Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

Fragen der echten Bahntechnik, Lokbedienung, PZB usw.
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Lukas Rothmann
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#21 Beitrag von Lukas Rothmann »

Ja das ist klar, aber warum wird dann in der Ril 423 nicht differenziert?

Wir haben das unter den Azubis länger diskutiert, weshalb ich dann hier ins Forum geschrieben habe. Meinen Kollegen habe ich dann gestern diese Ril 423 unter die Nase gehalten, jetzt kommen die natürlich daher und sagen dass man dann Anfahrten auf freier Strecke auch melden müsste - das konnte ich jetzt nicht abstreiten...

Grüße

Lukas

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Michael Springer
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#22 Beitrag von Michael Springer »

„Fahren nach dem Stillstand eines Eisenbahnfahrzeuges in Richtung des Haltbegriffs ohne die Erlaubnis durch den Verantwortlichen.“
Naja, an jedem Ende der (freien) Strecke kommt irgendwann ein Sh0, Sh2, Hp0. Somit ist es immer ein Anfahren gegen Halt. Aber ob das dann eine sinnige Auslegung ist, wenn dieser Haltbegriff noch 10km entfernt ist, ist (für mich) eine andere Frage.

Nachtrag: Wie ist das dann, wenn ich einen Bü schlüsseln muss? Noch schlimmer, wenn ich eine BüBü-Kette schlüsseln muss? Muss ich dann nach der Definition jedes Mal den FDL kontaktieren? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das im Sinne dieser Vorschrift ist.
Zuletzt geändert von Michael Springer am 20.03.2021 22:04:10, insgesamt 1-mal geändert.

Lonestarr
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#23 Beitrag von Lonestarr »

Michael Springer hat geschrieben: 20.03.2021 21:56:44 Naja, an jedem Ende der (freien) Strecke kommt irgendwann ein Sh0, Sh2, Hp0. Somit ist es immer ein Anfahren gegen Halt. Aber ob das dann eine sinnige Auslegung ist, wenn dieser Haltbegriff noch 10km entfernt ist, ist (für mich) eine andere Frage.
Da läuft wohl jemand Gefahr, sich in seiner eigenen Spitzfindigkeit zu verheddern. Auf der freien Strecke gibt es im Prinzip kein Anfahren gegen ein Halt zeigendes Signal, allenfalls ein Überfahren desselben. Denn Grundsatz nach 408.2331 Abschnitt 1:
Ein Zug darf auf einem Bahnhof nur abfahren, wenn der Fahrdienstleiter zugestimmt hat.
Beachte aber nach unvorhergesehenem Halt auf freier Strecke 408.2571 Abschnitt 5:
Kann ein Zug nach Halt aus unvorhergesehenem Anlass weiterfahren, muss der Triebfahrzeugführer den Fahrdienstleiter, dem er das Halten mitgeteilt hat, von der beabsichtigten Weiterfahrt verständigen. Der Triebfahrzeugführer darf nur weiterfahren, wenn der Fahrdienstleiter der rückgelegenen Zugmeldestelle zugestimmt hat.
Gruß Thomas
Zuletzt geändert von Lonestarr am 20.03.2021 22:07:55, insgesamt 1-mal geändert.

Jan
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#24 Beitrag von Jan »

Carsten Hölscher hat geschrieben: 20.03.2021 20:38:38 Nein, hinter den Bk-/Esig ist immer ausreichend Abstand zum Gefahrpunkt.
Na ja, ein paar Ausnahmen davon gibt es ja schon.

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Ronny
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#25 Beitrag von Ronny »

Daß das Anfahren gegen das haltzeigende Block- oder Einfahrsignal kein gefährliches Ereignis ist, liegt aber nicht am ausreichenden Gefahrpunktabstand, sondern an der nicht erforderlichen Zustimmung für das Anfahren gegen diese Signale. Denn hinter einem Ausfahrsignal mit entsprechend langem Durchrutscheweg ist der Gefahrpunkt auch ausreichend weit entfernt. Trotzdem ist das Anfahren gegen den Haltbegriff ohne Zustimmung dort ein gefährliches Ereignis.

Es gibt nichts zu differenzieren und nichts auszulegen. Das Regelwerk ist eindeutig. Es ist halt nur nicht übersichtlich, weil es ein zusammengeschusterter Flickenteppich ist, der nicht prozeßorientiert ist, und an dem nur herumgedoktert wird. Das ganze betriebliche Regelwerk gehört in die Tonne gekloppt und neugeschrieben. Bis dahin müssen wir uns eben mal etwas konzentrieren und eins und eins zusammenzählen. Wenn es heißt „ohne die Erlaubnis durch den Verantwortlichen“, sollte vielleicht die nächste Frage lauten: „In welchem Fall ist denn eine Erlaubnis erforderlich?“
Thomas hat es schon angeschnitten.

