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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 08.07.2017 15:57:24
von Holger Lürkens
Eine revolutionäre Idee: Der Fdl Köln, sicherlich routiniert und hochgradig erfahren im "Krisenmanagement" könnte das womöglich lokal mit sehr guter Trefferquote eigenständig entscheiden ohne "Stille Post" zwischen Fernverkehr, Regio, Netz und Bundeskanzlerin.
Das stimmt wohl und so wurde es auch zu Bundesbahnzeiten gemacht. Nur liegt die Bahnreform dazwischen und die verschiedenen EVU wollen selber entscheiden ob sie warten. Das führt dann zu dem beschriebenen Verfahren.

Holger

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 08.07.2017 18:18:26
von Michael_Poschmann
Dann wäre es an der Zeit, an diesem Verfahren mal etwas zu ändern. Zum Wohle der Fahrgäste.

Grüße
Michael

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 08.07.2017 18:33:39
von F. Schn.
Hui. Da hat sich ja doch noch ein Punkt herauskristalisiert, den ich gemäß dem Beitrag hier auch als „echter Nachteil“ der Bahnreform klassifizieren würde.
Aber wenn ich mich recht erinnere, war auch zu Bundesbahnzeiten das Verfahren deutlich komplizierter als „Fdl soll halt den Zug 'ne Weile stehen lassen“. ;)

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 08.07.2017 19:08:34
von Michael_Poschmann
Nein. Da wurde lokal und eigenverantwortlich vor Ort entschieden. Und ggf. nachträglich die Zugüberwachung informiert. So des öfteren geschehen, wenn in meinem Heimatort Wennemen der Frühzug nach Gladbach derart verspätet war, dass im Nachbardorf Freienohl der Gegenzug (in Wennemen durchfahrend) nicht mehr erreicht werden konnte. Dann hat man *mal eben* diesen Zug ostwärts außer Plan in Wennemen halten lassen, um die ca. zehn Schüler zum Berufsschulzentrum Olsberg einzusammeln. Einfach so auf Zuruf, sogar ohne Befehl. Beteiligt waren die Fdl Wennemen und Freienohl, der Zf und der Tf des E 3191 (Zugnummer aus der Erinnerung). Fahrzeitverlust eine Minute, bereits bis Bestwig dank ausreichender Fahrzeit wieder aufgeholt. Ob die Schüler damals glücklich waren, keine Ausrede für verpassten Unterricht zu haben, weiß ich nicht. Aber die böse Behördenbahn hatte sich mal wieder um den Bildungsstandort verdient gemacht.

Das ist sicherlich ein extremes Beispiel von eigenständigem Handeln, aber neudeutsches "think global, act local" war damals recht ausgeprägt. Eben selbstverständlich, wie ich schrieb. Die operativ tätigen Eisenbahner waren in dieser Form sozialisiert, das Optimum aus dem System herauszukitzeln und die vielen konkurrierenden Anforderungen einer optimalen Lösung zuzuführen. Vielleicht nicht alle, aber der überwiegende Teil.

Der Unterschied zu heute: Man ließ sie gewähren, statt sie in Regelungsfluten zu ertränken.

Grüße
Michael

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 06.08.2017 12:25:23
von Matthias W.
Mahlzeit,
gestern ging es für mich Hamburg.
Die Fahrt bis Uelzen verlief gewohnt entspannt,
was jedoch Uelzen mal wieder zu bieten hat,
war einmalig.
Schön bunt war's, soviel vorweg und nette Leute durfte man kennen lernen.

Gleis 102/103 sind ja so schon Eng genug,
anlässlich des CSD in Hamburg war der Bahnsteig jedoch komplett überfüllt.
Ein ICE wurde vermutlich aus Sicherheitsgründen per Schrittgeschwindigkeit durch den Bahnhof geleitet.
Irgendwann fuhr ein ME ein,
jedoch der nach Göttingen, also begann das wilde Sortieren, naja irgendwann zog dieser von Dannen.

Mit ca. +20 wurde nun unser RE3 nach Hamburg Hbf bereit gestellt.
Was soll ich sagen? Meine SEV Erlebnisse wurden übertroffen, du kamst keinen Meter vor, noch zurück.
So ging es dann nach Hamburg Hbf.
Der 146 hat gut Power, dass muss man ihr lassen und die Klimaanlage erfüllte auch ihren Anforderungen.

