Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

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Nachzugler
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Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#1 Beitrag von Nachzugler »

Moin,

bei Elektroloks gibt es ja das Anfahrgeräusch der Umrichter, das zum Beispiel beim Taurus auf die Tonleiter abgestimmt war. Woher das Geräusch kommt, ist klar.
Was ich aber nicht rausgefunden habe ist, warum das Geräusch sich in Stufen ändert. Einen modernen Umrichter kann man grundsätzlich stufenlos (bis auf vernachlässigbare Quantisierungsstufen) ansteuern. Deshalb würde ich beim Anfahren einen mit der Geschwindigkeit kontinuierlich steigenden (nicht gestuften) Ton erwarten. Warum war/ist das oft nicht so?
Hat das physikalische Gründe, also dass Stufen effizienter sind, technische Gründe, weil man keine stufenlosen Umrichter bauen konnte oder andere Gründe, wie dass ein kontinuierlich ändernder Ton mehr stört?

Alwin Meschede
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#2 Beitrag von Alwin Meschede »

Im Anfahrbereich haben Stromrichter recht erhebliche Schaltverluste, wenn man keine Maßnahmen ergreift. Eine mögliche Maßnahme ist das Absenken der Wechselrichter-Taktfrequenz. Ausgehend von dieser niedrigen Startfrequenz könnte man die Frequenz linear auf den Normalwert hochfahren. Eine Tonleiter oder ein Liedchen wird aber wohl als angenehmer wahrgenommen als eine linear hochgefahrene "singende Säge".
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Jens Haupert
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#3 Beitrag von Jens Haupert »

Hallo,

im Anfahrbereich gibt es auch Fahrzeuge, die die Frequenz linear anpassen, wie z.B. die BR 481.

Grüße
Jens

Nachzugler
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#4 Beitrag von Nachzugler »

Alwin Meschede hat geschrieben: 22.03.2022 13:20:18 Eine mögliche Maßnahme ist das Absenken der Wechselrichter-Taktfrequenz. Ausgehend von dieser niedrigen Startfrequenz könnte man die Frequenz linear auf den Normalwert hochfahren.
Taktfrequenz oder Drehfeldfrequenz? Mich würde es wundern, wenn die Taktfrequenz so tief in den hörbaren Bereich abgesenkt würde. Oder ist das tatsächlich so?
Alwin Meschede hat geschrieben: 22.03.2022 13:20:18 Eine Tonleiter oder ein Liedchen wird aber wohl als angenehmer wahrgenommen als eine linear hochgefahrene "singende Säge".
Ok. Allerdings ist man es beim Auto ja auch gewöhnt, dass es linear hochdreht und mir ist noch nicht aufgefallen, dass das jemanden gestört hätte. Das Schalten hat natürlich dann technische Gründe.
Jens Haupert hat geschrieben: 22.03.2022 13:33:19 im Anfahrbereich gibt es auch Fahrzeuge, die die Frequenz linear anpassen, wie z.B. die BR 481.
Ich überlege gerade, wenn ich mich recht erinnere, fahren neuere ICE auch kontinuerlich hoch. Also doch (zusätzlich) noch eine früher bestehende technische Beschränkung?

Alwin Meschede
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#5 Beitrag von Alwin Meschede »

Nachzugler hat geschrieben: 22.03.2022 13:58:57 Taktfrequenz oder Drehfeldfrequenz? Mich würde es wundern, wenn die Taktfrequenz so tief in den hörbaren Bereich abgesenkt würde. Oder ist das tatsächlich so?
Das was man hört ist soweit ich weiß nicht der Stromrichter selber, sondern Drehschwingungen aus dem Fahrmotor. Und zwar überwiegend die erste Oberwelle der Wechselrichter-Taktfrequenz.
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Sebastian Leonow
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#6 Beitrag von Sebastian Leonow »

Ja das ist die Taktfrequenz des Wechselrichters, die sich durch die Schwingungen in den Motorwicklungen äußert. Bei modernen Wechselrichtern liegt die Frequenz relativ hoch im Hörfrequenzbereich (wie bei den Flirts und Talents), bei älteren ist sie dauerhaft gut hörbar (z.B. beim 425). Teilweise wird die Frequenz auch zusätzlich moduliert, um nicht so quietschend daher zu kommen.

