Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

Über alles nicht so Wichtige was aber irgendwie mit Bahn und Zusi zu tun hat. Viel Spaß beim Plaudern.
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Florian Ziese
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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2321 Beitrag von Florian Ziese »

Ich würde da ganz radikal rangehen und die Reihenfolge der Züge von der Pünktlichkeit dieses Zuges abhängig machen. Ist der ICE nur ausnahmsweise zu spät, darf er an der Eurobahn vorbei. Ist er regelmässig (z.B. mehr als durchschnittlich einmal pro Woche) zu spät, muss er hinterfahren, um so den Druck zu erhöhen, den ICE pünktlicher zu bekommen.
Wenn man so wie aktuell üblicherweise den verspäteten Fernverkehr ohne Rücksicht auf Verluste zum massiven Nachteil der Nahverkehrsfahrgäste bevorzugt, hat der Fernverkehr wenig Interesse an einer Verbesserung.

Ich kenne das vom "Fast-Fernverkehr" den IRE Basel-Ulm. Die geniessen auch die allerhöchste Priorität und werden ohne jede Rücksicht auf andere Züge immer sofort durchgeschleusst. Gerade der Seehas leidet da massiv darunter. Von Engen bis Singen quasi immer exakt pünktlich, aber dann in Singen langer Aufenthalt, weil wieder einer der ständig verspäteten IRE durchgelassen wird. Und dem Seehas die Anschlussbusse dann natürlich wegfahren. Da war es durchaus nicht so ungewöhnlich, dass ich meinenen Anschlussbus dreimal oder manchmal gar viermal die Woche verpasst habe. Und da hätte ich mir auch sehr gewünscht, dass der verspätete IRE den pünktlichen Seehas hinterhergefahren wäre. Und oft wären die zusätzlichen Verspätungen beim verspäteten IRE gering gewesen, statt den sowieso verspäteten IRE nochmal um 20 weitere Sekunden zu verspäten, hat man lieber den bis dahin pünktlichen Seehas um 10 min verspätet.
Aber warum sollte sich die DB gross darum kümmern, dass der IRE pünktlicher wird. Er erreich ja alle Anschlüsse (der Seehas z.B. wartet ja), in Friedrichshafen klappt der Anschluss nach Lindau meist auch und wegen dem längeren Aufenthalt in Friedrichshafen klappen die Anschlüsse in Ulm auch. Gebrochen werden nur die Anschlüsse von anderen Zügen, neben dem Seehas vor allem auch die von der Bodenseegürtelbahn-RB in Radolfzell (weil diese dann ewig in Überlingen warten müssen, statt die Kreuzung zu verlegen). Wäre die IRE nicht so massiv bevorzugt, würden die deutlich püntlicheren Seehas und RB ihre Anschlüsse bekommen und der IRE hingegen verpassen, was nicht nur fairer wäre, sondern auch den Druck auf die IRE-Pünktlichkeit erhöhen würde.
Das Beste war einmal in Gegenrichtung (da ist es ansonst für den Seehas nicht so problematisch), da hat man den Seehas in Radolfzell über 5 min zurückgehalten samt Anschlussverlust an diverse Busse, um einen 85(!) min verspäteten IRE ohne kleinste Wartezeit durchzuschleusen. Der dann letztendlich nicht mal sein Ziel erreicht hat, sondern wegen der grossen Verspätung vorzeitig gewendet wurde...

Besser finde ich das in der Schweiz, bei selteneren Störungsfällen etc. wird dann schon spontan geschaut, die verspäteten Züge am Laufen zu halten. Ist ein einzelner Zug aber ständig verspätet, wird geschaut, wie man dessen Verspätung isolieren kann und ist dann sehr konsequent. So hat die Regionalzug von Schaffhausen nach Erzingen im Gegensatz zum Seehas eine viel höhere Priorität gegenüber den IRE. Weil man eben die Busanschlüsse des Regionalverkehrs nicht mehrfach pro Woche brechen will, muss dann eben der verspätete IRE warten.
Oder auch bei den Railjet Wien-Zürich, die in der Anfangszeit sehr oft verspätet waren, dort wollte man nicht mehrfach pro Woche zwei S-Bahn-Linien verspäten und der RJ muss bei mehr als ein paar Minuten Verspätung konsequent diesen hinterherfahren, auch wenn seine Verspätung wächst.