Die Ril. 423 legt fest: Anfahrt gegen Haltbegriff ohne Zustimmung („Erlaubnis des Verantwortlichen“) ist ein gefährliches Ereignis.
Die Ril. 408 legt fest, wann eine Zustimmung erforderlich ist:
  • Zugfahrt
    • Abfahrt auf einem Bahnhof (408.0331 / 408.2331)
    • Ansetzen der unbeabsichtigt vom Zug getrennten, nicht gekuppelten Schiebelok (408.0441 / 408.2441)
    • Vorziehen (408.0455 / 408.2455)
    • Abfahrt (also Beginn, z. B. auf Awanst) Sperrfahrt auf freier Strecke (408.0481 / 408.2481)
    • Abfahrt am Ende einer Stichstrecke (nur in besonderen Fällen; 408.0487 / 408.2487)
    • Vorziehen als Rangierfahrt, wenn es für eine Kreuzung oder Überholung notwendig ist und im Betriebsstellenbuch bzw. Streckenbuch zugelassen ist (408.0488 / 408.2488)
    • Weiterfahrt nach Halt aus unvorhergesehenem Anlaß (wenn Hilfe angefordert wurde, müssen beide benachbarten Zugmeldestellen zustimmen) (408.0571 / 408.2571)
    • Weiterfahrt wenn der Zug wegen drohender Gefahr angehalten wurde (408.0581 / 408.2581)
  • Rangierfahrt
    • vor dem Bewegen von Fahrzeugen allgemein (außer in bestimmten Fällen, z. B. Ortsstellbereiche) (408.4813)
    • Vorziehen eines Zuges als Rangierfahrt, wenn es für eine Kreuzung oder Überholung notwendig ist und im Betriebsstellenbuch bzw. Streckenbuch zugelassen ist (408.4812)
Es gibt dann natürlich noch die Fälle, wo ohne Zustimmung schon eine bestimmte Entfernung auf Sicht zurückgelegt werden darf sowie andere Sonderfälle (z. B. Fahrtrichtungswechsel beim Rangieren).

Vor allem (aber nicht nur) beim Rangieren ist zu beachten: „Haltbegriff“ ist nicht nur die rote Glühbirne und dergleichen, sondern auch eine andere Stelle, an der nach mündlichem oder schriftlichem Auftrag zu halten ist. Wird also bei der Verständigung das Bereitstellen am Bahnsteig vereinbart und der Tf fährt über den Bahnsteig hinaus bis an das nächste Signal, ist das eine unzulässige Vorbeifahrt am Haltbegriff und damit ein meldepflichtiges gefährliches Ereignis.
Beispiel Zugfahrt: Befehl 8, nicht angehalten, weil „die Schranken waren doch alle geschlossen“ → gefährliches Ereignis, meldepflichtig.

F. Lehmann
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#26 Beitrag von F. Lehmann »

Auch immer wieder "gern genommen": das Signal El 6.
Ein El 6 ("Halt für Fahrzeuge mit gehobenem Stromabnehmer") ist ein Haltbegriff, gültig für Zug- und Rangierfahrten, wobei Zugfahrten zugegebenermaßen aufgrund ihrer Geschwindigkeit meistens nicht mehr die Chance haben, nach Wahrnehmen dieses Signals auch noch rechtzeitig vor selbigem anzuhalten (jüngstes, prominentes Beispiel: Hergatz). Daher wird solch ein Vorfall meist auch nicht als Verfehlung des Tf gewertet, sondern hier liegt eine betriebliche Fehlhandlung des Fdl zugrunde, der einen unzulässigen Fahrweg für diese Fahrt gewählt hat.

F. Lehmann
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#27 Beitrag von F. Lehmann »

Ronny hat geschrieben: 21.03.2021 05:54:58 liegt aber nicht am ausreichenden Gefahrpunktabstand, sondern an der nicht erforderlichen Zustimmung für das Anfahren gegen diese Signale. Denn hinter einem Ausfahrsignal mit entsprechend langem Durchrutscheweg ist der Gefahrpunkt auch ausreichend weit entfernt.
Jein. Hinter einem Ausfahrsignal hast du unter Umständen auch gar keinen D-Weg, und der Gefahrpunkt ist bereits kurz hinter dem Signal.
Weil ein D-Weg muss da erstmal vorhanden im Sinne von eingestellt und gesichert sein.
Wohingegen der Gefahrpunktabstand "immer da" ist, ohne dass der Fdl erst etwas einstellen muss. Daher ja auch die zwei verschiedenen Begriffe für eine auf den ersten Blick gleiche Sache.

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Denis Schmidt
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#28 Beitrag von Denis Schmidt »

Ja, auch ich stand schon mehrmals genau vor dieser Frage. Der Austausch mit dem Fachautor der 408 ergab damals Folgendes:
Fachautor hat geschrieben:Nach den Regeln in 408.4813 Abschnitt 1 Absatz (1) a) muss der Triebfahrzeugführer, bevor Fahr­zeuge bewegt werden, den Weichenwärter über Ziel, Zweck und Besonderheiten der Fahrzeugbewe­gung verständigen.

