Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

Fragen der echten Bahntechnik, Lokbedienung, PZB usw.
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Nachzugler
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Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#1 Beitrag von Nachzugler »

Moin,

da ich hin und wieder mal kleinere Fragen habe, für die sich meiner Meinung nach kein eigenes Thema lohnen würde, eröffne ich hier, gerne für alle offen, entsprechend dem Thema "Diverse Fragen zur Technik der echten Bahn", ein Sammelthema für 'kleine' Fragen.

Meine erste Frage ist zu https://bahnblogstelle.com/203547/lokfu ... bt-stehen/
Dort steht

"Nach dem Stillstand hatte sich der Lokführer vom Fahrdienstleiter eine schriftliche Bestätigung der Weiterfahrt erbeten. Der DB-Mitarbeiter meinte dazu, dass eine mündliche Anweisung reiche. Letztlich konnten sich beide nicht einigen."

Das hat wohl zu mehr als einer Stunde Stillstand geführt. Als Laie frage ich mich da, warum der Fahrdienstleiter nicht einfach(?) einen schriftlichen Befehl ausstellt. Ich kann den Lokführer verstehen, dass er die rechtliche Sicherheit haben will. Warum erfüllt der Fahrdienstleiter nicht den anscheinend nachvollziehbaren 'Wunsch' (oder eher Anspruch?), sondern lässt den Zug eine Stunde lang stehen?

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Achim Adams
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#2 Beitrag von Achim Adams »

Das kann dir wirklich nur der damals diensthabende Fdl selbst sagen. Wir wissen zuwenig über die Situation, das geht aus den Berichten nicht annähernd genügend hervor.

MBT Kuhl
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#3 Beitrag von MBT Kuhl »

Wenn die Zwangsbremsung am Standort eines Hauptsignals (oder bis zu 4 s später) erfolgt ist, benötigt der Lokführer einen Befehl 2.

Wenn die Zwangsbremsung nicht am Standort eines Hauptsignals erfolgt ist, genügt eine mündliche Zustimmung.

Ob die Zwangsbremsung als am Standort eines Hauptsignals erfolgt gilt, wenn die Wachsamkeitstaste nicht rechtzeitig betätigt wurde, war mal umstritten. Inzwischen sollte das jeder wissen.

Der Streit kann davon gehandelt haben, oder ob das Signal eine Hauptsignalfunktion hat. Das kann man aber leichter klären. Der Fdl hat ein Streckenband, wo die Signale eingezeichnet sind. Der Tf hat vorher das Signal gesehen. Beide können sich irren.
Ich arbeite gern für meinen Konzern. Initiative für mehr Arbeit

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Achim Adams
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#4 Beitrag von Achim Adams »

Dennoch: wenn der Tf einen Befehl will, dann bekommt er normal auch seinen Befehl. Warum der Fdl sich strikt verweigert hat, weiß niemand außer er selbst.
Ein Kollege hat mal einen Befehl 14 bekommen "Sie dürfen weiterfahren nach PZB-Zwangsbremsung". Steht zwar so nicht in der Vorschrift, aber immerhin hatte er seinen Befehl und war zufrieden.

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Jens Strumberg
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#5 Beitrag von Jens Strumberg »

Ich hatte schon Situationen, da wollte der Tf einer Rangierfahrt für die Zwangsbremsung an einem Prüfmagneten einen Befehl. Und das gibt es eben keinen. Bahnbetrieb ist kein Wunschkonzert, es gibt Regeln!

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Achim Adams
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#6 Beitrag von Achim Adams »

Es gibt eben Situationen, da braucht es zwingend einen Befehl, und es gibt Situationen da reicht mündliche Zustimmung. Welche Situation hier genau vorgelegen hat, wissen wir halt leider nicht.

Nachzugler
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#7 Beitrag von Nachzugler »

Danke für die Antworten.

Auch wenn ein mündlicher Befehl ausreicht, würde ich annehmen, dass ein schriftlicher Befehl mindestens 'gleichwertig' ist und der Fahrdienstleiter den halt kurz ausstellt/diktiert, anstatt einen Zug eine Stunde auf der Strecke stehen zu lassen. Spekulationen wären auch interessant, aber es gibt keinen offensichtlichen Grund?