Bei grösseren Verspätung verliert ein verspäteter Zug in der Schweiz eh die Priorität. Wenn die Anschlüsse eh weg sind und mit dem nachfolgenden Zug im Halbstundentakt auch erreicht werden, macht es auch keinen grossen Sinn mehr, noch die Anschlüsse bisher pünktlicher Züge zu zerstören.

Gruss

Florian

Miri
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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2322 Beitrag von Miri »

Einen verspäteten hochwertigen schnellen Zug ohne Unterwegshalte vor einen Nahverkehrs-Reisezug mit Unterwegshalten zu disponieren
Der Satz müsste richtig heissen "Einen regelmässig verspäteten hochwertigen schnellen Zug ohne Unterwegshalte vor einen eigentlich pünktlichen Nahverkehrs-Reisezug mit Unterwegshalten zu disponieren". Die von Keolis versuchen auch nur ihren Job zu machen. Für die ist DB Fern Konkurrenz, die regelmässig bevorzugt wird und Keolis ihr Produkt verhagelt. Und bei den Margen, die einem EVU heute bleiben, ist eine Konventionalstrafe ggf. lebensbedrohend.
Was mich hier an den Reaktionen ein wenig überrascht (um nicht zu schreiben entsetzt) ist die Tatsache, dass offenbar von einigen Mitlesern das Trassenvergabesystem per dickster Geldbörse als "normal" und vielleicht sogar "richtig" empfunden wird.
*schulterzuck* Auch die Eisenbahn ist Business geworden. Ob man das jetzt schön findet oder nicht, es ist so.
Was die Politik angeht: wir Eisenbahnfreunde sind nunmal eine Ausnahme. Else Grote Schulte-Sudhues fährt erstens mit dem Auto, zweitens mit dem Rad, drittens mit dem Bus, viertens mit dem SPNV, fünftens erst mit dem SPFV (einmal im Jahr nach DUS -Zug-zum-Flug-Ticket). Natürlich bauen die Lokalpolitiker zuerst Strassen (son Radweg kann man relativ billig mit dran klatschen), kümmern sich dann um den Bus (der ja vorhandene Infrastruktur nutzt), gucken dann auf den SPNV und denken dann vielleicht an den Fernverkehr. Und in Zeiten knapper Kassen muss man dem Wähler dann noch irgendwie verklickern, dass man für eine unpünktliche RB teures Geld ausgibt, aber für die neue Umgehung kein Geld da ist.
Zuletzt geändert von Miri am 22.09.2017 16:08:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Thomas U.
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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2323 Beitrag von Thomas U. »

Florian Ziese hat geschrieben:Wenn man so wie aktuell üblicherweise den verspäteten Fernverkehr ohne Rücksicht auf Verluste zum massiven Nachteil der Nahverkehrsfahrgäste bevorzugt, hat der Fernverkehr wenig Interesse an einer Verbesserung.
Ja, letztens erst wieder in Bochum erlebt. Ein auch schon verspäteter RE musste eine Überholung durch einen ebenfalls verspäteten IC abwarten.

Bis der IC überhaupt erst am Bahnsteig stand, wäre der RE schon zwei Blöcke weiter gewesen. Und bis er abfuhr, hätte der RE vermutlich schon zum Anflug auf Dortmund angesetzt. Der RE hat also knapp zehn unnötige Minuten zusätzlich bekommen. Diese Überholung hätte man besser nach Dortmund verlegt, da gibt es mehr Anschlüsse, die man verpassen kann und der IC wäre trotzdem nicht zusätzlich stärker verspätet gewesen als durch die verzögerte Abfahrt in Bochum sowieso (Grund unbekannt, aber er stand untypisch lange am Bahnsteig).

