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Photogrammetrie und gerenderte Führerstände

Verfasst: 10.06.2018 17:20:17
von Michael_Oppenauer
Hallo,

hat schon jemand damit experimentiert Photogrammetrie zu nutzen. Im Gebäudebau ergibt sich ja das Problem, das man zum einen Luft-/Drohnenaufnahmen bräuchte - mit all den rechtlichen Problemen, die damit einhergehen - zum anderen, muss das Drahtgittermodell im Nachhinein auf ein Performance taugliches Maß abgespeckt werden. Aber für Führerstände könnte das doch funktionieren, oder?
Ich stelle mit den Workflow folgendermaßen vor:
  • Fotoserie muss Photogrammetrie tauglich sein. Keine gesamt Aufnahme, sondern viele Einzelbilder aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Schalterstellungen werden nicht berücksichtig.
  • Mit passender Software wird aus den Bildern ein 3D Modell des Führerstandes erstellt.
  • Die Schalter werden im 3D Modell heraus retuschiert und durch "künstliche" 3D Modelle ersetzt.
  • Für das Rendern der Führerstandsbilder kann die Kameraperspektive und Blickwinkel im Modell frei gewählt werden.
  • Die gerenderten Bilder mit den einzelnen Schalterstellungen werden im Führerstandseditor zum fertigen Führerstand zusammen gefügt.
Die Hauptvorteile sehe ich zum einen bei der Photosession. Da kein fester Kamerastandpunkt benötigt wird. Das sollte vor allem in beengten Kabinen hilfreich sein. Ob es einen Zeitvorteil gibt gegenüber dem Ablichten aller Schalterstellungen gibt, wag ich nicht zu beurteilen.

Den zweiten großen Vorteil sehe ich darin, dass man die Perspektive erst später im 3D Modell festlegen kann und dort flexibler ist. Auch was mehrere Ansichten anbelangt.

Gruß Michael

Re: Photogrammetrie und gerenderte Führerstände

Verfasst: 12.06.2018 10:45:12
von KarlSaiz (Pierre)
Moin, ich denke das macht keinen Sinn.

Baut man den Führerstand rein in 3D und rendert aus dem 3D Modell heraus, spart man sich den Arbeitsschritt mit den Fotos.
Erstellt man den Führerstand komplett aus Fotos mit den einzelnen Schalterstellungen spart man sich den 3D Arbeitsschritt.

Somit resultiert für mich aus der Photogrammetrie eher der Nachteil, dass man einen Arbeitsschritt mehr benötigt.

Re: Photogrammetrie und gerenderte Führerstände

Verfasst: 12.06.2018 13:28:51
von Michael_Oppenauer
Hallo Karl,

du hast meiner Meinung nach den Arbeitsschritt Informationsbeschaffung nicht mit einbezogen. Auch für den reinen 3D Modellbau braucht man zumindest Übersichtsfotos und einige Abmessungen. Hier sehe ich keinen grossen Zeitunterschied zu einer Fotosession, die Photogrammetrie tauglich ist. Auch die Anforderungen an Kamera und Bediener sind ungefähr gleich. Was Abmessungen anbelangt, so reicht theoretisch ein Referenzmass.

Dafür ist der Aufwand im 3D Modellbau geringer, da die Photogrammetrie Software den Großteil des Mesh- und Texturarbeit übernimmt. Insbesondere das Texturieren fällt mir persönlich recht schwer, wenn es fotorealistisch aussehen soll. Das alle Wege zum Ziel führen ist unbestritten. Ich stelle mir vor, dass es eine Möglichkeit ist, wenn jemand Zugriff auf einen Führerstand hat, vielleicht auch nur in einem kleineren Zeitfenster und zudem keinen Zugriff auf notwendiges Fotoequipment (Stativ, Weitwinkel ...).

Zum anderen muss man kein 3D Künstler / Grafiker sein. Das Niveau eines "3D Technikers" reicht aus, um das 3D Modell zum Rendern aufzubereiten.

