Grund der 252 Achsen?

Fragen der echten Bahntechnik, Lokbedienung, PZB usw.
Antworten
Nachricht
Autor
Benutzeravatar
Denis Schmidt
Beiträge: 377
Registriert: 06.06.2002 19:52:55

Grund der 252 Achsen?

#1 Beitrag von Denis Schmidt »

Hallo zusammen,

auf Infrastruktur der DB Netz gilt, ein Zug darf maximal 250 Achsen haben.
Warum ermöglicht man mit Beförderungsanordnung aber 252 Achsen?
Warum diese Sonderregelung für gerade mal 2 weitere Achsen?

Wer da Aufklärung bringen könnte, dem wäre ich dankbar.

Danke und Grüße
Denis

F(R)S-Bauer
Beiträge: 6281
Registriert: 09.11.2002 02:00:47

Re: Grund der 252 Achsen?

#2 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Hallo,

das hängt mit älteren Achszähler zusammen, die überlaufen, und von 253 255 auf 0 springen. Deshalb hält man einen Sicherheitsabstand von 4 Achsen für Fehlzählungen.
Wenn dann einzelne Züge mal 2 Achsen mehr haben ist die Wahrscheinlichkeit selten, dass es dann zu einer Störung kommt und man kann das beim Stellwerk bekannt machen, dass der FDL ein Auge drauf hat.

In einem anderen Forum wurde geschrieben, dass das bei neueren Systemen nicht mehr so ist, aber wohl noch nicht überall, sodass man die Anordnung erstmal beibehält.

Gruß

Ralf

PS: Carsten hat bei Elektronischen ja recht, aber es gab wohl auch mechanische Achszähler, die 25X konnten.
Zuletzt geändert von F(R)S-Bauer am 19.01.2023 21:54:05, insgesamt 2-mal geändert.

Benutzeravatar
Carsten Hölscher
Administrator
Beiträge: 33384
Registriert: 04.07.2002 00:14:42
Wohnort: Braunschweig
Kontaktdaten:

Re: Grund der 252 Achsen?

#3 Beitrag von Carsten Hölscher »

255 müßten es sein, also 2^8.

Carsten

AndiS
Beiträge: 379
Registriert: 20.09.2011 13:26:52
Wohnort: Wien

Re: Grund der 252 Achsen?

#4 Beitrag von AndiS »

Es geht um Statistik versus Mathematik, und einen Schuß Elektromechanik oder Elektronik, vielleicht. Und Wirtschaft.

1.) 2^8=256. Mit einem Byte kann man nur bis 255 zählen, dann springt es auf 0 zurück. So weit die Mathematik.

2.) Wenn ein Zähler jede hundertste Achse doppelt zählt, dann kommt er bei 250 Achsen auf 252,5 Achsen. Vermutlich hat jemand eine statistische Wahrscheinlichkeit dafür erhoben, daß das passiert. Mit der kann man dann sagen: Das ist selten genug, also riskieren wir 252 Achsen, die dann gerade einmal als 255 gezählt werden. Man kann auch sagen, daß die Gefahr, daß jede 50. Achse doppelt gezählt wird, real ist. Dann würden 250 Achsen als 255 gezählt werden.

3.) Es kann jemand im Management gesagt haben, daß das Erheben dieser Zahlen viel zu teuer ist und man kaum Kunden verliert, wenn man ein paar weniger Achsen genehmigt. Es kann aber auch sein, daß einer einen Use Case hatte, wo jemand mit 252 Achsen fahren wollte und den an den richtigen Entscheidungstäger gemeldet hat. Das ist aber böse Spekulation.

4.) Es ist wesentlich wahrscheinlicher, daß frühe Installationen fehleranfälliger waren als neuere. Und die Anzahl der Installationen, in denen noch 8-bit-Technik verbaut ist, sinkt langsam, aber beständig. Das wäre dann eine sachliche Grundlage dafür, daß man sich einerseits an die 255 herantastet und andererseits zu einem wirtschaftlich sinnvollen Zeitpunkt in Kauf nimmt, daß man ein paar Fahrdienstleiter informieren muß.