Mr. X
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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2324 Beitrag von Mr. X »

Thomas U. hat geschrieben:
Florian Ziese hat geschrieben:Wenn man so wie aktuell üblicherweise den verspäteten Fernverkehr ohne Rücksicht auf Verluste zum massiven Nachteil der Nahverkehrsfahrgäste bevorzugt, hat der Fernverkehr wenig Interesse an einer Verbesserung.
Ja, letztens erst wieder in Bochum erlebt. Ein auch schon verspäteter RE musste eine Überholung durch einen ebenfalls verspäteten IC abwarten.

Bis der IC überhaupt erst am Bahnsteig stand, wäre der RE schon zwei Blöcke weiter gewesen. Und bis er abfuhr, hätte der RE vermutlich schon zum Anflug auf Dortmund angesetzt. Der RE hat also knapp zehn unnötige Minuten zusätzlich bekommen. Diese Überholung hätte man besser nach Dortmund verlegt, da gibt es mehr Anschlüsse, die man verpassen kann und der IC wäre trotzdem nicht zusätzlich stärker verspätet gewesen als durch die verzögerte Abfahrt in Bochum sowieso (Grund unbekannt, aber er stand untypisch lange am Bahnsteig).
Überholungen, bei denen der überholende Zug halten muss, sind i.d.R. Käse. Ausnahme ist höchstens, wenn es unterwegs noch ein paar Haltepunkte gäbe, wo nicht überholt werden kann. Aber gibts zwischen Dortmund und Bochum nicht. Zwischen Bochum und Essen gäbe es Wattenscheid, wo man ja, Rückbauten sei dank, nicht mehr überholen kann, und wo der IC nicht hält. Da muss man dann jetzt halt in Bochum oder Essen die Überholung machen, die dann extralange dauert. Einen IC ri. Dortmund in Bochum überholen zu lassen ist jedenfalls vergleichbar bescheuert, wie Michaels IC hinter einem langsam fahrenden und ständig haltenden NV-Zug herfahren zu lassen. Eigentlich hätte ich ja bei dem Thema Vertrauen in die Kompetenz der Fahrdienstleiter, man müsste m.M.n. denen diese Entscheidung überlassen, und sie dabei nur mit zusätzlichen Informationen unterstützen, aber nicht die Arbeit durch Restriktionen wie "Expresstrassen-Käufer immer vor lassen" erschweren.

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Peter Zimmermann
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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2325 Beitrag von Peter Zimmermann »

Florian Ziese hat geschrieben: Ich kenne das vom "Fast-Fernverkehr" den IRE Basel-Ulm. Die geniessen auch die allerhöchste Priorität und werden ohne jede Rücksicht auf andere Züge immer sofort durchgeschleusst. Gerade der Seehas leidet da massiv darunter. Von Engen bis Singen quasi immer exakt pünktlich, aber dann in Singen langer Aufenthalt, weil wieder einer der ständig verspäteten IRE durchgelassen wird ...
Naja, da kann ich mit dem IRE pünktlich in RSI sein (so wie Heute mal wieder) und muss dann fünf Minuten auf die Ausfahrt warten, weil die Schwarzwaldbahn mal wieder verspätet ist; die hat noch höhere Priorität wie der IRE.
Florian Ziese hat geschrieben: Bei grösseren Verspätung verliert ein verspäteter Zug in der Schweiz eh die Priorität ...
Das fehlt mir bei der DB. Wenn ein Zug sehr verspätet unterwegs ist, kommt es oft vor, dass man dann zwei Züge "kaputt" macht (zumindestens am Hochrhein).
Tf RSI folgender Baureihen: 146, 245, 425/426, 611/612, 622, 628/629, 641, 644, 650, 763-765, 766/767

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Michael_Poschmann
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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2326 Beitrag von Michael_Poschmann »

