Stellwerk

Hier geht es um die Entwicklung eines zukünftigen Stellwerks mit Zusi-Anschluss.
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Roland Ziegler
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Re: Stellwerk

#81 Beitrag von Roland Ziegler »

Meinen Dank für die zahlreichen Rückmeldungen.

Für die Modellierungsphase ging es mir darum, ob und ggf. wie Zwischen- oder Deckungssignale die Systemphilosophie im klassischen deutschen Eisenbahnsicherungswesen verletzen, die eine strikte Trennung von Strecke und Bahnhof umfasst, und damit Auswirkungen auf meine Klassenbildung haben könnten. Deckungssignale haben sich hierbei als harmlos herausgestellt, Zwischensignale aber bilden einen Zwitter. Sicherungslogisch jedoch werden auch sie offensichtlich mit den bestehenden Systemkomponenten realisiert. Für mich heißt das, dass ich bei meinem Modell hierfür keine Erweiterung benötige, Folgeabhängigkeiten für Hebel müssen eh vorgesehen werden.

Christopher Spies
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Re: Stellwerk

#82 Beitrag von Christopher Spies »

Hallo Roland,
Roland Ziegler hat geschrieben:In welchem Werk findet man etwas über die blockelektrische Ausrüstung von Zwischen- und Deckungssignalen (Felderblock, Formsignale, mechanisch)?
Roland Ziegler hat geschrieben:Wenn jetzt zusätzlich noch jemand ein Verschlussplanbeispiel mit Zwischensignalen aus den betrachteten Stellwerksbauform hat und mit zukommen ließe, wäre das nett.
konkrete Beispiele für Bahnhöfe mit Zwischensignalen findet man in Lehrbüchern leider nur selten. Zu Zeiten mechanischer Stellwerke gab es Zwischensignale wohl nicht so oft.
Soweit ich mich erinnern kann, ist in den von Lutz erwähnten Werken jedenfalls kein Verschlussplanbeispiel eines Bahnhofs mit Zwischensignalen enthalten, ebensowenig in deren westdeutschen Pendants.

In dem von mir kürzlich zitierten Werk [1] findet sich als Beispiel der Bahnhof Lehrte [1, S. 118 u. S. 202 ff.]. Allerdings ist nur der Lageplan, nicht aber der Verschlussplan wiedergegeben. Zudem hat man sich in diesem konkreten Fall wohl so beholfen, dass alle Signale im Bahnhofsbereich nur entweder Ein- oder Ausfahrsignal für einen Bahnhofsteil sind, jedoch nicht zugleich Ausfahrsignal eines Bahnhofsteils und Einfahrsignal des nächsten. Bei der Fahrt von Berlin nach Hannover folgt auf das Ausfahrsignal des Personenbahnhofs nach wenigen hundert Metern das Einfahrsignal des Güterbahnhofs. Zwischensignale im eigentlichen Sinn sind das also nicht.
Im gleichen Werk wird übrigens auch eine Deckungsstelle zur Deckung der niveaugleichen Kreuzung zweier Eisenbahnstrecken (ohne die Möglichkeit, von einer Strecke auf die andere überzugehen) beschrieben [1, S. 97 f.]. In Deutschland dürften solche Kreuzungen sehr selten gewesen sein!

Das einzige mir bekannte Werk, in dem ein konkretes Beispiel (mit Verschlussplan und Blockwerkskizze) für die blockelektrische Ausrüstung von Stellwerken in einem Bahnhof mit Zwischensignalen enthalten ist, ist das Buch "Die mechanischen Stellwerke der Eisenbahnen" (von 1913) [2].

Ist dein jüngster Beitrag zu diesem Diskussionsfaden so zu verstehen, dass die Frage sich erledigt hat, oder besteht noch weiteres Interesse an diesem Thema?

Gruß
- Christopher

[1] Richard Kolle: Die Anwendung und der Betrieb von Stellwerken zur Sicherung von Weichen und Signalen. Berlin 1888.
[2] Samuel Scheibner: Die mechanischen Stellwerke der Eisenbahnen. Band II: Die abhängigen Stellwerke. Leipzig 1913.