5.) Der wirtschaftliche Hintergrund besteht auch in der Häufigkeit solcher Züge. Man braucht ziemlich kurze Sechsachser, damit man auf 750 m Zuglänge 250 Achsen zusammenbringt. Wenn Züge selten sind, dann wird niemand das Geld für Streckenertüchtigung im Sinne einer Abschaffung der letzten 8-Bit-Zähler in die Hand nehmen.

notzinger
Beiträge: 15
Registriert: 28.03.2020 13:18:40
Aktuelle Projekte: Fahrpultbau

Re: Grund der 252 Achsen?

#5 Beitrag von notzinger »

Warum ermöglicht man mit Beförderungsanordnung aber 252 Achsen?
Warum diese Sonderregelung für gerade mal 2 weitere Achsen?
AndiS hat geschrieben:Es kann aber auch sein, daß einer einen Use Case hatte, wo jemand mit 252 Achsen fahren wollte und den an den richtigen Entscheidungstäger gemeldet hat. Das ist aber böse Spekulation.
DB Cargo (oder wie auch immer die damals gerade geheißen haben) - Erzzüge mit 40 Wagen á 6 Achsen + BR 151 DT = 252 Achsen.
Seit mit BR 189 gefahren wird, hat sich dieses Thema ja wieder erledigt.
Grüße Patrick

Jan
Beiträge: 513
Registriert: 28.11.2007 19:13:51
Wohnort: Stutensee

Re: Grund der 252 Achsen?

#6 Beitrag von Jan »

War da nicht noch auch was, das man bei 250 Achsen noch im Störfall Reserve für eine zusätzliche (vierachsige) Hilfslok hat? Die zwei Achsen kamen dann vielleicht mit dem vermehrten Einsatz von vierachsigen Wagen – beim Einsatz mit einer vierachsigen Lok (oder zwei sechsachsigen Loks) ist die verbleibende Achszahl für die Wagen nicht glatt durch vier teilbar. Man hat sich dann also vielleicht dafür entschieden, die fehlenden zwei Achsen noch zuzulassen, um den Preis, dass solche Züge dann beim Hilfslokeinsatz auf Strecken mit 1-byte-Achszählern dann gesondert behandelt werden müssen.

Benutzeravatar
Carsten Hölscher
Administrator
Beiträge: 33384
Registriert: 04.07.2002 00:14:42
Wohnort: Braunschweig
Kontaktdaten:

Re: Grund der 252 Achsen?

#7 Beitrag von Carsten Hölscher »

Ich tippe eher, das soll Schlamperei bei der Zugbildung abfedern und eine glatte Zahl ist halt besser zu merken.
Carsten

Benutzeravatar
Jens Strumberg
Beiträge: 2184
Registriert: 09.04.2003 16:13:19
Wohnort: Bochum

Re: Grund der 252 Achsen?

#8 Beitrag von Jens Strumberg »

Ich hatte beisher auch nur von ausreichend Abstand bei Fehlzählungen gehört, die aufweichende Ausnahme kam von besagten Erzzügen. Der macht durchaus Sinn, sicherheitstechnisch ist ein von der Gleisfreimeldeanlage nicht erkannter Zug das absolute Horrorszenario und ein Zustand, der auf keinen Fall vorkommen darf.
OT: Das Regelauflöseverhalten von Fahrstraßen ist hier durchaus so ausgelegt, auch bei nicht besetzt anzeigenden Gleisfreimeldeabschnitten immer einen sicheren Zustand ("Auflösestörung") zu erhalten. Das korrekte Anwenden des Regelwerks durch den Fahrdienstleiter für diese Stichwort gewährleitet dann weiterhin die Betriebssicherheit.
Der Fall nicht erkannter Züge kam mir persönlich bisher auch nur ein Mal unter die Augen: Auf einer Grenzstrecke funktionierte der erste deutsche Achszähler nicht. Ein "Übergeben" des Zuges von ausländischer Gleisfreimeldetechnik in die Inländische ist mir technisch nicht bekannt, aber sicher irgendwo möglich. Es überlappen sich also die Abschnitte in der jeweils eigenen Landestechnik. Fahrten "im Dunkeln" sind durchaus gruselig und wirklich saugefährlich. Die Rückfallebene ist sicher aber eben nur eine Rückfallebene "mittelbarer Sicherheit", deren Funktion eng mit der Disziplin und dem Regelwerksverständnis der eingesetzten Personalen einher geht.
Viele Grüße,
Jens

F(R)S-Bauer
Beiträge: 6281
Registriert: 09.11.2002 02:00:47

Re: Grund der 252 Achsen?

