bahntechnik, Lokbedienung, PZB usw.
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didig
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#21 Beitrag von didig »

Ergänzend zum Thema könnte man noch hinzufügen:

Gerade als Anfänger ist man in der Realität bemüht, den 1000er Hz zum richtigen Zeitpunkt, mit der Wachsamkeitstaste zu erwischen, da man die Taste da meist ca. 3 Sekunden lang betätigt.

Lokbauart bedingt ist das in der Regel, wenn das Signal auf Seitenfensterhöhe vorbeizieht (bei z. B. bei BR 185 und Taurus). Bei der Vectron ist der Magnet allerdings weiter hinten verbaut. Wenn man da auf imaginärer Fensterhöhe abdrückt, hat man zu früh gehandelt, da gilt dann als alter „Hausfrauentrick“, wenn man das Signal am Türseitenfenster vorbeizischen hört (bei Rangierfahrt schaut man halt zum Türseitenfenster), erst dann die Wachsamkeitstaste betätigen, sonst möglicherweise Zwangsbremsung.

Auch sollte man die Wachsamkeitstaste nicht einfach zurückfedern lassen, was bei der Vectron zu Anfang animiert, das mag die Technik nicht besonders und reagiert dementsprechend gar nicht.

Und dann gibt es da noch ein interessantes Phänomen:

Normalerweise sieht man ja am Aufleuchten des gelben 1000er Melders, dass man erfolgreich war, wenn man aber z.B. auf eine zuvor halt zeigende Hv-Kombination zurollt mit leuchtender 500er Anzeige und dann die Hv Kombination auf etwa Hp 2 + Vr2 umschaltet und man am Vr 2 den 1000er bestätigt hat, dass wenn der 500er aber noch 20m darüber hinaus aufleuchtet, man dann gar keine 1000er Bestätigung im Display erhält sondern die erst dann erscheint, wenn der 500er erloschen ist. Alles klar

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Joachim Günther
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#22 Beitrag von Joachim Günther »

Die PZB-Systeme sind spezifikationsgemäß nur dazu in der Lage 1000Hz-Beeinflussungen bis zu einer Geschwindigkeit von 160 km/h aufzunehmen.
Deshalb werden aus Zuverlässigkeitsgründen vor Transitionen LZB/ETCS -> PZB auch 1000Hz-Beeinflussungen nur aufgenommen und gespeichert, wenn die Geschwindigkeit des Zuges am Beeinflussungspunkt gleich oder kleiner 160 km/h ist.

@ didig
Der leuchtende 1000Hz-Leuchtmelder hat nur die Aufgabe, dem Tf anzuzeigen, daß er sich noch nicht aus der 1000Hz-Überwachungskurve befreien kann. Solange der 500Hz-Leuchtmelder noch leuchtet, ist die Anzeige durch den 1000Hz-Leuchtmelder nicht notwendig, da bei leuchtendem 500Hz-Leuchtmelder die Nichtbefreibarkeit impliziert gegeben ist.

Grundsatz bei der Anzeige von überlagerten PZB-Überwachungsfunktionen: Es wird nur die restriktivste Überwachungsgeschwindigkeit angezeigt.
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Joachim Günther

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Thomas F.
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#23 Beitrag von Thomas F. »

Hallo Joachim,
als interessierter Laie wollte mich einfach mal für deine ausführlichen und auch gut verständlichen Beiträge bedanken! Vielen Dank!

Thomas F.

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Joachim Günther
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#24 Beitrag von Joachim Günther »

Hallo Thomas.
Vielen Dank für Dein Lob und Dein Interesse für die nicht immer einfachen Materie der Zugbeeinflussung.

Joachim

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Achim Adams
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#25 Beitrag von Achim Adams »

Nochmal @didig:

Ausgangsfrage war nicht, wie der Tf seine Taste bedient, sondern wie sich das Fahrzeuggerät bei kurz hintereinander auftretenden Beeinflussungen verhält.

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Carsten Hölscher
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#26 Beitrag von Carsten Hölscher »

Die PZB-Systeme sind spezifikationsgemäß nur dazu in der Lage 1000Hz-Beeinflussungen bis zu einer Geschwindigkeit von 160 km/h aufzunehmen.
Es müßte doch eigentlich was um die 170 km/h sein, da man ja rein technisch auch etwas mehr als 160 km/h mit PZB90 fahren kann?

Carsten

F(R)S-Bauer
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#27 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Hallo,

Nachfrage:

tief in der Erinnerungskist habe ich immer noch dem Umstand, das in den ersten Jahren bei > 160Km/h nicht Blockiert wurde. Ebenso war es zu mindesten getestet worden auch bei > 160Km/h ohne LZB zu fahren. Einer der Gründe warum es SK Signale mit Lf7 = 20 gibt.

Daher kann ich für die vor PZB 90 Version das ganze nicht so ganz glauben. Die müsste mindesten bis 220Km/h zuverlässig eine Beeinflussung Aufnehmen können.