Edit: weitere Angaben ergänzt / Formatierung gerichtet
Zuletzt geändert von Christopher Spies am 15.10.2010 19:06:35, insgesamt 2-mal geändert.

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Carsten Hölscher
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Re: Stellwerk

#83 Beitrag von Carsten Hölscher »

Vielleicht kann Daniel ja was aus Sz-Ringelheim beisteuern. Dort gibt es heute noch ein Zwischensignal am mech. Stw.

carsten

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Michael_Poschmann
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Re: Stellwerk

#84 Beitrag von Michael_Poschmann »

Christopher Spies hat geschrieben:Zu Zeiten mechanischer Stellwerke gab es Zwischensignale wohl nicht so oft.
Nun ja. Auf die Schnelle aus jüngerer Zeit und heimischen Gefilden: Schwerte (R), Fröndenberg, Meschede, Bestwig, Marsberg...

Verschlusspläne dieser Anlagen suche ich leider seit gefühlten Ewigkeiten vergebens...

Michael
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Roland Ziegler
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Re: Stellwerk

#85 Beitrag von Roland Ziegler »

Na ja, wird schon irgendwie hinzubekommen sein. Wie meist sind erst mal so nebensächliche Dinge wie in diesem Fall Persistenz zu erledigen. Dieses Wochenende ist auch noch mal den Kollegen von der anderen Feldpostnummer gewidmet. Und im 410er wackelte es zu arg, um in Visual Studio gescheit arbeiten zu können.

Gruß aus der südöstlichsten Ecke der Republik, in der Eckentafeln verbaut sind.

Christopher Spies
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Re: Stellwerk

#86 Beitrag von Christopher Spies »

Hallo nochmal,

in der Hoffnung, dass es doch noch jemanden interessiert, habe ich nochmal in das von mir erwähnte Werk [1] geschaut. Dort ist ein Beispiel für einen achtgleisigen Bahnhof an einer zweigleisigen Strecke gegeben, das ich mal schnell nachgezeichnet habe. Die eigenwillige Gleisnummerierung ist der Vorlage entnommen. Alles zum Verständnis nicht erforderliche habe ich weggelassen, darunter alle Nebengleise.
Bild

In Gleis 2S steht das Zwischensignal L, das von einem anderen Stellwerk bedient wird. Zwischen den Signalen L und R liegen keine Weichen. Hinter dem Ausfahrsignal R ist kein ausreichender Durchrutschweg vor dem Zusammenlaufen der Ausfahrstraßen vorhanden.
Für Ein- und Ausfahrten, welche den Durchrutschweg hinter Signal R kreuzen, muss das Nachbarstellwerk seine Zustimmung erteilen. Dort sind für diesen Zweck zwei Zustimmungsabgabefelder (eines für die Fahrstraßen s und t und eines für die Fahrstraßen u3a, u3b und v) vorhanden. Mit Abgabe der Zustimmung wird die Einstellung der Fahrstraße l verunmöglicht.
Soll vom Bahnhof aus in Gleis 2N rangiert werden, um einen Leerzug bereitzustellen, muss das Endstellwerk dafür seine Zustimmung erteilen, wodurch die Einstellung der Fahrstraße u2n verhindert wird.

Auf den Vorort- und Ferngleisen ist auch im Bahnhof Streckenblock eingerichtet. Wenn ein ausfahrender Zug das Zwischensignal L passiert hat, blockt das Nachbarstellwerk vor. Nachdem er auch das Ausfahrsignal R passiert hat, blockt das Endstellwerk zurück und damit gleichzeitig an den Nachbarbahnhof vor. Bei einfahrenden Reisezüge wirdnach Haltstellung des Einfahrsignals und Auflösung der Einfahrstraße ebenfalls an das Nachbarstellwerk vor- und an den Nachbarbahnhof zurückgeblockt. Im Güterbahnhof ist kein Streckenblock eingerichtet, bei der Ein- und Ausfahrt von Güterzügen wird also nur an den Nachbarbahnhof zurück- oder vorgeblockt. Das wird dadurch erreicht, dass manche Blocktasten allein bedienbar sind, manche aber andere mitbetätigen. In diesem konkreten Fall betätigt die Taste des Endfelds 2S auch die des Anfangsfelds zum Nachbarbahnhof mit, letztere ist aber auch allein bedienbar.