Maxx
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#8 Beitrag von Maxx »

Nachzugler hat geschrieben: 25.05.2023 09:02:36 Spekulationen wären auch interessant, ....
Spekulationen sind aber eben nur Spekulationen, nicht mehr und nicht weniger!
Und da kann sich doch jeder selbst was ausdenken, dafür braucht es kein Forum.

Es ärgert mich schon, wenn ich ständig mit Konjunktiv-Nachrichten zugemüllt werde. Leider nehmen derartige Meldungen überhand und werden von vielen Menschen inzwischen als Fakten akzeptiert.
Wenn es um sicherheitsrelevante Themen geht, sind Spekulationen ohnehin völlig fehl am Platz.

Nachzugler
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#9 Beitrag von Nachzugler »

Maxx hat geschrieben: 25.05.2023 11:22:42 Spekulationen sind aber eben nur Spekulationen, nicht mehr und nicht weniger!
Spekulationen von Fachkundigen sind mehr als Spekulationen von Laien.
Maxx hat geschrieben: 25.05.2023 11:22:42 Und da kann sich doch jeder selbst was ausdenken, dafür braucht es kein Forum.
Ja klar. Vielleicht muss sich der Fahrdienstleiter für jeden schriftlichen Befehl in einer mehrstündigen Anhörung rechtfertigen. Vielleicht wird das Befehlsspezialpapier vom Gehalt abgezogen. Aber das sind (natürlich nicht ernstgemeinte) unqualifizierte Spekulationen.
Wenn zum Beispiel jemand mit Fachkunde spekulieren würde, dass der Fahrdienstleiter vielleicht keine Lust hatte, mindestens zehn Minuten für die Ausstellung des Befehls zu verschwenden, hätte ich daraus was gelernt, weil ich davon ausgehe, dass das nicht so lange dauert. Kurz gesagt, qualifizierte Spekulationen können für Interessierte lehrreich sein.

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Michael Springer
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#10 Beitrag von Michael Springer »

Befehlsspezialpapier
Da hab ich noch garnie darüber nachgedacht. Ich bin ein privates EVU und Miete mir eine/mehrere Trassen und will mit meiner Lok fahren. Kann man Befehlsblöcke bei DB Netz bestellen? Oder wo bekomme ich denn die aktuell gültigen Vordrucke her?

Alwin Meschede
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#11 Beitrag von Alwin Meschede »

Die Blöcke kann man bei DB Kommunikationstechnik bestellen. Oder wenn man auch Strecken nach Fahrdienstvorschrift FV-NE befahren will, dann auch beim Beka-Verlag (der FV-NE-Befehlsblock entspricht dem der DB mit ein paar zusätzlichen Texten für Zugleitbetrieb FV-NE).
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Achim Adams
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#12 Beitrag von Achim Adams »

Mal ganz Abseits jeglicher Spekulationen: einer von beiden hatte Recht, der andere hatte Unrecht. Entweder es hätte einen schriftlichen Befehl geben müssen und der wurde verweigert, oder es hätte mündliche Zustimmung gereicht und wurde nicht akzeptiert.

Im Regelfall, etwa zu 99,9% arbeiten Tf und Fdl gut und problemlos zusammen, kleinere Meinungsverschiedenheiten werden sehr schnell und einvernehmlich zur aller Zufriedenheit geklärt.

Letztendlich wollen wir alle unkompliziert unsere Arbeit machen, und die Pause oder gar den Feierabend in Anspruch nehmen.

In ganz wenigen Fällen gibt es mal Fdl die mit den Privat-Bahnen nicht zurecht kommen und nur die große rote Eisenbahn als das einzig Wahre anerkennen. Andersrum gibt es in seltenen Fällen auch mal Tf die etwas eigen sind und eine eigene Sichtweise der Eisenbahn haben. Mit diesen Spezialfällen gibt es hin und wieder mal Schwierigkeiten, diese können nur auf höherer Ebene gelöst werden. Das wird dann eine Sache der jeweiligen Eisenbahnbetriebsleiter.

