Höchstgeschwindigkeit eines Güterzuges unter LZB

Fragen der echten Bahntechnik, Lokbedienung, PZB usw.
Antworten
Nachricht
Autor
Melvin
Beiträge: 477
Registriert: 11.11.2020 14:33:30

Höchstgeschwindigkeit eines Güterzuges unter LZB

#1 Beitrag von Melvin »

Moin,

ich hab mal ne Frage zur Höchstgeschwindigkeit eines Güterzuges.

Ich weiß, dass sich die Höchstgeschwindigkeit eines (Güter)Zuges ergibt durch:

Höchstgeschwindigkeit des langsamsten Fahrzeugs
Streckenhöchstgeschwindigkeit
Zugart (PZB)
Mindestbremshundertstel der Strecke.


Eigentlich geht es mir konkret um die "Parcel Intercity" Güterzüge, die ja heute noch mit Fahrplangeschwindigkeit 140km/h fahren.
Für 140km/h brauche ich, soweit ich weiß, von Harburg in Richtung Süden 141 Brh in Bremsstellung R/P.

Jetzt gibt es Containerwagen in Zusi, welche 140 laufen dürfen. Mit diesen erreicht man aber niemals die 141 Brh, die Wagen haben nur 100 Brh.
Damit darf der Zug dann auf dieser Strecke höchstens 120km/h fahren, da die Mbr in R/P dafür 100 betragen.

Darf dieser Zug nun ohne weitere Vorraussetzungen LZB geführt 140km/h fahren? Oder gibt es hier in der LZB noch
andere Faktoren, die die Höchstgeschwindigkeit beeinflussen?

Ein krasseres Beispiel wäre ja ein Zug, wo das langsamste Fahrzeug 120 fahren darf, der aber aufgrund von hohem Gewicht und einigen nicht beladenen Wagen in G fahren muss.
Sagen wir, er hat dann nur 80 Brh und dürfte dadurch aufgrund der Mbr für Bremsstellung G nur noch 80km/h fahren.

Darf dieser Zug dann unter LZB auch "einfach" 120 fahren?

Vielleicht kann mir das mal jemand genauer beleuchten. Oder mir vielleicht einen Tipp geben, wo ich im Regelwerk der DB Vorgaben dazu finden kann.

Grüße, Melvin

F(R)S-Bauer
Beiträge: 6281
Registriert: 09.11.2002 02:00:47

Re: Höchstgeschwindigkeit eines Güterzuges unter LZB

#2 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Hallo,

diese Züge hatten ursprünglich diese Wagen und durften m.W. auch ohne LZB 160Km/h fahren, da Sie wegen der EP Leitung und der hochwertigen Bremsausrüstung wie ein Personenzug bremsten. Allerdings gibt es immer wieder Züge, die lauftechnisch schneller könne als die Bremshunderstell hergeben. Hier kann die LZB in der Tat ein höher Vmax kommandieren, da die LZB von einer anderen Bremskurve ausgeht.

Die Bremshundestellgrenze rührt ja daher, dass ich als Tf nach Erkenne des Signales nur einen bestimmten Weg zum Bremsen habe, im allgemeinen 400/700/1000 m. Die LZB sieht weiter, kann als schon "2 Signale früher" mit dem Bremsen anfangen.

Ein vergleichbares Signalgestütes-Konzept gab/gibt es in Frankreich und in dem Versuchsprogramm mit den SK Signalen bei 200Km/h. Da wurde schon ein Signal früher auf unter 160Km/h gebremst, um den Bremsweg einzuhalten.

In D scheiterte das aber an Bedenken der Signalerkennung bei Nebel etc. sodass LZB ab 160Km/h zwingen wurde. Und damit wurde es möglich auch bei niedrigerer Geschwindigkeit die Bremswege einzuhalten, da ich auf elektrische Sicht fahre, wenn weniger Bremsleistung da ist. Aber, alle anderen Parameter für 120/140/...Km/h müssen erfüllt werden, also lauftechnisch wie auch lasttechnisch.

Soweit meine Kenntnisse, mit der bitte um Ergänzung.

Gruß


Ralf

Benutzeravatar
Joachim Günther
Beiträge: 167
Registriert: 23.01.2020 14:31:57
Aktuelle Projekte: TCP-Kopplung an Zusi
Wohnort: München

Re: Höchstgeschwindigkeit eines Güterzuges unter LZB

#3 Beitrag von Joachim Günther »

Die zugtechnisch maximal zulässige Geschwindigkeit eines LZB-geführten Zuges wird durch den Einstellwert der VMZ bestimmt.
Dieser Wert ist gemäß der Richtlinie 483.0113 der DB Netz AG der kleinste der nachfolgend aufgeführten Geschwindigkeitswerte und bei der Zugdateneingabe durch den Tf vorzuwählen:
- größte zulässige Geschwindigkeit im Fahrplan,
- zulässige Geschwindigkeit des Triebfahrzeuges,
- zulässige Geschwindigkeit des Wagenzuges (s.Bremszettel),
- Einschränkungen durch die baureihenspezifischen LZB-Einstelltabellen (Richtlinie 483.0110ff).

Während der Fahrt unter LZB-Führung ist die VMZ der größte Geschwindigkeitswert, auf den die LZB-Fahrzeugeinrichtung den Zug überwacht. Bei der Fahrt des Zuges unter PZB-Überwachung ist der VMZ-Wert ohne Relevanz. Dies wurde zu Anfang der 90er Jahren noch von der damaligen Deutschen Bundesbahn so entschieden, um in diesem Punkt ein unterschiedliches Systemverhalten zwischen PZB-Einrichtungen mit und ohne LZB-Funktionen zu vermeiden.

In den o.g. baureihenspezifischen LZB-Einstelltabellen sind sogenannte VMZ-Begrenzungswerte definiert, die abhängig sind von
- dem Bremsvermögen des Zuges (BRH-Wert, aus Brh),
- der Bremsart des Zuges (BRA-Wert, aus Bremsstellung),
- der proj. zul. Geschwindigkeit des Triebfahrzeugs.

Die VMZ-Begrenzungswerte berücksichtigen dabei auch, daß bei geringem Bremsvermögen und dadurch verursacht sehr langen Bremswegen eine thermische Überlastung des Bremssystems verhindert wird.

Zur oben gestellten Frage: Nach den LZB-Einstellltabellen ist bei einem Güterzug (BRA 2, Bremsstellung G); mit 80 Brh im Zug (BRH = 080) der VMZ-Begrenzungswert 140 km/h. D.h. er darf unter LZB-Führung, wenn die o.g. Kriterien im ersten Absatz erfüllt sind, mit einer Geschwindigkeit von 140 km/h verkehren.

PIC-Züge in Bremsstellung “R“ können gemäß Richtlinie 483.0110 hinsichtlich der LZB-Einstelltabellen einem Reisezug mit der Bremsstellung “R“ gleichgesetzt werden. Mit der eingestellten Bremsart (BRA = 9) sind dann auch höhere Geschwindigkeiten als 140 km/h möglich.
---------------------------
Joachim Günther

Melvin
Beiträge: 477
Registriert: 11.11.2020 14:33:30

Re: Höchstgeschwindigkeit eines Güterzuges unter LZB

#4 Beitrag von Melvin »

Danke für die Ausführungen!

Antworten