Gruß

Ralf

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Carsten Hölscher
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#28 Beitrag von Carsten Hölscher »

Bei der LZB100 dürfte man auch nicht mit mehr als 160 km/h über einen 1000Hz-Magneten kommen, da die LZB einen ja rechtzeitig runterführt.

Carsten

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Carsten Hölscher
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#29 Beitrag von Carsten Hölscher »

Der leuchtende 1000Hz-Leuchtmelder hat nur die Aufgabe, dem Tf anzuzeigen, daß er sich noch nicht aus der 1000Hz-Überwachungskurve befreien kann. Solange der 500Hz-Leuchtmelder noch leuchtet, ist die Anzeige durch den 1000Hz-Leuchtmelder nicht notwendig, da bei leuchtendem 500Hz-Leuchtmelder die Nichtbefreibarkeit impliziert gegeben ist.
Trotzdem wäre eine kurze Rückmeldung des Systems ("erflgreich quittiert") nett, z.B. durch kurzes zusätzliches Aufleuchten des 1000Hz-Melders, damit man nicht im Blindflug bedienen muss.

Carsten

F(R)S-Bauer
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#30 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Hallo,

Aber war Wirklich immer die LZB 100 vorgeschrieben?
Ich meine man hatte Anfangs mit der Französischen Lösung liebäugelt, die Signal-geführt höhere Geschwindigkeiten zu ließ.

Ich kann mich aber auch Irren...

Gruß

Ralf

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Joachim Günther
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#31 Beitrag von Joachim Günther »

Carsten Hölscher hat geschrieben:
Die PZB-Systeme sind spezifikationsgemäß nur dazu in der Lage 1000Hz-Beeinflussungen bis zu einer Geschwindigkeit von 160 km/h aufzunehmen.
Es müßte doch eigentlich was um die 170 km/h sein, da man ja rein technisch auch etwas mehr als 160 km/h mit PZB90 fahren kann?

Carsten
Das ist ja richtig. Die Zuverlässigkeit für die fahrzeugseitige Erkennung einer 1000Hz-Beeinflussung nimmt jedoch bei Geschwindigkeiten > 160 km/h ab. Deshalb hat man auch im Übergangsbereich LZB -> PZB den Grenzwert für die Erkennbarkeit auf 160 km/h festgelegt. Beim Übertragungsausfall im Ganzblock geht das LZB-System immer von einer nicht erkannten 1000Hz-Beeinflussung bei Vist > 160 km/h aus und startet nach 1. Betätigung der Freitaste (FT) auf einem Weg von 1800m eine Geschwindigkeitsüberwachung auf 85, 70, oder 55 km/h (je nach der PZB-Zugart). Mit der 2. Betätigung der FT (erst damit ist der Übergang in den PZB-Betrieb abgeschlossen) ist diese Geschwindigkeitsüberwachung noch auf dem Restweg wirksam. (Anzeige: blinkender Zugart-Leuchtmelder).
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Joachim Günther
Zuletzt geändert von Joachim Günther am 21.07.2020 10:29:15, insgesamt 1-mal geändert.

Matthias Z.
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#32 Beitrag von Matthias Z. »

Hallo,
Um die Eingangsfrage vielleicht nochmal zu beantworten.
Ich muss bei modernen Loks innerhalb 2,5 Sekunden die Wachsamkeitstaste am Magneten betätigen UND LOSLASSEN. Das Erkennen der Beeinflussung durch den Magneten ist erst durch das Loslassen quittiert. Auch muss der Leuchtmelder leuchten, die Sprachausgabe zählt nicht als Bestätigten. Ich muss also auch auf die Leuchtmelder gucken. Ziehe ich und lass nicht los, gibt es nach 2,5 Sekunden eine Zwangsbremsung.
Betätige ich sonst einfach dauerhaft den Schalter auf der Strecke, konnte ich nichts in Erfahrung bringen. Einfach mal selbst probieren... :D

Lg Matthias
Die Hände des Töpfers fertigen das Gefäß.
Die Asche seiner Frau vollendet es.

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Carsten Hölscher
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#33 Beitrag von Carsten Hölscher »

Das widerspricht den Erkenntnissen oben. Wäre interessant, die Zusammenhänge mal genau zu klären.

Carsten

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Gerald Hunker
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#34 Beitrag von Gerald Hunker »

Thomas F. hat geschrieben:Hallo Joachim,
als interessierter Laie wollte mich einfach mal für deine ausführlichen und auch gut verständlichen Beiträge bedanken! Vielen Dank!

Thomas F.
Diesem Dank schließe ich mich voll und ganz an. So prägnant kommt das nur bei wenigen rüber!
Aus Joachims Beiträgen habe ich schon viel gelernt.