Meik hat geschrieben:
Einen verspäteten hochwertigen schnellen Zug ohne Unterwegshalte vor einen Nahverkehrs-Reisezug mit Unterwegshalten zu disponieren
Der Satz müsste richtig heissen "Einen regelmässig verspäteten hochwertigen schnellen Zug ohne Unterwegshalte vor einen eigentlich pünktlichen Nahverkehrs-Reisezug mit Unterwegshalten zu disponieren".
Hallo Meik,

ich gehe nicht davon aus, dass Signalstörungen in Seelze nunmehr bereits Standard sind. Eine Regelmäßigkeit mag ich da erst einmal nicht unterstellen.
Meik hat geschrieben:Und bei den Margen, die einem EVU heute bleiben, ist eine Konventionalstrafe ggf. lebensbedrohend.
Gibt es nicht diese wundersame Vorschrift mit Verspätungsbegründen, mit denen alles und jedes kodiert werden kann? Wenn dort "Trassenbelegung durch vorausfahrenden verspäteten Zug" steht, müsste das betroffene EVU doch aus der Pönale-Nummer raus sein oder sie zumindest weiterreichen können, da nicht selbst verursachend.

Wir geraten in eine Falle: Hier werden EVU, egal ob "böse" oder "gute", gegeneinander ausgespielt. Das Ziel muss es doch sein, knappe Ressourcen und Trassen im Sinne einer flüssigen Betriebsabwicklung - und damit letzlich im Sinne der Mehrheit der Kunden - optimal zu nutzen. Starre Regeln wie hier die Politik der dicken Geldbörse führen das Optimierungsziel ad absurdum.

Gruß
Michael

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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2327 Beitrag von FanFan »

Ach das mit Priorität ist immer lustig anzusehen:
Stand mal in Bochum, da fuhr ein RE aus Essen kommend an den Bahnsteig für die Züge aus Dortmund.
Es folgte ein ICE nach Berlin sowie ein weiterer Regionalexpress, der vorgelassen wurde, bevor der RE aufm Gegengleis weiterfahren durfte. Eine technische Störung etc waren nicht der Fall. Die beiden REs waren von der DB.


Das Signal ist so verlässlich, wie die Bahnübergänge in Meerbusch Osterrath :hat2

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Ronny
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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2328 Beitrag von Ronny »

Mr. X hat geschrieben:Eigentlich hätte ich ja bei dem Thema Vertrauen in die Kompetenz der Fahrdienstleiter, man müsste m.M.n. denen diese Entscheidung überlassen, und sie dabei nur mit zusätzlichen Informationen unterstützen, aber nicht die Arbeit durch Restriktionen wie "Expresstrassen-Käufer immer vor lassen" erschweren.
Eigentlich. Eigentlich gibt es aber für sowas Zugdisponenten. Nur dass die ziemlich selten mal eine Zugfolge anordnen, weil sie oft gar keine Zeit haben, da in dem großen roten Sauhaufen meistens alles drunter und drüber geht.

Die Kompetenz der Fdl ist eine sehr unregelmäßige Variable, denn die hat lange nicht jeder.
Beispiel von heute, wie man es machen könnte: Zwei RE; einer +0, einer +24. Die Linien der Züge trafen sich genau in einer eingleisigen Verbindungskurve. Also den Verspäteten angefunkt, wenn er nicht noch, wegen was auch immer, mehr Verspätung kriegt, wird er der erste sein. Den Pünktlichen angefunkt, dass wir noch auf seinen Kumpel aus der Gegenrichtung warten und er deswegen wahrscheinlich zwei Minuten drauf kriegt. Die holt er aber auf dieser Strecke bei guter Fahrweise bis zum nächsten Halt heraus. Letzten Endes konnten wir so die Verspätung unter die Zwanzig bringen; hätte er gestanden, hätte er noch vier, fünf Minuten dazubekommen. Nach Vorschrift war das schon falsch, weil pünktliche Züge Vorrang vor verspäteten haben (außer natürlich, man hat eine Premium-Platin-Königs-Trasse). Von einem Zugdisponenten war übrigens nichts zu hören ...