Welcher von beiden hier in diesem Falle nun auf Krawall gebürstet war, wer von beiden letztendlich richtig lag, und was denn nun wirklich los war, das wüssten wir als Eisenbahner alle sehr gerne. Vielleicht waren beide auf Krawall gebürstet.

Wir wissen es aber nicht.

Jedenfall muss sich kein Fdl im Nachhinein für einen ausgestellten Befehl rechtfertigen, teueres Spezialpapier wird da auch nicht verwendet oder gar vom Lohn abgezogen.

(Nebenbei, für Laien: ein Befehl muss nicht zwingend auf dem Vordruck ausgestellt werden, zur Not tut es auch ein Zettel, eine Serviette oder ein Stück Klopapier. In diesem Falle muss dann leider der komplette Befehlstext niedergeschrieben werden, aber es geht.)

Das hier noch:
"Fahrdienstleiter unser, der du bist auf dem Stellwerk.
Geheiligt sei dein anschließender Weichenbereich.
[...]
Vergib uns unsere Zwangsbremsung, wie auch wir vergeben dir die verspätete Einfahrt.
[...]
Und führe uns nicht in Versuchung mit mündlichen Zustimmungen,
sondern gib uns lieber einen Befehl."

Amen.

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Ronny
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#13 Beitrag von Ronny »

MBT Kuhl hat geschrieben: 24.05.2023 16:15:26Wenn die Zwangsbremsung am Standort eines Hauptsignals (oder bis zu 4 s später) erfolgt ist, benötigt der Lokführer einen Befehl 2.
Auf welches Regelwerk beziehst Du dich?

MBT Kuhl hat geschrieben: 24.05.2023 16:15:26Ob die Zwangsbremsung als am Standort eines Hauptsignals erfolgt gilt, wenn die Wachsamkeitstaste nicht rechtzeitig betätigt wurde, war mal umstritten. Inzwischen sollte das jeder wissen.
Auf welches Regelwerk beziehst Du Dich?

Achim Adams hat geschrieben: 26.05.2023 00:26:29Jedenfall muss sich kein Fdl im Nachhinein für einen ausgestellten Befehl rechtfertigen
Na selbstverständlich muß er das tun. – Nicht nur wenn der Befehl mangelhaft ist, sondern auch wenn er einen Befehl erteilt hat, obwohl kein Befehl zu erteilen war.

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Achim Adams
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#14 Beitrag von Achim Adams »

Ich habe geschrieben "für einen ausgestellten Befehl", nicht "für einen mangelhaft ausgestellten Befehl".

Für einen korrekt ausgestellten und sachlich richtigen Befehl muss sich niemand später rechtfertigen.

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Ronny
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#15 Beitrag von Ronny »

Richtig, Du hast nicht „für einen korrekt ausgestellten und sachlich richtigen Befehl“ geschrieben. ;)

Alwin Meschede
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#16 Beitrag von Alwin Meschede »

Ronny hat geschrieben: 26.05.2023 00:38:16
Achim Adams hat geschrieben: 26.05.2023 00:26:29Jedenfall muss sich kein Fdl im Nachhinein für einen ausgestellten Befehl rechtfertigen
Na selbstverständlich muß er das tun. – Nicht nur wenn der Befehl mangelhaft ist, sondern auch wenn er einen Befehl erteilt hat, obwohl kein Befehl zu erteilen war.
Wie sehr zieht ihr euch denn da die Hose mit der Kneifzange an? Ich würde vielleicht als Chef meine Leute anweisen, dass sie bei sowas dann direkt auf der im Stellwerk verbleibenden Durchschrift einen Vermerk auf dem Rand notieren wie "Dieser Befehl wurde nur ausgefertigt, weil der Tf auch auf Nachfrage ausdrücklich darauf bestand". Wenn ich sowas als Führungskraft dann sehe, dann weiß ich dass ich gar nicht nachfragen muss "warum hast Du so einen Unsinn testiert?"