Viele Grüße,
Gerald (ebenfalls interessierter Laie ;) )
"Darf man denn einfach ohne Erlaubnis mit einer Lokomotive in eine fremde Wohnung hineinfahren?", flüsterte er besorgt.
(Jim Knopf, 1960)

Markus Teltschik
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#35 Beitrag von Markus Teltschik »

Alwin Meschede hat geschrieben: 06.07.2020 18:40:23
Carsten Hölscher hat geschrieben:Folgende Frage konnte ich bisher auch mit einigen Fachleuten nicht final klären
Dann sind das aber keine Fachleute :P Der Fachmann hätte sofort "Tastenüberwachung!" gerufen und folgendes erklärt.
Die Spezifikation sagt: Wenn man Wachsam drückt, wird dies 225 m lang als gültige Wachsam-Quittierung interpretiert. Nach den 225 m Dauerbetätigung dann nicht mehr. Wenn man die Wachsamtaste in Grundstellung bringt, ist sie danach sofort wieder wirksam.

EDIT: Das alles gilt auch für die Frei- und Befehlstaste. Bei Anlagen, die einen LM "Prüftaste Stör" haben, leuchtet dieser Melder auf, wenn eine Tastenüberwachung anspringt.
Guten Abend Herr Meschede
Ich habe bezüglich der Tastenüberwachung eine Frage, und zwar gibt es einen Bericht bzw. ein Dokument wo von offizieller Stelle zur Tastenüberwachung etwas zu lesen ist? Ich fragte heute im Praxisunterricht einen Ausbilder von mir ob er etwas dazu wüsste, er meinte, dass er es zum ersten mal höhre und fragte mich woher ich das wisse worauf ich dann auf Sie verweisen musste, da ich selber dazu weder in Regelwerken noch im internett etwas dazu erfuhr, Ihr Video (State of the Zugsimulator: 2021 Edition) bzw. Ihre Foreneinträge sind hierbei außenvor gelassen.
Ich würde mich über eine Antwort freuen.

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Carsten Hölscher
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#36 Beitrag von Carsten Hölscher »

Es wird ziemlich sicher in den Lastenheften zur PZB stehen, aber die sind nicht öffentlich - ein Ausbildungsbetrieb dürfte aber berechtigt sein, sie von der DB zu bekommen.

Carsten

Alwin Meschede
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#37 Beitrag von Alwin Meschede »

Das einzige mir bekannte öffentliche Dokument in dem das Thema angeschnitten wird sind die Netzzugangstests: https://fahrweg.dbnetze.com/resource/bl ... d-data.pdf (Kapitel "Grundstellungsüberwachung der Führerraumtasten"). Dort kann man sehen, dass es diese Funktionen gibt. Aber sie werden dort nicht erklärt.
Mein Youtube-Kanal: youtube.com/echoray1

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nonesense
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#38 Beitrag von nonesense »

Diese Anforderung stammt aus dem Dokument
"Betriebliches Lastenheft
Punktförmiges Zugbeeinflussungssystem
PZB 90
- Fahrzeugeinrichtungen -"

In Kapitel 3.3.1.1 heißt es:
"Das Betätigen der WT wird von der Anlage als unwirksam aufgenommen, wenn sie im Bereich
> 225 m bis einschließlich Eintritt der 1 000 Hz-Beeinflussung dauerhaft betätigt wurde."

Gruß
Jens

Markus Teltschik
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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#39 Beitrag von Markus Teltschik »

besten Dank

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Re: Wachsam: Wie exakt muss es bedient werden?

#40 Beitrag von bithunter_99 »

Alwin Meschede hat geschrieben: 06.07.2020 18:40:23
Carsten Hölscher hat geschrieben:Folgende Frage konnte ich bisher auch mit einigen Fachleuten nicht final klären
Dann sind das aber keine Fachleute :P Der Fachmann hätte sofort "Tastenüberwachung!" gerufen und folgendes erklärt.
Die Spezifikation sagt: Wenn man Wachsam drückt, wird dies 225 m lang als gültige Wachsam-Quittierung interpretiert. Nach den 225 m Dauerbetätigung dann nicht mehr. Wenn man die Wachsamtaste in Grundstellung bringt, ist sie danach sofort wieder wirksam.

EDIT: Das alles gilt auch für die Frei- und Befehlstaste. Bei Anlagen, die einen LM "Prüftaste Stör" haben, leuchtet dieser Melder auf, wenn eine Tastenüberwachung anspringt.
hast du dafür mal eine Quelle, wo das steht?
Ich habe zuletzt von meinem Lehrlokführer einen Anpfiff auf der Strecke bekommen, weil ich die Tasten immer nur kurz bedient habe. Das Aufleuchten des gelben Leuchtmelders hat mir gereicht, das die Taste funktioniert hat. Weiterhin wollte er, gerade beim Befreien, das ich mindestens 1 Sekunde den Taster drücke, das würde so im Handbuch der Baureihe stehen. Da wir mit der Vectron unterwegs waren und mir nur die allererste Fassung von 2012 des Handbuches zur Verfügung steht, habe ich nix dazu gefunden.

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