Nun arbeitet aber jeder anders, und manche haben den Kopf gar ganz ausgeschaltet und/oder lesen ihr E-Book oder spielen am Tablet. Mal Gegengleis fahren ist schon zu viel verlangt – habe ich heute erst wieder erlebt.
„Schwer“ ist eher eine Zugkreuzung bzw. -überholung ohne solche Dinger wie „Express-Trasse“, denn da fängt das Nachdenken an: Wie schwer sind beide Züge, wie schnell dürfen beide Züge fahren, haben sie Anschlüsse, holen sie Zeit wieder heraus? Und nicht immer ist es schlau, einem Reisezug den Vortritt gegenüber einem Güterzug zu gewähren. Denn der Reisezug ist schnell beschleunigt – der 4000-t-Brummer braucht zum Anfahren vielleicht länger als er gestanden hat. Dann laufen die nächsten folgenden Züge vielleicht schon wieder auf ihn auf. Dann habe ich viel gekonnt ...
Da passt die Express-Trasse gut in die heutige Zeit: Kopf ausschalten (da brauchen sich ja viele nicht anzustrengen) und einfach den zuerst fahren.
Michael_Poschmann hat geschrieben:Gibt es nicht diese wundersame Vorschrift mit Verspätungsbegründen, mit denen alles und jedes kodiert werden kann? Wenn dort "Trassenbelegung durch vorausfahrenden verspäteten Zug" steht, müsste das betroffene EVU doch aus der Pönale-Nummer raus sein oder sie zumindest weiterreichen können, da nicht selbst verursachend.
Für mich als Fdl gibt es zwei Möglichkeiten, zu kodieren:

— Zugfolge, wegen Vorrang anderer Züge [heißt, der betroffene Zug war planmäßig]
— Zugfolge, betroffener Zug war verspätet.

Dazu kann ich noch eingeben, welcher Zug der Verursacher war und wie er im Plan lag.
Das muss aber erstens auch gemacht werden (da gibt es eine extrem hohe Zahl von Kollegen, die das einfach nicht machen) und zweitens muss das dem Zweckverband auch verkauft werden. Wäre die Frage, ob das dem Zweckverband reicht, denn da tut sich ja eine Möglichkeit zum Zurückholen von Geld auf ....
Michael_Poschmann hat geschrieben:Wir geraten in eine Falle: Hier werden EVU, egal ob "böse" oder "gute", gegeneinander ausgespielt. Das Ziel muss es doch sein, knappe Ressourcen und Trassen im Sinne einer flüssigen Betriebsabwicklung - und damit letzlich im Sinne der Mehrheit der Kunden - optimal zu nutzen. Starre Regeln wie hier die Politik der dicken Geldbörse führen das Optimierungsziel ad absurdum.
Tja, so läuft das hier. Und es ist gewollt. Dieser ganze Affentanz ist eine kalkulierte beabsichtigte Sache. Profit und dumme Menschen in der Regierung waren der Grund für die Privatisierung, mit der der Untergang der Eisenbahn in Deutschland begann. Profit und dumme Menschen in der Regierung sind der Grund, warum die Bahn sich weiter selbst kaputtmacht, unter anderem mit solchen Regelungen. Eine funktionierende Eisenbahn ist nicht gewollt, weil mit der Straße mehr Profit gemacht werden kann. Eisenbahn hat eine zu kleine Lobby. Die Schweizer haben es kapiert. Die Österreicher auch – dort zahlt man sogar Strafe, wenn man auf bestimmten Strecken eisenbahnaffine Güter transportiert (da gibt es sogar ortsfeste Kontrollstellen auf der Autobahn, was in Deutschland unmöglich ungewollt ist). Aber Leuchttürme bauen wir gerne. Der Tunnel in Stuttgart wird natürlich nur gebaut, um den Verkehr zu beschleunigen und fünf Minuten für das Kopfmachen zu sparen. Wir scheuen keine Kosten, seien sie noch so hoch, auch wenn der Baugrund für ein solches Projekt die Kosten in unvertretbare Dimensionen steigen lässt. Wir bauen weiter. Und natürlich nicht, weil dann an der Oberfläche Grundstücke in bester Lage frei werden, die wir zu astronomischen Beträgen verhökern können. – Nein, gar nicht! Wir heucheln den dummen Wählern vor, dass wir mehr Verkehr auf die Schiene holen wollen. Gleichzeitig wird die Infrastruktur beschnitten, denn es werden ja viele Überholungen, Blocksignale, Ladestellen usw. wegen zu geringem Verkehrsaufkommen nicht benötigt. Und dann können wir die unzureichende Infrastruktur vorschieben als Grund, weshalb wir nicht mehr Verkehr auf die Schiene holen können. Stattdessen klatschen wir einfach noch einen Fahrstreifen an die Autobahn ran oder elektrifizieren sie gar. Und wir erhöhen einfach die zulässige Last für LKW. Dass LKW nicht bloß auf Autobahnen fahren, sondern auch dort hin und von dort wieder weg fahren, ist egal. Staus sind egal. Unfälle sind egal. Dann kommt wenigstens etwas in den Nachrichten, was von den noch größeren Fehlern/Verbrechen/Versäumnissen von Politik und Wirtschaft ablenkt. Und die Leute wählen seit 1949 den gleichen Dreck. Immer mal im Wechsel aber immer wieder das Gleiche. So wird das einfach nichts. Aber soll ja auch nicht.