Gruß Michael

Re: Photogrammetrie und gerenderte Führerstände

Verfasst: 13.06.2018 08:32:25
von Hans-Peter Schramm
Michael_Oppenauer hat geschrieben: Zum anderen muss man kein 3D Künstler / Grafiker sein. Das Niveau eines "3D Technikers" reicht aus, um das 3D Modell zum Rendern aufzubereiten.
Gruß Michael
Moin,

diese Aussage möchte ich aber mal ganz stark relativieren. Das mag für so moderne Plastik-Führerstände vielleicht noch gelten. Aber ich möchte sehen, wie du als 3D Techniker z.B. einen Führerstand für eine 218 renderst.

Ich sehe das eigentlich nur für Führerstände von Fahrzeugen, die nicht mehr existieren als guten Weg. Aber unterschätze den Aufwand nicht. Ich bin gerade dabei so etwas für eine alte Schmalspur-Diesellok zu machen. Die Monate vergehen wie im Flug ...

Der Vorteil von verschiedenen Blickwinkeln ist allerdings ein nicht zu unterschätzender Vorteil.

Bild

Gruß
Hans-Peter

Re: Photogrammetrie und gerenderte Führerstände

Verfasst: 13.06.2018 08:40:06
von Alwin Meschede
Michael_Oppenauer hat geschrieben:Zum anderen muss man kein 3D Künstler / Grafiker sein. Das Niveau eines "3D Technikers" reicht aus, um das 3D Modell zum Rendern aufzubereiten.
Naja, die wenigsten Zusi-Bauleute haben irgendeine Art von fachlich einschlägiger Berufsausbildung. 3D-Modellierung habe die sich alle selber beigebracht.
Ich sehe die Sache ergebnisorientiert: Am Ende muss halt ein Zusi-Führerstand rauskommen. Wie man dorthin kommt, ist im wesentlichen egal. Wer Fotos retuschieren kann, soll fotobasiert bauen. Wer 3D modellieren will, kann den Führerstand in 3D modellieren. Und wer woher auch immer Photogrammetrie-Kenntnisse hat, kann ja Photogrammetrie machen.

Re: Photogrammetrie und gerenderte Führerstände

Verfasst: 13.06.2018 12:59:32
von Mario R.
Michael_Oppenauer hat geschrieben:Aber für Führerstände könnte das doch funktionieren, oder?
Dazu müsste es halt irgendjemand mal ausprobieren...
Michael_Oppenauer hat geschrieben: Ich stelle mit den Workflow folgendermaßen vor:
  • Fotoserie muss Photogrammetrie tauglich sein. Keine gesamt Aufnahme, sondern viele Einzelbilder aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Schalterstellungen werden nicht berücksichtig.
  • Mit passender Software wird aus den Bildern ein 3D Modell des Führerstandes erstellt.
  • Die Schalter werden im 3D Modell heraus retuschiert und durch "künstliche" 3D Modelle ersetzt.
  • Für das Rendern der Führerstandsbilder kann die Kameraperspektive und Blickwinkel im Modell frei gewählt werden.
  • Die gerenderten Bilder mit den einzelnen Schalterstellungen werden im Führerstandseditor zum fertigen Führerstand zusammen gefügt.
Was ist die passende Software und vor allem, wie viel kostet die?
Das Retuschieren von den Überbleibseln der Schalter in 3D ist mühselig und ein ziemlicher Schmerz im Hintern... Versteht mich nicht falsch, es ist sicherlich nicht allzu schwer, aber da es ordentlich aussehen soll, versenkt man unnötig Zeit in Korrekturen.
Und am Ende des Tages weiß man erst nach der Photogrammetriearbeit wirklich, ob das Endprodukt was taugt.
Michael_Oppenauer hat geschrieben: Die Hauptvorteile sehe ich zum einen bei der Photosession. Da kein fester Kamerastandpunkt benötigt wird. Das sollte vor allem in beengten Kabinen hilfreich sein. Ob es einen Zeitvorteil gibt gegenüber dem Ablichten aller Schalterstellungen gibt, wag ich nicht zu beurteilen.