#9 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Hallo,

aus der Erinnerung:
1) Die ersten Erz III Züge wurden mit 39x6 + 1x 4 Achsen gefahren, also ein Fals oder so. Erst später gab es die Ausnahme. Quell Eisenbahn-Magazin aus den 80er
2) Es gab in der Anfangszeit Probleme mit Kleinfahrzeugen, die nicht sauber gezählt wurden.

Wenn es allerdings eine über/Unterlaufschutz gibt, macht es auch wieder Sinn, dann braucht man die 255 für den Unterlaufschutz und die 254 für den Überlaufschutz, bei einem 8 Bit Zähler.
Somit darf ich maximal bis 253 Zählen, oder 254 wenn ich nur auf 255 Abfange.
Da ich aber nicht weis, wie die ersten Zähler realisiert wurde, es geht ja mit Relais, Transistoren, einfachen IC oder direkt einem 8 Bit Zähler IC ist da technische einiges möglich.

Aus der Elektriker-Zeit kenne ich Maschinen, die zwar elektronische zählten, aber mechanisch speicherten, z.B. mit einer Art "Fernmelde-DrehWähler". Man wollte Batterien vermeiden und Akkus waren damals noch #neuland.

Gruß

Ralf

lukmilei
Beiträge: 253
Registriert: 29.03.2010 21:00:15
Kontaktdaten:

Re: Grund der 252 Achsen?

#10 Beitrag von lukmilei »

Jens Strumberg hat geschrieben: 20.01.2023 23:13:10 Das Regelauflöseverhalten von Fahrstraßen ist hier durchaus so ausgelegt, auch bei nicht besetzt anzeigenden Gleisfreimeldeabschnitten immer einen sicheren Zustand ("Auflösestörung") zu erhalten. Das korrekte Anwenden des Regelwerks durch den Fahrdienstleiter für diese Stichwort gewährleitet dann weiterhin die Betriebssicherheit.
Guten Morgen Jens,
wie ist das technisch realisiert? Ich bin bisher davon ausgegangen, dass die Zähler überlaufen, bei 0 landen und dann auch annehmen, dass dort frei ist.

Wenn ich das richtig verstanden habe, hat dieser Abschnitt dann auf dem Tisch keine Ausleuchtung. Wie bemerkt der Fdl diesen Fehler und wie handelt er korrekt?

Danke schon mal für deine Antwort!

Viele Grüße
Lukas

Wolfgang E.
Beiträge: 569
Registriert: 28.10.2021 12:16:41
Aktuelle Projekte: https://github.com/machinae-vectoriae-ductor/
Wohnort: Köln
Kontaktdaten:

Re: Grund der 252 Achsen?

#11 Beitrag von Wolfgang E. »

Guten Morgen,

vielleicht noch ein paar Worte zu den mechnischen Zählern. Hier ein Bild eines aufgeschnittenen Zählers.
Bild

Links und rechts befinden sich Schrittmotoren, die die Räder pro gezählter Achse um einen festen Winkel drehen. In der Mitte befinden sich Kontaktarme. Wenn die Kontaktarme beider Seiten genau übereinanderliegen, wird der Abschnitt als frei gemeldet. Das passiert normalerweise wenn der Motor des Ausfahrkontakts gleich viele Achsen gezählt hat, wie vorher der Motor des Einfahrkontakts. Wenn man nun so viele Achsen einzählt, dass der Kontaktarm einmal umläuft, würde das Gleis wieder als frei gemeldet. Die Zahl der Rasten konnte man mir bei der Stellwerksbesichtigung leider nicht nennen.

Viele Grüße Wolfgang
Zuletzt geändert von Wolfgang E. am 30.01.2023 13:52:24, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
F. Schn.
Beiträge: 6629
Registriert: 24.10.2011 18:58:26

Re: Grund der 252 Achsen?