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KlausMueller
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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2329 Beitrag von KlausMueller »

Da muss ich auch mal ein Beispiel wunderbar "gelungener" Zugfolgedisposition aus einer anderen Gegend anbringen, das sich vor ca. einem halben Jahr zutrug.

Auf der Strecke Nürnberg-Bamberg gab es im Rahmen der Bauarbeiten folgende Situation:
Erlangen: Gleise 1-3 beide Richtungen befahrbar, 4 gesperrt, Nutzung 1 Fernverkehr/RE Richtung Bamberg, 2 S Richtung Bamberg und wendende S, 3 Richtung Nürnberg
Forchheim: Gleise 1-3 befahrbar, Rest gesperrt, Nutzung 1 wendende S, 2 Richtung Nürnberg, 3 Richtung Bamberg, baubedingt keine Überholung möglich
Hirschaid: 1 Richtung Nürnberg, 2 Richtung Bamberg ohne Bahnsteig, 3 beide Richtungen

Ich steige in Erlangen in den minimal verspäteten RE Richtung Bamberg, 2 mit wendender S-Bahn noch ca. 15min belegt, an 3 RE nach Nürnberg mit technischem Defekt. Durchsage dass sich Abfahrt wegen Überholung durch verspäteten ICE verzögert. Da Zugprobleme auf 3 vorhersehbar länger andauern Überholung erst möglich, nachdem S aus 2 abgefahren ist. Da wären wir längst durch Forchheim und im Anflug auf Hirschaid gewesen, wo wegen Fahrt ins Bahnsteiggleis 3 der im Blockabstand hinterherbummelnde ICE übers durchgehende Hauptgleis 2 hätte überholen können. RE hätte keine Verspätung hinzubekommen und ICE hätte zwar etwas zugelegt, wäre aber schon fast in Hirschaid gewesen wo er so erst in Erlangen war. Es war bei der durchgeführten Handlung zwar der Zugfolge genüge getan, aber beide Züge hatten massiv weiter Verspätung gesammelt.

Klaus

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Michael_Poschmann
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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2330 Beitrag von Michael_Poschmann »

Hallo Ronny,

Deine anschaulichen Schilderungen decken sich mit meinen Befürchtungen und auch den Einblicken in die Materie, die ich bisweilen mal nehmen darf. Leider muss ich auch der Ursachenbeschreibung zustimmen. Eine optimal funktionierende Bahn scheint nicht gewollt zu sein. Interessanterweise habe ich die Beobachtung gemacht, dass gerade die älteren Eisenbahner alter Schule derartige unsinnige, betriebserschwerende Vorgaben interessiert zur Kenntnis nehmen - und dann weiterarbeiten, wie gelernt und über Jahre bewährt. Damit zwar gegen die Regelungen, aber im Sinne eines flüssigen Bahnbetriebs agieren. Entgegen der vorherrschenden Meinung sind übrigens unter diesen Personen häufig beamtete Eisenbahner zu finden.

Grüße
Michael

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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2331 Beitrag von Jens Strumberg »

Hallo Michael,
da hast Du ja wieder richtig Glück gehabt :evil:
Das eigentliche Problem ist, dass eine Expresstrasse keine Verspätung durch Überholung auf Zugfolge machen darf. Es sei denn, sie wird durch eine andere Expresstrasse mit weniger Halten überholt.
Das Problem auf der Strecke ist aber unlängst bekannt und an einer Lösung wird gearbeitet. Fernverkehr selbst hat überlegt die Berliner ICE aus dem Grund selbst als Expresstrasse zu bestellen, hat es aber wegen der hohen Kosten für die Strecke Berlin - Köln gelassen.