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Jens Haupert
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#7 Beitrag von Jens Haupert »

Hallo,

in Kommentaren des folgenden Videos (https://www.youtube.com/watch?v=QmLVkbnly9Q) hat der Nutzer "Traktionsstromrichter" auch ein paar Details zu den beim Talent 2 und 3 verwendeten Verfahren dargestellt.

Grüße
Jens

Lukas Rothmann
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#8 Beitrag von Lukas Rothmann »

Servus,
Wie darf man dann eigentlich z.B. die Anfahrgeräusche eines 420 interpretieren?
Der Fahrmotor selbst ist ja nicht wirklich zu hören bzw klingt ja ähnlich dem einer 110 etc, ist ja im Prinzip auch ein Reihenschlussmotor.
Ist dieses charakteristische Summen, welches so ähnlich auch bei Aufnahmen der alten ET 403 zu hören ist dann auch in Auswirkungen des Ankerstromrichters auf die Fahrmotoren zu verstehen?

Grüße

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Thomas U.
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#9 Beitrag von Thomas U. »

Beim 420 sollte das aus ähnlichen Gründen kommen. Der 420 hat ja eine Thyristorsteuerung, auch die zerhackt die Motorspannung, nur nicht mit so hoher Frequenz (und technisch anders) wie bei Drehstromloks. Also summt er viel tiefer, aber eben auch aus dem Grund, dass die Spannung ein- und ausgeschaltet wird.

Das Pfeifen moderner Fahrzeuge finde ich ja ziemlich ekelhaft. Wenn so ein ICE4 oder Velaro abfährt, ist das schon eine ziemliche Belastung für die Ohren. Dagegen ist so ein 425er von außen ja schon richtig angenehm.

Bei den Bogestra-Variobahnen hat man mittlerweile was an der Ansteuerung geändert, die sind nun herrlich still, bzw. werden es, weiß nicht, wie weit man da ist. Das vorherige, hochtönige Quietschen ohne Frequenzwechsel war schon recht unangenehm, vor allem, wenn man mal wieder ein Fahrzeug erwischt hat, bei dem es besonders laut war. Zwar nur eine von vielen Unannehmlichkeiten, die die Fahrzeuge haben, aber immerhin :rolleyes:

Lukas Rothmann
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#10 Beitrag von Lukas Rothmann »

Hat dann eigentlich im Falle des 420 die dem Fahrmotor zugehörige Glättungsdrossel Auswirkungen auf die Geräusche?

Nachzugler
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#11 Beitrag von Nachzugler »

Vielen Dank für die Antworten.
Ich dachte die ganze Zeit fälschlicherweise, dass man die Drehfeldfrequenz hört. Aber klar, die dürfte ja selbst bei hohen Geschwindigkeiten eher in der Größenordnung von 50 Hz und weniger liegen, was dann ja nur ein tiefes Brummen wäre.
Sebastian Leonow hat geschrieben: 22.03.2022 19:32:29 Bei modernen Wechselrichtern liegt die Frequenz relativ hoch im Hörfrequenzbereich
So kenne ich das halt auch, dass die im Bereich ab 16 kHz liegt, was ja ein sehr hohes, für manche nicht hörbares Pfeiffen wäre. Deshalb habe ich bei den im Vergleich dazu relativ niedrigen Anfahrtönen gar nicht an die Taktfrequenz gedacht.

Sebastian Leonow
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#12 Beitrag von Sebastian Leonow »

Lukas Rothmann hat geschrieben: 22.03.2022 22:34:05 Servus,
Wie darf man dann eigentlich z.B. die Anfahrgeräusche eines 420 interpretieren?...
Beim 420er ist doch fast nur der Tatzlagerantrieb zu hören, also das charakteristische Brummen / Heulen, das linear mit der Geschwindigkeit die Frequenz ändert. Also im Prinzip mechanische Geräusche durch die Zahnräder.