#12 Beitrag von F. Schn. »

@lukmilei:
Normalerweise hängen sich Achszähler, die überlaufen, auf und zeigen dann dauerhaft rot, bis man die AzGrT bedient. Man will aber natürlich nicht, dass die AzGrT zu einer Taste wird, die notwendig ist, um den Zug fahren zu lassen. Auch das ist ein Grund für das Verbot. Gibt aber scheinbar durchaus auch wohl noch ältere Vertreter, die das nicht machen.
Wenn doch ist es eher unwahrscheinlich, dass man genau die genaue Anzahl an Achsen hat, bei der der Az dann auch frei bleibt. Sobald man nur eine Achse mehr hat, wird das Gleis in der nächsten Sekunde gleich wieder rot.
Wenn auch das nicht der Fall ist, dann kommt es in den meisten Fällen zu Auflösestörungen: Das Gleis wird frei, obwohl der nachfolgende Gleisabschnitt noch gar nicht belegt ist. Die Stellwerksanlage merkt, dass hier der Zug quasi verschwindet, und löst die Fahrstraße nicht auf. Diese Sicherheitskontrolle ist allerdings eher dafür gedacht, dass ein Relais der nachfolgenden Gleisfreimeldeanlage kaputt gegangen ist und auf Dauer-Frei festklebt. In bestimmten Situationen kann es daher auch sein, dass diese Sicherheitskontrolle anders arbeitet und daher Zug und Fahrstraße doch komplett verschwinden. Allerdings sollte dann zumindest keine Weiche unter dem Zug umlaufen.
Diese Signatur möchte folgendes bekannter machen: ZusiWiki · ZusiSK: Streckenprojekte · YouTube: Objektbau für Zusi · euirc: Zusi-Chat

Benutzeravatar
ManuelNeuerFan1
Beiträge: 149
Registriert: 21.11.2020 21:48:58
Wohnort: Kreis Kaiserslautern

Re: Grund der 252 Achsen?

#13 Beitrag von ManuelNeuerFan1 »

Meine Vermutung war dieselbe und hat sich auch bestätigt: die Achszähler speichern die Anzahl Achsen als 8-Bit-Information und laufen bei 256 Achsen über.

Wie viele Achsen können denn die heutigen Achszähler zählen, ohne überzulaufen?

Wenn es 16 Bit wären, wäre die geänderte Vorschrift sicher ein Outtake:
"Ein Zug darf maximal 64.250 Achsen haben" (65.535 abzüglich 1 Fehlzählung à 50 Achsen).
Egal wie neu du bist, Manuel ist Neuer.

Ich tanze, also bin ich.

F(R)S-Bauer
Beiträge: 6281
Registriert: 09.11.2002 02:00:47

Re: Grund der 252 Achsen?

#14 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Hallo,

mag sein das die mehr können, aber es sind zu viele Altzähler verbaut, um das zu ändern. Und mit etcs level 3 will man ja sowieso davon weg.
Das Fass macht keiner mehr auf.
Und ob wir noch mal 6 Achige Erzwagen bekommen ist auch fraglich, das Teil macht Betrieblich aufgrund des Gewichtes einige Probleme, die nicht zur Boni-Bahn passen.
Daher denke ich das das Auslaufen wird, und mit 4 achsigen Wagen kommt man hin. Das 6000t Projekt ist ja auch eingestampft worden und die 189 mit 4 Achsen sind auch bei schlechten Wetter an der Grenze.

Gruß

Ralf

Benutzeravatar
ManuelNeuerFan1
Beiträge: 149
Registriert: 21.11.2020 21:48:58
Wohnort: Kreis Kaiserslautern

Re: Grund der 252 Achsen?

#15 Beitrag von ManuelNeuerFan1 »

Das ist ja auch völlig logisch. Trotzdem wäre es in dem hypothetischen Szenario - dass alle Achszähler auf 16 bit umgerüstet würden und so etwas wie ETCS Level 3 (nur damit kommt man ohne Achszähler aus) nie erfunden worden wäre - interessant, was die Bahn mit der Vorschrift zur Anzahl Achsen machen würde.

16 Bits ermöglichen ja auch nicht unendlich viele Achsen. Nur eben eine Zahl, die für alle praktischen Zwecke groß genug ist.

Bei einem Zug mit > 64.250 Achsen hätte man sicher ein paar andere Probleme als die Überläufe der Achszähler.
Egal wie neu du bist, Manuel ist Neuer.

Ich tanze, also bin ich.

Antworten