Absteckrechner

Moderator: Roland Ziegler

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Roland Ziegler
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Absteckrechner

#1 Beitrag von Roland Ziegler »

Der Absteckrechner ist das kleinste Programm unter den Ziegler-Tools, so klein, dass es in seiner Inkarnation als Erweiterung des Gleisplaneditors schon gar keine eigene Oberfläche mehr besitzt.

Der Absteckrechner hat auch nur eine einzige Aufgabe: Gleisbögen bauen. Die aber hat es in sich.


Vorbild

Beim Vorbild bestehen Gleistrassen aus drei geometrischen Elementen: Gerade, Kreisbogen und Übergangsbogen. Der Übergangsbogen ist oft als Klothoide oder angenäherte Klothoide ausgebildet. Nur bei Weichen und nur bei niedrigen Geschwindigkeiten finden wir unmittelbare Übergänge zwischen Geraden und Kreisbögen. Sonst kommt immer ein Übergangbogen dazu. In der Ausprägung Klothoide handelt es sich dabei um eine Art Spirale. Proportional zur Länge nimmt der Radius immer weiter ab. Mathematisch: Länge mal Radius gleich konstant. Was sich so einfach anhört, zeigt in der Praxis große Tücken: Wenn man es „zu Fuß“ versucht, kommt man mit der Klothoide höchst selten da heraus, wo man eigentlich wollte. Die Klothoide erweist sich als äußerst starr und unflexibel, sie lässt sich einfach nicht so hinbiegen, wie man das wünschen würde. Nur wenn man alle Trassierungsparameter für einen Bogen vorher exakt kennt, erfüllt das Ergebnis vielleicht die Erwartungen.

Wegen der Komplexität der Klothoide verzichten andere Produkte in der Eisenbahnsimulation gleich ganz auf sie. Splines zum Beispiel sind sehr viel geschmeidiger, benötigen allerdings genügend Stützpunkte, um einen einigermaßen realistisch wirkenden Gleisbogen zu erzeugen. Oder Klothoiden werden bei mangelnder Werkzeugunterstützung zur bestaunten Rarität, wenn sich die rein manuelle Konstruktion als extrem zäh erweist. Das Dumme dabei ist, dass die Aufgabe des Übergangsbogens beim Vorbild darin besteht, den sogenannten Ruck zu mildern. Der Ruck ist mathematisch die Ableitung der Beschleunigung nach der Zeit. Den Ruck reduziert man nicht nur mit sich sanft änderndem Radius sondern auch mit sich sanft ändernder Überhöhung. Und die Überhöhung – die Querneigung des Gleises im Bogen – kompensiert, zumindest in Teile, die Fliehkraft, was wir wiederum als Beschleunigung wahrnehmen. Ohne Übergangsbögen fällt dann auch die Überhöhung flach oder wird zum raren Einzelstück. Dabei hat beim Vorbild schon jede bessere Schmalspurbahn überhöhte Bögen, selbst wenn man nur 30 fährt.


Funktion

Zusi war hier von Anfang an ziemlich kompromisslos. Und der Absteckrechner schafft seit Zusi 2 zumindest für die freie Strecke Arbeitserleichterung. Der Absteckrechner wälzt dazu diverse mathematische Formeln und greift auch auf systematisches Probieren – der Informatiker nennt es numerische Verfahren – zurück. Er versucht so sein mögliches, auf dass der Bogen dort ende, wo der Streckenbauer es gerne hätte.

Der gibt zu Beginn einen Anfangspunkt und eine Richtung und einen Endpunkt und eine Richtung vor und sagt dem Absteckrechner: Mach mal. Im einfachsten Fall erzeugt der Absteckrechner dann vier Trassenelemente: ein Stück Kreisbogen, ein Stück Übergangsbogen am Eingang des Bogens, ein Stück Übergangsbogen am Ausgang und ein Stück Ausgleichsgerade entweder am Anfang oder am Ende, letzteres wegen der genannten Sperrigkeit der Klothoide. In komplizierten Fällen ist es mit dem einfachen Bogen nicht getan. Es wird ein Doppelbogen erforderlich, bestehend aus Bogen und Gegenbogen. Dazwischen wiederum muss ein Stück Zwischengerade eingeflochten werden. Oder aber der Bogenanfang liegt bereits in einer Kurve. Dann schließt sich ein sogenannter Korbbogen an.

Der Absteckrechner versucht, alle diese Fälle zu lösen. Aber er kann nicht hexen und Wunder vollbringen. An manchen Herausforderungen wird er scheitern. Allerdings kann man seine Rechenkünste beeinflussen, durch verschiedene Trassierungsparameter, und man kann ihn auch anweisen, er möge weniger stringent agieren und einen Ermessensspielraum ausschöpfen, so wie es die Vorbildrichtlinien ebenfalls gestatten.


In Zusi 3

Bei Zusi 3 finden wir den Absteckrechner zweifach. Einmal eingebaut im Gleisplaneditor und einmal als Parallel-Programm zum 3D-Editor, ähnlich wie in Zusi 2. Der Kern des Absteckrechners ist in beiden Varianten identisch. Beim Gleisplaneditor allerdings werden als Ergebnis die geometrischen Grundelemente zurückgeliefert, also Gerade, Kreisbogen und Übergangsbogen. Bei Datenaustausch mit dem 3D-Editor sind es Linienzüge (Polylines). Für den 3D-Editor gibt es wiederum den aus Zusi 2 bekannten „1-Klick“-Datenaustausch.

Beim 3D-Editor werden Anwendungen für den Absteckrechner wohl weniger bei der Gleistrassierung liegen, denn die sollte im Gleisplaneditor erfolgen, sondern vielleicht bei anderen linienförmigen Gebilden, nämlich Straßen oder auch Wasserläufen. Und dafür darf man dann auch auf Vereinfachungen zurückgreifen und den Absteckrechner im Spline-Modus betreiben. Der geht (fast) immer auf, und es muss ja kein Zug darüber fahren.

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