Gruß
- Christopher

[1] Samuel Scheibner: Die mechanischen Stellwerke der Eisenbahnen. Band II: Die abhängigen Stellwerke. Leipzig 1913.

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jpachl
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Re: Stellwerk

#87 Beitrag von jpachl »

Christopher Spies hat geschrieben: Für Ein- und Ausfahrten, welche den Durchrutschweg hinter Signal R kreuzen, muss das Nachbarstellwerk seine Zustimmung erteilen. Dort sind für diesen Zweck zwei Zustimmungsabgabefelder (eines für die Fahrstraßen s und t und eines für die Fahrstraßen u3a, u3b und v) vorhanden. Mit Abgabe der Zustimmung wird die Einstellung der Fahrstraße l verunmöglicht.
Eine durchaus praktikable, wenn auch aus späterer Sicht ungewöhnliche Lösung. Heute (oder auch schon in den 1920er Jahren) würde man eher die Bedienung des Signals L von einem Zustimmungs- bzw. Befehlsempfang des Stellwerks abhängig machen, das den Durchrutschweg hinter Signal R sichert. Aber im frühen 20. Jahrhundert gab es hinsichtlich der Blocktechnik eine Vielzahl unterschiedlicher Lösungen.
Auf den Vorort- und Ferngleisen ist auch im Bahnhof Streckenblock eingerichtet.
Noch bis in die 1930er Jahren ware viele Fachleute der Ansicht, dass sich die Streckenblocksicherung auf den durchgehenden Hauptgleisen der Bahnhöfe allgemein durchsetzen wird. Auch Möllering hat diese Lösung in seinem bekannten Standardwerk favorisiert [1]. Es kam dann bekanntlich anders.

Jörn

[1] Möllering, H.: Die Sicherungs-Einrichtungen für den Zugverkehr auf den deut­schen Bahnen. Verlag S. Hirzel Leipzig 1927

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Roland Ziegler
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Re: Stellwerk

#88 Beitrag von Roland Ziegler »

Sehr aufschlussreich, vielen Dank.

Wie schon geschrieben, das hilft mir im Moment bei der Modellierung der einzelnen Klassen. Welche Abhängigkeiten, welche Verknüpfungen können zwischen Objekten hergestellt werden? Diese "Sonderfälle" klären da einiges.

(Jede Modellierung ist ja immer eine Abstrahierung. Die mechanische Funktionsweise eines Weichen- oder Signalhebels oder die elektromechanische eines Blockfeldes interessiert primär in ihrer Gesamtwirkung, nicht unbedingt in den Details. Aber eben mit Ausnahmen.)

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Daniel R.
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Re: Stellwerk

#89 Beitrag von Daniel R. »

Carsten Hölscher hat geschrieben:Vielleicht kann Daniel ja was aus Sz-Ringelheim beisteuern. Dort gibt es heute noch ein Zwischensignal am mech. Stw.

carsten
Roland, ich hab dir dazu eben eine Mail geschickt.

Daniel

Christopher Spies
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Re: Stellwerk

#90 Beitrag von Christopher Spies »