Wenn das nicht hinreichend pragmatisch gehandhabt wird, dann braucht sich bitte niemand wundern, wenn dann die Tf und Fdl stundenlang diskutieren, bis die Fahrgäste eine Panikattacke bekommen. Oder dass Tf sich nach einer Zwangsbremsung gar nicht beim Fdl melden. Man muss sich da halt schon entscheiden, was man will. Wenn man die Regeln so repressiv handhabt, dass alle in Angst leben - dann darf man sich bitte nicht über Unfälle wie in Schäftlarn wundern. Die sind dann halt Schicksal, da kann man dann nichts machen.
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Ronny
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#17 Beitrag von Ronny »

Rechtfertigen heißt erst einmal nicht mehr, als zu begründen warum das so gehandhabt wurde, um den Sachverhalt zu klären. Es wird niemand einbestellt zum Parteisekretär und muß die Hose herunterlassen. Da ist nicht einmal eine Notiz auf dem Befehl erforderlich. Der BezL sieht den Befehl und spricht bei der nächsten Gelegenheit mit dem Mitarbeiter darüber.

Nur um des lieben Friedens Willen wird nicht ein Befehl ausgestellt, der nicht auszustellen ist. Dabei ist nicht notwendigerweise immer das Problem bei einem einzelnen Tf oder Fdl zu suchen, sondern oft auch bei der Ausbildung/Weiterbildung. Es gibt Dinge, die werden falsch gelehrt, weil das „schon immer so“ gemacht wurde. Das betrifft auch die Angelegenheit mit der Wachsamkeitstaste.

Und dann gehört zur Fehlerkultur auch, daß nicht nur die Führungskräfte bedacht umgehen mit Fehlern und den Mitarbeitern, die sie gemacht haben, sondern daß man als Mitarbeiter sich den Fehler auch als solchen annimmt. Niemand ist frei von Fehlern. Einige Kollegen legen aber eine besondere, nennen wir es mal „Selbstsicherheit“, an den Tag, die gerade bei diesen Kollegen oft nicht die Realität abbildet.

Lukas Rothmann
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#18 Beitrag von Lukas Rothmann »

Servus,
Also um das nochmal konkret nachzufragen: Bei Zwangsbremsung Aufgrund nicht Betätigter Wachsamkeitstaste an einem Hauptsignal: Befehl ja oder nein?
Ich habe das in der Ausbildung bei Trainern/TPK immer wieder verschieden gehört, wobei die Mehrheit zum Befehl tendierte.
(Antwort bitte möglichst mit Regelwerk und nicht mit ,,ich kenne es so also stimmt so")

Grüße
Lukas

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Ronny
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Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#19 Beitrag von Ronny »

Welche Taste warum bedient oder nicht bedient wurde, interessiert nicht. Das müssen die Tf und vor allem die Unterrichtenden mal lernen. Die Frage, die zu stellen ist, heißt: Wo ist die Zwangsbremsung eingetreten?. Der Grund für die Zwangsbremsung spielt hierfür keine Rolle.

Entscheidend für die Erforderlichkeit eines Befehls nach PZB-Zwangsbremsung ist der Ort der Zwangsbremsung:
  • an einem Hauptsignal / Sperrsignal / einer Trapeztafel: Befehl erforderlich
  • an einem Orientierungszeichen „PZB BÜ“: Befehl (8, nicht 2) erforderlich
  • nicht an einem Hauptsignal / Sperrsignal / einer Trapeztafel / einem Orientierungszeichen „PZB BÜ“: kein Befehl erforderlich
  • Feststellung nicht möglich: wie Zwangsbremsung an einem Hauptsignal (also Befehl erforderlich)
Vier Sekunden hinter dem Hauptsignal ist auch nicht am Hauptsignal. Rechnet es einmal aus: In 4 (bzw. 2,5) Sekunden legt der Zug bei 160 km/h (≙ 44,44 m/s) eine Strecke von 177,76 (bzw. 111,1) Metern zurück. Bei 80 km/h sind es immer noch 88,88 (bzw. 55,55) Meter. Selbst bei 25 km/h sind es noch 27,76 (bzw. 17,35) Meter. Das ist nicht am Hauptsignal!