Den zweiten großen Vorteil sehe ich darin, dass man die Perspektive erst später im 3D Modell festlegen kann und dort flexibler ist. Auch was mehrere Ansichten anbelangt.
Wenn es denn wirklich nicht anders geht kann man auch den Weg ähnlich des VT650 gehen und das Hintergrundbild aus Fotos zusammenschneiden und die Schalter dann rendern.
Michael_Oppenauer hat geschrieben: du hast meiner Meinung nach den Arbeitsschritt Informationsbeschaffung nicht mit einbezogen. Auch für den reinen 3D Modellbau braucht man zumindest Übersichtsfotos und einige Abmessungen. Hier sehe ich keinen grossen Zeitunterschied zu einer Fotosession, die Photogrammetrie tauglich ist. Auch die Anforderungen an Kamera und Bediener sind ungefähr gleich. Was Abmessungen anbelangt, so reicht theoretisch ein Referenzmass.
Übersichtsfotos bekomme ich heutzutage problemlos aus dem Internet. Und Abmessungen jucken eigentlich kaum, da das am Ende eh keiner nachmessen wird. Mein 766 wurde auch ohne irgendwelche Maße zu kennen hochgezogen. Aktuell entsteht der 763/764/765 auf gleiche Weise. Und da bei heutigen Führerständen alles schön gerade Zahlen (Winkel und co.) hat, gibt's beim Bau auch kaum Probleme.
Michael_Oppenauer hat geschrieben: Dafür ist der Aufwand im 3D Modellbau geringer, da die Photogrammetrie Software den Großteil des Mesh- und Texturarbeit übernimmt. Insbesondere das Texturieren fällt mir persönlich recht schwer, wenn es fotorealistisch aussehen soll. Das alle Wege zum Ziel führen ist unbestritten. Ich stelle mir vor, dass es eine Möglichkeit ist, wenn jemand Zugriff auf einen Führerstand hat, vielleicht auch nur in einem kleineren Zeitfenster und zudem keinen Zugriff auf notwendiges Fotoequipment (Stativ, Weitwinkel ...).
Bei Rendermodellen würde ich ganz generell auf ordentliche PBR-Materialien zurückgreifen. PBR und ordentliche Beleuchtung sind der Schlüssel zum Fotorealistischen Rendering.
Ich würde auch von irgendwelchen Texturen abraten, lieber vernünftige Materialien verwenden, die dem Modell auch eine Immersion und Realismus geben.
Zur Thematik "PBR-Materials" gibt es auf Youtube doch eine ganze Menge vernünftige Tutorials.
Und wenn das Zeitfenster nur klein ist, kann man immer noch den oben beschriebenen Weg beschreiten ;).
Michael_Oppenauer hat geschrieben: Zum anderen muss man kein 3D Künstler / Grafiker sein. Das Niveau eines "3D Technikers" reicht aus, um das 3D Modell zum Rendern aufzubereiten.
Mit ein bisschen ziehen, zupfen und Vertices Löschen ist es meistens nicht getan. Da wird dir auch nicht die Fähigkeit eines 3D Technikers ausreichen, um ein Modell Renderfähig zu machen.

Meiner Ansicht nach sollte jeder das machen, wo er/sie sich wohl fühlt. Sowohl 3D-Modellierung, als auch Fotoführerstände haben ihre Vor- und Nachteile. Nur solange keiner wirkliche Erfahrungen mit Photogrammetrie hat ist es verschenkte Zeit, die man besser in andere Sachen investieren kann.