Lukas Rothmann
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#13 Beitrag von Lukas Rothmann »

Sebastian Leonow hat geschrieben: 23.03.2022 08:44:31 Beim 420er ist doch fast nur der Tatzlagerantrieb zu hören, also das charakteristische Brummen / Heulen, das linear mit der Geschwindigkeit die Frequenz ändert. Also im Prinzip mechanische Geräusche durch die Zahnräder.
Servus,

Aber müsste dann nicht jeder Tatzlagerantrieb so klingen? Eine 194 hat ja auch einen, klingt aber nicht so.
Darüber hinaus klingt der Et 403 dem 420 schon ähnlich wie ich finde, der hat aber logischerweise keinen Tatzlagerantrieb.
Et 403, 4020 (ÖBB) 420, alle klingen ähnlich, haben auch alle Mischstrommotoren mit Thyristorsteuerung

Interessierte Grüße

Lukas

Sebastian Leonow
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#14 Beitrag von Sebastian Leonow »

Hängt wahrscheinlich stark von der konkreten Ausführung (Aufhängung, Zahnradpaarung, Schallisolation, etc.) ab, das wird zwischen der 194 und dem 420 schon einen Unterschied machen. Letztlich ist es aber nur eine Vermutung meinerseits, dass das typische 420 Geräusch vom Getriebe und nicht von der elektrischen Ansteuerung kommt.

MBT Kuhl
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#15 Beitrag von MBT Kuhl »

Die Unterschiede könnten von der Belüftung her kommen. Die 420 haben keine Fahrmotorlüfter, sondern Lüfterräder auf der Motorwelle, wenn ich richtig informiert bin. Das reicht zur Kühlung bei einem zyklischen Betrieb und relativ geringer Leistung je Motor aus. Die Geräusche dürften von den Schleifkontakten kommen. Ähnliche Geräusche höre ich, wenn ich 140 oder 151 ohne Lüfter fahre. Sobald der Lüfter läuft, übertönt er die Geräusche des Motors. Die ET 472 und DT3 gaben sehr ähnliche Geräusche von sich.
Ich arbeite gern für meinen Konzern. Initiative für mehr Arbeit

Lukas Rothmann
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#16 Beitrag von Lukas Rothmann »

MBT Kuhl hat geschrieben: 24.03.2022 22:07:26Die Geräusche dürften von den Schleifkontakten kommen. Ähnliche Geräusche höre ich, wenn ich 140 oder 151 ohne Lüfter fahre. Sobald der Lüfter läuft, übertönt er die Geräusche des Motors. Die ET 472 und DT3 gaben sehr ähnliche Geräusche von sich.
Servus,
Meinst du so ein Geräusch wie hier im Video:

https://youtu.be/S8CVlHeSGuk

Dieses Geräusch hört man so beim 420 auch, es wird aber beim Anfahren meist vom charakteristischen Brummen übertönt.
Damit haben wir nun eine dritte Theorie warum er so klingt, wie er klingt...

Weiterhin interessierte Grüße

Lukas

Lukas Rothmann
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#17 Beitrag von Lukas Rothmann »

Servus,

In einer AEG Unterlage zum 420 von 1969 heißt es:

,,Um einen kleinstmöglichen Geräuschpegel am Motor zu erreichen, wurde erstmalig bei einem eigenbelüftetem Motor eine Druckbelüftung - statt der sonst üblichen Saugbelüftung - vorgesehen.
Der Lüfter im Motor ist neben dem Getriebe die wesentlichste Geräuschquelle des gesamten Systems."

Im Anschluss wird dann darauf eingegangen wie diese Druckbelüftung ausgeführt ist.

Das ist also wohl die Erklärung der Geräusche, denn
475, 4020, 420 und auch der 403 haben eigenbelüftete Fahrmotoren.

Grüße

Lukas

Sebastian Leonow
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Re: Elektrolok: Warum Anfahrgeräusch gestuft?

#18 Beitrag von Sebastian Leonow »

Getriebe- und Lüftergeräusch müssten sich dann aber gut differenzieren lassen. In Fahrt mit abgeschalteter Leistung sollte das Lüftergeräusch gleichmäßig bestehen bleiben (Motor und Lüfter drehen sich ja weiter), während das Getriebegeräusch beim Abschalten deutlich leiser wird (Drehmoment nimmt ab). Beim 420 kenne ich es genau so, dass der deutlich weniger heult wenn er nicht stark arbeiten muss (logisch eigentlich ;D )

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