Vielleicht macht es „klick“, wenn man den Hintergrund versteht: Es geht bei der Regel um die Hauptsignalfunktion. Ein Hauptsignal mit Vorsignalfunktion kann eine 2000-Hz-Beeinflussung auslösen – in seiner Hauptsignalfunktion – oder eine 1000-Hz-Beeinflussung – in seiner Vorsignalfunktion. Bei der 2000-Hz-Beeinflussung gibt es kein Wenn und Aber, die PZB-Zwangsbremsung wird sofort ohne weitere Prüfvorgänge in der PZB-Fahrzeugeinrichtung ausgelöst (wenn sich die Befehlstaste in Grundstellung befindet). Die Zwangsbremsung aus einer 1000-Hz-Beeinflussung wird nicht vom Signal ausgelöst, sondern durch Prüfvorgänge innerhalb der PZB-Fahrzeugeinrichtung („Hallo, Tf, haste das gelbe Licht mitgekriegt? Bekommst noch 4/2,5 Sekunden, um die Taste zu suchen.“). Hier liegt der Unterschied: Ein Vorsignal bzw. die Vorsignalfunktion des Hauptsignals gibt keine Zustimmung zur Zugfahrt, das tut nur die Hauptsignalfunktion. Aus einer Vorsignalfunktion heraus ist niemals ein Befehl 2 (oder sonst ein Befehl, der eine Zustimmung zur Zugfahrt darstellt) abzuleiten. War es das Hauptsignal, stehst Du sofort. Stehst Du nicht sofort, war dein Stehen nicht „vom Hauptsignal beabsichtigt“. Daher ist das Argument, die Zwangsbremsung 4 (bzw. 2,5) Sekunden hinter dem Hauptsignal gelte als „am Hauptsignal“, falsch. Am Hauptsignal heißt am Hauptsignal, und nicht noch irgendwelche Phantasierechnungen oder Meinungen oder Interpretationen dazu. Darüber hinaus kann der Tf gar nicht immer mit Sicherheit sagen, daß die PZB-Zwangsbremsung allein durch seine Fehlbedienung verursacht wurde. Womöglich wurde die PZB-Zwangsbremsung durch mehr als einen Grund verursacht. Auch deswegen speilt das Warum keine Rolle. Denn mit der Aussage „habe Wachsam vergessen“ verleitet der Tf womöglich den Fdl, weniger genau zu prüfen, ob nicht doch weitere Gründe für die Zwangsbremsung vorliegen.

Die zulässige Abweichung von sechs Metern, die der Gleismagnet vor oder hinter dem Hauptsignal liegen darf (wobei mir kein solches Extrem bekannt ist), sollte von den oben genannten Entfernungen deutlich unterschieden werden können.

Lest Euch bitte Wort für Wort Richtlinie 408.0651 Abschnitt 3 (Fdl) bzw. 408.2651 Abschnitt 3 (Tf) durch. Dort steht nichts von vergessenen Tasten oder Fehlbedienungen oder „Ort X gilt als am Hauptsignal“, sondern ganz einfach „am Hauptsignal“. Ort der Zwangsbremsung, nicht Ort der PZB-Beeinflussung! Laßt bitte Angaben wie „ich habe diese und jene Taste nicht bedient“ einfach weg, sondern stellt gemeinsam mit dem Fdl fest, an welchem Ort es „zisch“ (oder „klick“ oder was auch immer) gemacht hat. Mehr nicht.

Nachdem die Voraussetzungen zur Weiterfahrt erfüllt sind und die Zustimmung erteilt ist, kann man sich dann Gedanken machen, was wohl die Ursache gewesen ist. Das kann intreressant werden für die folgenden Zugfahrten (PZB-Streckeneinrichtung gestört) oder für den weiteren Verlauf dieser Zugfahrt (PZB-Fahrzeugeinrichtung gestört), spielt aber für die Art der Zustimmung zur Weiterfahrt keine Rolle.

fabian_mst
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Registriert: 19.03.2021 15:11:22

Re: Diverse nichttechnische Fragen zur echten Bahn

#20 Beitrag von fabian_mst »

Siehe Bahnpraxis 12/2020 und 03/2021. Die unternehmensinternen Fachautorvorgaben sind ebenfalls eindeutig.

Ich stimme dir aber zu, dass das Regelwerk hier unsauber formuliert ist. Übrigens: Bei 160 km/h schaffst du es nicht vier Sekunden weit, schätzungsweise nach einer Sekunde stellt der Zug sich hin.

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