Die DB Netz AG ändert jedoch die Ril 420 und SNB für die nächste Fahrplanperiode, wodurch das Bestellen von Expresstrassen für den Nahverkehr nicht mehr möglich sein wird. Keolis hat schon Beschwerde bei der Bundesnetzagentur eingelegt.

DB Regio hatte letztes Fahrplanjahr einen Expressumlauf auf dem RE 1 Aachen - Hamm und dem RE 5 Emmerich - Koblenz. Es ergaben sich sehr skurile Situationen: Ein IC fuhr auf der LZB-Strecke Duisburg - Düsseldorf im Windschatten des RE. Der RE ging in Düsseldorf Flughafen an die Seite (Bahnsteigsgleis), der IC fuhr im durchgehenden Hauptgleis (kein Bahnsteig) neben den RE, kam zum stehen und schob den RE bis Köln weiter an. Eine Überholung war nicht möglich, da bei Expresstrassen bereits Verspätungen von nur einer Minute kodierungspflichtig sind. Ein anderes Güter-EVU bremste mit einer 80 km/h-Expresstrasse im Münsterland den gesamten Verkehr aus.

Viele Grüße,
Jens

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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2332 Beitrag von Michael_Poschmann »

Hallo Jens,

ich überlege ernsthaft, meine gesamten Ersparnisse auf den Kopf zu hauen und eine Lz mit Köf als Expresstrasse quer durch die Republik zu bestellen. Frei nach "Spaceballs" würde ich dem Lökchen eine Aufschrift "We brake for nobody" verpassen. Großer Spaß.

Kann mich bitte mal jemand in den Arm kneifen? Ich wähne mich gerade in einem völlig falschen Film.

Grüße
Michael

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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2333 Beitrag von Jens Strumberg »

Hallo Michael,
letztendlich ist die Idee hinter der Expresstrasse wirtschaftlich betrachtet gar nicht so verkehrt - wer mehr zahlt wird bevorzugt behandelt. Das Recht auf eine Expresstrasse hat jeder Kunde, sofern von die SNB es zulassen. Ähnlich einer 1. Klasse-Fahrkarte oder Sitzplatzreservierung. Leider beißt sich die Umsetzung unter anderem an einigen Stellen mit der Infrastruktur, die die Ära Mehrdorn uns übrig gelassen hat.

Jens

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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2334 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Hallo Zusammen,

man wollte Wettbewerb, jetzt wundert man sich über das Ergebnis? Ich würde ja noch weiter gehen und die Trassen regelmäßig (1x im Monat oder so) versteigern.
Das ein Privates EvU angesichts der Strafzahlungen der Aufgabenträger ein Expresstrasse als lohnend erachtet ist nachvollziehbar.

Ähnliches auch im Straßenverkehr und der "Wutbürger" bekommt genau das was er mit Schröder und der CSU gewählt hat... :tup

MfG

Ralf
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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2335 Beitrag von Alwin Meschede »

Michael_Poschmann hat geschrieben:Kann mich bitte mal jemand in den Arm kneifen? Ich wähne mich gerade in einem völlig falschen Film.
Was ist eigentlich aus dem EU-Beschluss geworden, auf den Korridoren Emmerich - Basel, Aachen - Frankfurt(Oder) und Flensburg - Kufstein einen generellen Vorrang der Güterzüge vor den Reisezügen einzufordern? :mua
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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2336 Beitrag von Michael_Poschmann »

Hallo Jens,
Jens Strumberg hat geschrieben:letztendlich ist die Idee hinter der Expresstrasse wirtschaftlich betrachtet gar nicht so verkehrt - wer mehr zahlt wird bevorzugt behandelt.
im Sinne einer Gewinnmaximierung beim Anbieter der knappen Ressource Netz sicherlich - aber das darf nach meiner Überzeugung nicht das Ziel bei der Bewirtschaftung einer Verkehrsinfrastruktur sein. Hier steht das Optimierungsziel "guter Verkehrsfluss für alle" und damit Gewährleistung von Reise- und Transportketten im Fokus, nicht die einzelne Zugfahrt. Leider ist diese Erkenntnis in den letzten 25 Jahren der 175jährigen deutschen Eisenbahngeschichte verloren gegangen.