Grüße
Matthias

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 27.08.2017 15:42:57
von Thomas U.
Das schöne an Bahnfahrten ist ja, dass es nie langweilig wird... :D

Gestern ging es also nach Koblenz, für die Hinfahrt war IC119 angedacht. Wenn man schon eine ÖBB-Garnitur vor der Haustür hat, warum dann nicht auch damit fahren (und außerdem war es die günstigste Verbindung). Nachdem man also erst während der Einfahrt in Gelsenkirchen feststellte, dass der Zug ja umgekehrt gereiht verkehrt und selbige Information erst bereitgestellt wurde, als auch der Zug schon da war, ging das große Laufen los, abgefahren wurde schließlich mit +4. In Essen waren es dann schon +6, die Fahrt dorthin verlief aber auch ungewöhnlich langsam. Ab Essen war dann gemäß Information der verspätete RE1 vor uns, für den man bis Deutz auch keine Möglichkeit fand, ihn beiseite zu nehmen. Während ich mich also darüber amüsierte, dass der Herr der Ansagen den IC119 fortwährend als Eurocity bezeichnete, wuchs die Verspätung immer weiter, Köln ab mit +20. Ein paar Minuten wurden aufgeholt, meine Anschluss-RB in Andernach (das Ziel war ja Lützel) war aber natürlich trotzdem weg, ich durfte dann netterweise bis Koblenz Hbf weiterfahren. Von dort ging es dann eben per Bus zum DB-Museum.

Anschließend schaute ich noch bei der Brohltalbahn vorbei (deren Züge waren wenigstens pünktlich) und fuhr weiter nach Bonn, um mich auch dort noch etwas umzusehen. Gen Heimat ging es mit EC 114, natürlich ebenfalls verspätet, aber immerhin war so der Umstieg in Essen kürzer. Und eine Zwangsbremsung gab es bei der Ausfahrt aus Düsseldorf scheinbar auch noch, wenn ich die Abfolge "anfahren - rollen - abrupte Bremsung" richtig interpretiere. Kommt in letzter Zeit gefühlt häufiger vor...

Was aber mein Gesäß sagen muss: Die ÖBB-Wagen sind wesentlich angenehmer als die Regionalbahnpolster aus den modernisierten IC-Wagen. Dafür ist bei der ÖBB die Rückenlehne etwas zu kurz geraten. Eine Mischung aus beidem wäre perfekt.

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 21.09.2017 19:26:43
von Michael_Poschmann
Nach einem verkorksten Regionalverkehrs-Dienstag mit mehrfachen Zugausfällen, Anschlussverlusten, WC-Überläufern und defekten Türen, garniert mit Umleitungen und Schienenersatzverkehr stand gestern und heute mal wieder ein Test mit weißen Fensterzügen an.

Gerade erlebe ich den Irrsinn einer pervertierten Bahnreform am eigenen Leib, Thema "diskriminierungsfreier Netzzugang". Mein +8 verpäteter ICE (Signalstörung in Seelze) musste ab Bielefeld (!) bis Hamm (!!) hinter einem "langsameren vorausfahrenden Zug" bummeln. Dieser entpuppte sich als Eurobahn mit gebuchter Premiumtrasse - an dem kommt der schnelle weiße Triebwagen dann nicht vorbei, das ist offenbar Dispositionsvorgabe. Und auch technisch wäre das vermutlich gar nicht so einfach, so sind wir in ruhiger 100 km/h-Fahrt an diversen abgebauten oder unbrauchbar gemachten Ausweichgleisen vorbeigekommen, soweit ich das im Vorbeiflug beobachten konnte. Irre Sache, wir haben also 13 Minuten zugesetzt. Weitere drei Extraminuten gab es dann noch in Hamm beim Entkuppeln obendrauf. Mal sehen, ob und wann ich den Westzipfel heute erreiche.