Hallo Jörn,
jpachl hat geschrieben:
Christopher Spies hat geschrieben: Für Ein- und Ausfahrten, welche den Durchrutschweg hinter Signal R kreuzen, muss das Nachbarstellwerk seine Zustimmung erteilen. Dort sind für diesen Zweck zwei Zustimmungsabgabefelder (eines für die Fahrstraßen s und t und eines für die Fahrstraßen u3a, u3b und v) vorhanden. Mit Abgabe der Zustimmung wird die Einstellung der Fahrstraße l verunmöglicht.
Eine durchaus praktikable, wenn auch aus späterer Sicht ungewöhnliche Lösung. Heute (oder auch schon in den 1920er Jahren) würde man eher die Bedienung des Signals L von einem Zustimmungs- bzw. Befehlsempfang des Stellwerks abhängig machen, das den Durchrutschweg hinter Signal R sichert. Aber im frühen 20. Jahrhundert gab es hinsichtlich der Blocktechnik eine Vielzahl unterschiedlicher Lösungen.
auf den ersten Blick ist diese Lösung in der Tat ungewöhnlich. Sie ist aber dann sinnvoll, wenn die meisten Züge auf den Ferngleisen durchfahren und nur wenige Züge in die Vorortgleise oder den Güterbahnhof ausgefädelt werden. Die Anzahl der Bedienungshandlungen verringert sich dann insgesamt gegenüber der von Dir beschriebenen Lösung.

Gruß
- Christopher

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jpachl
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Re: Stellwerk

#91 Beitrag von jpachl »

Christopher Spies hat geschrieben:auf den ersten Blick ist diese Lösung in der Tat ungewöhnlich. Sie ist aber dann sinnvoll, wenn die meisten Züge auf den Ferngleisen durchfahren und nur wenige Züge in die Vorortgleise oder den Güterbahnhof ausgefädelt werden. Die Anzahl der Bedienungshandlungen verringert sich dann insgesamt gegenüber der von Dir beschriebenen Lösung.
Wahrscheinlich hängt es auch damit zusammen, dass auf den Ferngleisen im Bahnhof Streckenblock eingerichtet ist, eine heute ja ebenfalls eher unübliche Lösung. Es würde wenig Sinn machen, eine Streckenblockabhängigkeit noch mit einer Bahnhofsblockabhängigkeit zu überlagern. Das würde sowohl den Bedienungsaufwand als auch die Anzahl der Blockfelder in die Höhe treiben. Ich habe noch einmal bei Möllering nachgeschaut, der die Einrichtung von Streckenblock auf Bahnhofshauptgleisen in den 1920er Jahren sehr favorisierte. Demnach werden Bahnhofsblockabhängigkeiten nur für Fahrten auf den abzweigenden, nicht mit Streckenblock ausgerüsteten Bahnhofsgleisen eingerichtet. Das würde dann genau unserem hier diskutierten Beispiel entsprechen. Signal L liegt für die Fahrten auf den Ferngleisen nur unter Streckenblockverschluss, kann aber ggf. durch eine Zustimmungsabgabe für eine Fahrt auf den abzweigenden Gleisen verschlossen werden. Nach Möllering führt dies allerdings auch dazu, dass die Bediener der beiden Stellwerke für die Fahrten auf den mit Streckenblock ausgerüsteten Gleisen als Fahrdienstleiter gelten, da die Bedienung der Signale nur vom Streckenblock und nicht von einem Befehlsempfang abhängig ist, während für Fahrten auf den abzweigenden Gleisen eine Fahrdienstleiter-Wärter-Abhängigkeit bestehen kann. Probleme gibt es auch beim Rangieren. Wenn der Bediener von R nach L zurückblockt, bestätigt er damit das Freisein des Durchrutschweges hinter Signal R und muss diesen, abgesehen von den durch Zustimmungsabhängigkeit gesicherten Zugfahrten, dauerhaft von Rangierfahrten freihalten. Vor Benutzung des Durchrutschweges hinter Signal R zum Rangieren müsste der Bediener von L ähnlich den Regeln für das Rangieren im Gefahrpunktabstands eines Einfahrsignals zustimmen. Ähnliche Festlegungen müssen auch für das Rangieren im Abschnitt zwischen den Signalen L und R getroffen werden. Da mit der Rückblockung das Freisein des Abschnitts bestätigt wird, darf man hinterher auch nicht ohne Zustimmung des Bedieners von L hineinrangieren. Ich vermute, dass diese ganzen, in örtlichen Anweisungen zu regelnden Spezialfälle letztlich der Grund waren, weshalb sich die Streckenblockausrüstung auf Bahnhofsgleisen trotz ihrer sicherheitlichen Vorteile für durchfahrende Züge nicht allgemein durchsetzte.

Gruß,
Jörn

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