Grüße
Michael

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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2337 Beitrag von Mr. X »

Die DB Netz AG ändert jedoch die Ril 420 und SNB für die nächste Fahrplanperiode, wodurch das Bestellen von Expresstrassen für den Nahverkehr nicht mehr möglich sein wird. Keolis hat schon Beschwerde bei der Bundesnetzagentur eingelegt.
Dann kämpft DB Netz ja wenigstens ein einziges Mal für eine gute Sache... Mal hoffen Keolis mit dem Einspruch auf die Schnauze fliegt.
letztendlich ist die Idee hinter der Expresstrasse wirtschaftlich betrachtet gar nicht so verkehrt - wer mehr zahlt wird bevorzugt behandelt. Das Recht auf eine Expresstrasse hat jeder Kunde, sofern von die SNB es zulassen. Ähnlich einer 1. Klasse-Fahrkarte oder Sitzplatzreservierung. Leider beißt sich die Umsetzung unter anderem an einigen Stellen mit der Infrastruktur, die die Ära Mehrdorn uns übrig gelassen hat.
Das ist kein Infrastrukturproblem. Selbst bei erheblich besserer Infrastruktur können lahmarschige Züge mit Expresstrassen andere ausbremsen. Durchgängige Viergleisigkeit aller FV-Strecken in Deutschland stelle ich mal als Utopie hin, Mehdorn-Schäden hin oder her. Es ist vielmehr ein prinzipielles Problem: Lässt man es zu, dass sich Leute Vorfahrt kaufen können (man nennt das unter Ökonomen übrigens "Preisdiskriminierung zweiter Ordnung"), um den Preis, dass damit das ganze Netz weniger leistungsfähig wird, oder nicht? Ich möchte das eigentlich nicht in Kauf nehmen; die Leistungsfähigkeit des Netzes ist wichtiger als die Einnahmen des Netzbetreibers. Aber wenn die Entscheidung einzig nach unternehmerischen Kriterien fällt, unter deren Kalkül man das Eisenbahnnetz ja gestellt hat, ist das mit den Expresstrassen die logische und einzig denkbare Konsequenz. Es nicht so zu handhaben wäre unter einzelwirtschaftlichen Gesichtspunkten nämlich kaum zu rechtfertigen.

F(R)S-Bauer
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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2338 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Hallo,

eine Möglichkeit die Behinderungen zu Begrenzen wäre auch Lahmarschigkeit zum Standard zu erklären, in dem man die Vmax auf 120Km/h deckelt. Gibt dem Personenverkehr die Möglichkeit Halte auf zu holen und sorgt für durchgängige fahrt der Güterzüge, Und man Spart die Irren Investitionen in den Schnellverkehr, samt der Miserablen Energiebilanz jenseits von 140Km/h. Wurde Anfang der 90er durch die Umweltverbände ja Empfohlen und sorgt Angesicht der im Bundeshaushalt geforderten Schwarzen Null für mehr Möglichkeiten bei der Sanierung und Erhaltung bestehender Strecken.

MfG

Ralf
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Thomas U.
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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2339 Beitrag von Thomas U. »

Dann braucht's aber auch Tempo 80 auf Autobahnen sowie ein Verbot sämtlicher Flüge im Inland und ins nahe Ausland, ansonsten kann die Bahn mit ihren Hauptstrecken das machen, was sie schon mit vielen Nebenstrecken gemacht hat.

F(R)S-Bauer
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Re: Erlebnisse einer Eisenbahnwoche

#2340 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Hallo,

Ich glaube Tempo 80 auf BABs ist kein Problem, wenn es Sonderfahrspuren in der Mitte für Politiker und System-wichtige Bonusempfänger gibt...

MfG

Ralf
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