Grüße, wieder mal leidlich genervt
Michael

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 21.09.2017 22:57:12
von Miri
Dieser entpuppte sich als Eurobahn mit gebuchter Premiumtrasse - an dem kommt der schnelle weiße Triebwagen dann nicht vorbei, das ist offenbar Dispositionsvorgabe.
Jepp. Die ERB war's wohl leid, dass man ihren eigentlich pünktlichen Zügen verspätete Fernverkehre vor die Nase gesetzt hat (irgendwie fing wohl auch der Zweckverband an, Ärger zu machen), und da Netz wohl nicht einsichtig/flexibel genug war hat man die teure Holzhammermethode genommen. Unterm Strich wohl billiger, als Konventionalstrafe an den NWL zu zahlen...
Und auch technisch wäre das vermutlich gar nicht so einfach, so sind wir in ruhiger 100 km/h-Fahrt an diversen abgebauten oder unbrauchbar gemachten Ausweichgleisen vorbeigekommen, soweit ich das im Vorbeiflug beobachten konnte.
Och doch. Gütersloh, Rheda, Neubeckum und in Richtung Hamm Ahlen sollten gehen. Das Überholgleis in Ahlen hat man sogar vor nicht allzu langer Zeit wieder reaktiviert. Oder man leitet über die G-Bahn und überholt fliegend. Geht natürlich nicht, wenn der voraus fahrende Zug Premiumtrasse gebucht hat... :D

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 21.09.2017 23:15:22
von Michael_Poschmann
Meik hat geschrieben:... Unterm Strich wohl billiger, als Konventionalstrafe an den NWL zu zahlen...
Und genau an dieser Stelle schlägt der Wahnsinn zu. Lauter lokale Optima, die hier gesucht und gefunden werden. Jeder denkt an sich, selbst zuletzt - alles eine Frage der Interpunktion. Genau auf diese Weise geht das System Bahn vor die Hunde.

Grüße
Michael

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 21.09.2017 23:48:03
von Miri
Der Fall hier sieht mir eher nach einem typischen (hier fehlgeschlagenen) Versuch der DB aus, einer Privatbahn das Leben schwer zu machen. Nur das dieses Mal die Privatbahn der DB den gewissen Finger gezeigt hat. Man kann von Keolis halten, was man will, aber hier muss man denen wirklich Respekt zollen...

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 22.09.2017 07:32:20
von Michael_Poschmann
Einspruch, Euer Ehren: Einen verspäteten hochwertigen schnellen Zug ohne Unterwegshalte vor einen Nahverkehrs-Reisezug mit Unterwegshalten zu disponieren, das würde ich nicht unbedingt in die Rubrik "einer Privatbahn das Leben schwer machen" einsortieren. Sondern eher unter "ganz gesunder Menschen- oder Sachverstand" buchen. Aber der scheint mir in diesem Tollhaus leider zunehmend verloren zu gehen.

Daß sich fachliche Grundsätze der Eisenbahnbetriebsführung aushebeln lassen, wenn man nur genügend Geld über den Trassenbuchungs-Tresen schiebt, halte ich für höchst bedenklich.

Gruß
Michael

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 22.09.2017 08:06:32
von Alwin Meschede
Es steht DB Fernverkehr ja frei, sich ebenfalls eine Premiumtrasse zu buchen. Dann wären sie wirklich wieder der höherwertige Zug. Es ist nicht begründbar, warum die Firma DB Fernverkehr Sonderrechte auf dem Schienennetz haben sollte, die andere nur gegen Geld bekommen. Also muss sich DB Fern ganz einfach auch an die für alle geltenden Regeln halten und Geld auf den Tisch legen für Premiumtrassen.

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 22.09.2017 08:48:51
von Michael_Poschmann
Dann würde es aber Zeit für eine Premiumtrasse+, mit der die ERB wieder kontern könnte. Das ist doch Irrsinn.
Gruß
Michael

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 22.09.2017 09:18:15
von Michael Springer
Irgendwie erinnern mich eure Beiträge an die Diskussion über die Netzneutralität. Zwar a bisserl in anderem Zusammenhang, aber hier geht es ja auch ums Durchleiten von etwas... Vielleicht gibt es ja mehrere Infrastrukturbetreiber, bei denen wieder andere Regeln und Preise gelten?

Ich habe zumindest wieder was gelernt, ich wusste bisher nicht, dass es eine Premium-Trasse gibt. Wenn ich mal im Lotto gewinnen sollte, buche ich mir einen Zug für meine Freunde zum Feiern mit Tanzwagen und Premium-Trasse von Schwäbisch Gmünd - Westerland... und lache alle Weißwurstfahrer hinter mir aus. Eine schöne Welt.

