Platsch, daneben!

[Thomas Gabler]

Ich habe ein Problem mit dem Absteckrechner:

Ich will zwei Streckenelemente verbinden, und zwar mit einem einfachen Kreisbogen, am Anfang mit Übergangsbogen, am Ende ohne. Das Problem ist, dass der berechnete Bogen meilenweit daneben geht, so als würde eine Weiche zur Bogen-Innenseite der Rohtrasse hin abzweigen. Lasse ich dagegen auch am Ende einen Übergangsbogen anlegen, trifft der Bogen exakt ins Ziel.

Mach ich da was verkehrt oder ist das ein Bug?

Tom

[Roland Ziegler]

Hallo Tom,

Du machst nichts verkehrt, aber es ist auch kein Bug.

Die Geschichte ist nicht ganz trivial zu erklären, ich versuche es trotzdem mal:

Schauen wir uns zunächst mal einen reinen Kreisbogen an.

Es gibt nur irgendwo im Koordinatensystem zwei Geradenstückchen, die das 1. und 2. Streckenelement als Begrenzung bilden.

Der Radius des anzulegenden Kreisbogens soll maximal sein. Also wird versucht, möglichst den gesamten Raum zwischen 1. und 2. Element zu nutzen.

Wie wird der Kreisbogen bestimmt? Es gibt mehrere Möglichkeiten: Drei Punkte, zwei Punkte und Mittelpunkt, 1 Punkt, Mittelpunkt und Winkel usw.

Beim Absteckrechner gilt natürlich, dass der Tangentenwinkel am Anfang und Ende des Kreisbogens Null sein muss, also der Bogen sich knickfrei an die vorgegebenen Streckenelemente anschließt. Ansonsten nutzt er das "1 Punkt, Mittelpunkt und Winkel-Verfahren", wobei er den Mittelpunkt erst noch aus der Verlängerung der beiden begrenzenden Elemente bis zu deren Schnittpunkt bestimmt.

Wenn mal versucht, das Problem zu Fuß mit Zirkel und Lineal zu lösen, wird man schnell feststellen, im Normalfall geht das nicht auf. Man findet keinen passenden Kreisbogen.

Was aber immer geht, ist, einen Kreisbogen anzulegen, der nicht den ganzen zur Verfügung stehenden Raum ausnutzt, sondern entweder zu früh zu Ende ist, oder zu spät anfängt.

Ein Kreisbogen passt halbwegs, wenn er ohne Knick anfängt, und die Richtung des zweiten Elements mit einer seitlichen Verschiebung von Null erreicht, aber zu kurz oder zu lang ist. Zu lang ist ein Problem, zu kurz nicht.

Wenn der Bogen zu kurz ist, kann man eine Ausgleichsgerade dranhängen, und das macht der Absteckrechner auch.

Wenn der Bogen zu lang ist, schießt man übers Ziel hinaus. Nun geht der Absteckrechner hin, und versucht in diesem Fall, den Kreisbogen vom Ende aus aufzubauen. Die Lösung sieht dann so aus, dass der Kreisbogen später anfängt und eine Ausgleichsgerade am Anfang ergänzt wird.

Eine Lösung ist also immer möglich, bedingt aber Ausgleichsgeraden, entweder am Anfang oder am Ende des Bogens.

Jetzt zum Fall des Kreisbogens mit Übergangsbogen (Klothoide). Im Grunde verhält es sich hier genauso. Die Klothoide hat zwar theoretisch einen Freiheitsgrad mehr (den Klothoidenparameter A), das ist aber nicht ausreichend, um die Klothoide so hinschieben zu können, wie man möchte.

Man kann zwar auch hier immer eine Lösung finden, die nicht übers Ziel hinausschießt – ganz analog zum reinen Kreisbogen, nur aufwendiger zu rechnen – aber diese Lösung bedingt eine Ausgleichsgerade am Anfang oder Ende. Wo die Gerade liegt, ob am Anfang oder Ende, stellt sich leider erst während der Berechnung heraus.

Zweck des Übergangsbogens ist aber natürlich gerade der sanfte Übergang von der Geraden zum Kreisbogen. Sinnvollerweise kann man also bei Verwendung von Übergangsbögen Ausgleichsgeraden nur am geraden Ende dieser Übergangsbögen einbauen.

Daher verhält sich der Absteckrechner wie von Dir beobachtet. Die Funktionalität einer Ausgleichsgeraden am Anfang bei Übergangsbögen ist sowieso recht neu, und erst in einer der letzten Versionen eingebaut worden.

Was passgenau geht:

Ohne Übergangsbögen (reiner Kreisbogen): Ausgleichsgerade am Ende oder am Anfang

Mit Übergangsbögen am Anfang und Ende (Kreisbogen plus zwei Klothoiden): Ausgleichsgerade am Ende oder am Anfang, aber nur bei Bogenstart in einer Geraden, nicht bei Bogenstart in einer Kurve (Korb- oder Gegenbogen)

In den Fällen, dass 1 Übergangsbogen nicht angelegt werden soll, werden grundsätzlich keine Ausgleichsgeraden angelegt, denn der Absteckrechner weiß nicht, wie und wo.

Bei Bogenstart in einer Kurve kann nur eine Ausgleichsgerade am Ende angelegt werden. Das geschieht auch, wenn der Bogen insgesamt vor dem Zielelement endet.

Wenn nicht, findet der Absteckrechner keine Lösung, die allen Parametern gerecht wird.

Ich hoffe, das hilft weiter beim Verständnis des manchmal merkwürdig erscheinenden Rechenverhaltens.

[Thomas Gabler]

Hmm, wie löse ich dann folgendes Problem:

Kurve (einfacher Bogen) zwischen zwei Geradenstücken (ca. 70 Grad) soll zusätzlich durch einen bestimmten Punkt (Bahnübergang) gehen, der ziemlich genau in der Mitte des Kreisbogens liegt. Ich hab schon versucht, im Streckeneditor von diesem Punkt aus "mit Kreisbögen auf die Geraden zu schießen", aber das wird nichts, vor allem weil das Ganze auch noch in einem Neigungswechsel liegt...

Tom

[Roland Ziegler]

Du hast doch dabei dann 3 Zwangspunkte, wenn ich das recht verstehe. Komplizierter Fall.

Kannst Du nicht in 2 Schritten vorgehen, 1. Kurve bis Bahnübergang, 2. Kurve ab Bahnübergang? Im Bahnübergang ein Pseudo-Streckenelement manuell vorgeben, mittels Eingabe im Absteckrechner.

Ggf. vorher eine Rohtrasse als direkte Verbindung von Eingang/Ausgang anlegen, und anhand der so geschaffenen Streckenelemente die tatsächlche Lage besser abschätzen.

Ist was zum Rumprobieren.

[Thomas Gabler]

Genau so wollte ich es machen, da liegt ja das Problem:

Der BÜ liegt in der Kurve, d.h. ich habe dann den oben beschriebenen Fall: Übergangsbogen am Kurvenanfang, aber kein Übergangsbogen am BÜ => Absteckrechner versagt.

Tom

[Roland Ziegler]

Um dieses Pseudo-Element zu plazieren evtl. ganz ohne Übergangsbögen arbeiten. Dann passt der AR die Ausgleichsgeraden auch richtig ein. Mag zunächst ein wenig unschön aussehen, aber dann hätte man doch mal ein Bezugselement am BÜ für den nächsten Schritt. Oder verstehe ich da noch was nicht richtig?