Viele Grüße,
Mario

Re: Photogrammetrie und gerenderte Führerstände

Verfasst: 13.06.2018 14:06:40
von F. Schn.
Mario R. hat geschrieben:Bei Rendermodellen würde ich ganz generell auf ordentliche PBR-Materialien zurückgreifen. PBR und ordentliche Beleuchtung sind der Schlüssel zum Fotorealistischen Rendering.
Ich würde auch von irgendwelchen Texturen abraten, lieber vernünftige Materialien verwenden, die dem Modell auch eine Immersion und Realismus geben.
Zur Thematik "PBR-Materials" gibt es auf Youtube doch eine ganze Menge vernünftige Tutorials.
Und wenn das Zeitfenster nur klein ist, kann man immer noch den oben beschriebenen Weg beschreiten ;).
Du sprichst eine wichtige Sache an: Ohne den Autoren zu nahe treten zu wollen ist der Dosto-Steuerwagen in meinen Augen einer der ersten, dem man die Rendering-Herkunft nicht doch sehr deutlich ansieht. Hasenkasten und 251 wirken doch schon stark maschninell erzeugt. Die Frage ist, ob man diese in Zusi offenbar neuartige Technik auch auf diese beiden älteren Fahrzeuge mit ihren damals verwendeten Materialien übertragen kann, oder dieses gute Ergebnis auf neuere Fahrzeuge beschränkt ist. Und ob eine Fotogrammetrie das in ausreichender Qualität eigenständig ohne intensive Nacharbeit ausspuckt wage ich auch mal zu bezweifeln.

Re: Photogrammetrie und gerenderte Führerstände

Verfasst: 13.06.2018 15:07:40
von Michael_Oppenauer
Hallo,
Alwin Meschede hat geschrieben:Ich sehe die Sache ergebnisorientiert: Am Ende muss halt ein Zusi-Führerstand rauskommen.
das ist ganz klar auch meine Meinung und ich freue mich über die vielen Rückmeldungen auch wenn scheinbar noch keiner einen konkreten Versuch mit Photogrammetrie unternommen hat. Was die Software angeht, so gibt es wie so oft eine ganze Bandbreite von teuer bis kostenlos. Ich hatte vor einiger Zeit in anderem Kontext mal etwas mit der Materie experimentiert. Mal schauen vielleicht finde ich bei Gelegenheit ein geeignetes Versuchsobjekt und ich wage den Versuch.
Mario R. hat geschrieben:Bei Rendermodellen würde ich ganz generell auf ordentliche PBR-Materialien zurückgreifen. PBR und ordentliche Beleuchtung sind der Schlüssel zum Fotorealistischen Rendering.
Ich würde auch von irgendwelchen Texturen abraten, lieber vernünftige Materialien verwenden, die dem Modell auch eine Immersion und Realismus geben.
Genau das ist der Punkt, welchen ich mit 3D Künstler meinte und F.Schn. auch angesprochen hat. Meine Ingenieursseele kommt ganz gut damit klar ein Drahtgittermodell zu entwerfen/bearbeiten und auch fehlende Abmessungen kreativ zu ergänzen. Das Füllen der Oberfläche nicht nur mit Farbe, sondern auch mit Leben ist dann nochmal eine ganz andere Kunst, welche mir nicht im gleichen Maße in die Wiege gelegt worden ist.

Gruß Michael

Re: Photogrammetrie und gerenderte Führerstände

Verfasst: 13.06.2018 19:50:39
von Mario R.
F. Schn. hat geschrieben:Die Frage ist, ob man diese in Zusi offenbar neuartige Technik auch auf diese beiden älteren Fahrzeuge mit ihren damals verwendeten Materialien übertragen kann, oder dieses gute Ergebnis auf neuere Fahrzeuge beschränkt ist.
Sofern die 3D-Modelle noch existieren und in Blender gebaut wurde geht das selbstverständlich. Man stellt auf Cycles Render um und bastelt im Node-Editor die PBR-Materialien.

Re: Photogrammetrie und gerenderte Führerstände

Verfasst: 02.08.2018 07:28:41
von Harti2000
Moin,

in Bezug auf den Objektbau habe ich mich ebenfalls mit dem Thema Photogrammetrie beschäftigt und bin zur der Erkenntnis gekommen, dass der (technische) Zeitaufwand/Nutzen in keinem Verhältnis zum eigentlichen Ziel steht. Die Datenmengen, die zu verarbeiten sind, sprengen für diesen Zweck einfach den Rahmen. Da ist man von Hand, garniert mit ein bisschen Kreativität und guter Wahrnehmung, durchaus zügiger unterwegs. Man möchte ja auch vorankommen und sich nicht stundenlang an (überflüssiger) Filigranarbeit aufhalten.

Das bestätigt auch der nette Herr in diesem relativ frischen Videoclip, https://youtu.be/xa15w31KIDI, welches mir im Grunde aus der Seele spricht.