Michael

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 22.09.2017 09:34:10
von Mr. X
Alwin Meschede hat geschrieben:Es steht DB Fernverkehr ja frei, sich ebenfalls eine Premiumtrasse zu buchen. Dann wären sie wirklich wieder der höherwertige Zug. Es ist nicht begründbar, warum die Firma DB Fernverkehr Sonderrechte auf dem Schienennetz haben sollte, die andere nur gegen Geld bekommen. Also muss sich DB Fern ganz einfach auch an die für alle geltenden Regeln halten und Geld auf den Tisch legen für Premiumtrassen.
Ich halte es nicht für begründbar, warum es überhaupt die Möglichkeit gibt, mit einen eindeutig langsameren Zug (der kein dringlicher Hilfszug ist) schnellere Züge zu blockieren, indem man mit Geld um sich wirft. Das mag vielleicht dem Geldbeutel des Netzbetreibers zuträglich sein, aber nicht der Stabilität des Schienenverkehrsnetzes. Pünktlichkeit des Gesamtnetzes muss aus meiner Sicht das einzige Kriterium für Dispositionsentscheidungen sein (ich erinnere auch mal daran, wie National Express bei ihren zahllosen Probefahrten vor der Betriebsaufnahme von RE7 und RB48 in NRW regelmäßig direkt vor den planmäßigen Zügen fuhren und diese dann verspäteten).

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 22.09.2017 10:05:38
von Christian Gründler
Michael_Poschmann hat geschrieben:Das ist doch Irrsinn.
Ja. Aber politisch gewollt. Und es ist völlig egal, wo Du am Sonntag Deine Kreuze machst: dieser Irrsinn wird mit absoluter Sicherheit weitergehen.

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 22.09.2017 10:20:34
von Michael_Poschmann
Ich hatte ebenfalls auf eine 99xxx-Zugnummer mit einem eiligen Kran getippt. Dass es ein Nahverkehrstriebwagen mit Goldkanten-Trassenbestellung war, wäre mir im Traum nicht eingefallen.
Die Idee, demnächst eine V60 per Premiumtrasse als "Pacecar" zu nutzen, hat was. Und im Zweifel erhöht man den Blutdruck aller Beteiligten dann noch durch Umschalten auf den Langsamgang.

Grüße
Michael

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 22.09.2017 10:32:53
von Jens Haupert
Das Problem ist ja nicht die teure Trasse der Eurobahn, sondern dass es nicht möglich ist eine Reise länger als 1-2 Stunden zu machen, ohne dass einer der folgenden Punkte alles durcheinander wirbelt:
  • Störung an der Strecke
  • Störung am Fahrzeug
  • Unwilliges Personal
  • Unwillige Beförderungsfälle
Grüße
Jens

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 22.09.2017 10:39:50
von Michael_Poschmann
Jens, auch kurze Reisen sind risikobehaftet. Gestern zeigten mir die regierungshauptdörflichen S-Bahn-Fahrgastinformationssysteme: "Wegen eines Zugschadens ist der Zugverkehr unregelmäßig." Den Wahrheitsgehalt dieser Aussage konnte ich nachfolgend selbst überprüfen. Leider. Aber man plant ja auch bei Fahrten innerorts mittlerweile eine Reservestunde (!) ein.

Was mich hier an den Reaktionen ein wenig überrascht (um nicht zu schreiben entsetzt) ist die Tatsache, dass offenbar von einigen Mitlesern das Trassenvergabesystem per dickster Geldbörse als "normal" und vielleicht sogar "richtig" empfunden wird.

Zugleich giert alles nach einer Zusi-Implementierung mit Zugfolgeregelung, Anschlusssicherung und dispositiven Maßnahmen, um den virtuellen Betrieb flüssiger und sachgerechter abzuwickeln.

Grüße
Michael

Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Verfasst: 22.09.2017 11:09:49
von Frank Wenzel
Ich frage mich schon, welche zweifelhafte Regelungen einen Bahnbetreiber inzwischen zwingen, teuerste Trassen zu bestellen, um drohenden Vertragsstrafen aus dem Weg zu gehen, weil deren Züge dem verspäteten Fernverkehr Platz machen sollen... Das ist letztlich doch auch nur eine Form von "höherer" Gewalt wie ein Erdrutsch.