Der Zweck der Fahrzeugbewegung ergibt sich normalerweise aus dem Ziel, so dass der Zweck (das ist das Rangieren an sich, also das Bewegen von Fahrzeugen im Bahnbetrieb, ausgenommen das Fahren der Züge) oft nicht genannt werden muss.
Das Bewegen der Fahrzeuge ist folglich der eigentliche Zweck. Trotzdem ist es wichtig, wenn der Weichenwärter weiß, was der Triebfahrzeugführer beab­sichtigt, warum er die Fahrzeuge bewegt, z. B. Abstellen von Fahrzeugen,
aus denen später ein be­stimmter Zug gebildet werden soll, oder Abholen von Fahrzeugen aus einem Gleis (Ziel), um sie in einem anderen Gleis (Ziel) für einen Zug bereitzustellen.

Beabsichtigt der Triebfahrzeugführer, während einer Fahrt, der der Weichenwärter zu­stimmen soll und deren Ziel der Weichenwärter kennt, anzuhalten,
muss er diese Absicht (den Zweck) dem Wei­chenwärter bei der Verständigung nach 408.4813 Abschnitt 1 Absatz (1) a mitteilen.

Es ist auch möglich, die Verständigung des Weichenwärters über den beabsichtigten Halt als Beson­derheit einzuordnen, über die der Triebfahrzeugführer den Weichenwärter ebenfalls verständigen muss.
Da der Weichenwärter der Fahrzeugbewegung zugestimmt hat, ist eine erneute Zustimmung nicht erforderlich, anders als beim Wechsel der Fahrtrichtung nach 408.4813 Abschnitt 3 Absatz (3) a), wo diese grundsätzlich vorgeschrieben ist.

Ist das Anhalten zunächst nicht beabsichtigt und daher nicht bekannt (und das ist der Kern Ihrer Frage), darf der Triebfahrzeugführer auch anhalten.
Muss nun der Triebfahrzeugführer den Weichenwärter nachträglich über die eingetretene Änderung des Zwecks oder über die Besonderheit verständigen?

Ja, er muss den Weichenwärter verständigen, denn er will, nachdem der Zweck des Anhaltens erle­digt ist, weiterfahren und würde nach dem Stillstand in Richtung eines Haltbegriffs fahren. Das darf er nur mit Erlaubnis (Zustimmung) des Weichenwärters.
Das fordern die von Ihnen erwähnten Regeln aus 123.0180A01, Punkt 3.1.2. Sie haben diese Textstelle zitiert und der Sachverhalt trifft - entgegen Ihrer Vermutung - zu.

Nach 408.4841 Abschnitt 6 Absatz (1) ist Rangieren verboten wenn eine Zugfahrt gefährdet werden kann. Der Weichenwärter muss, bevor er einer Fahrzeugbewegung zustimmt, feststellen, ob die be­absichtigte Bewegung keine Zugfahrt gefährdet.
In örtlichen Zusätzen oder in einer Betra sind die während einer Zugfahrt geltenden Rangierverbote, in 408.4813 Ausnahmen genannt.
Hat der Weichenwärter einer Fahrzeugbewegung zugestimmt, muss er beachten, dass eine Zugfahrt, die durch das Rangieren gefährdet werden könnte, nicht zugelassen werden darf.
Er muss folglich feststellen können, dass die von ihm zugelassene Fahrzeugbewegung mit oder ohne Anhalten been­det ist. Oder er muss nach 408.4841 Abschnitt 6 Absatz (2) als Mitarbeiter, der den Fahrweg prüft anordnen, dass die Fahrzeugbewegung eingestellt wird.

Hält der Triebfahrzeugführer die Rangierfahrt an, ohne dass er dies dem Weichenwärter bei der Ver­ständigung nach 408.4813 Abschnitt 1 Absatz (1) a mitgeteilt hat, könnte der Weichenwärter die Fahrzeugbewegung als beendet annehmen
und z. B. als Mitarbeiter, der den Fahrweg prüft, eine Zugfahrt zulassen, die dann von der ohne seine Zustimmung weiterfahrenden Rangier­fahrt gefährdet werden könnte.

Man könnte einwenden, dass ein kurzzeitiges Halten die Fahrzeugbewegung unwesentlich unter­bricht und der Weichenwärter die Rangierfahrt nicht als beendet ansehen muss.
Es könnte auch z. B. sein, dass eine Rangierfahrt zu früh hält und zwingend weiterfahren muss, weil sie die Stelle im Gleis noch nicht erreicht hat, bis zu der wegen des Wechsels der Fahrtrichtung (408.4815 Abschnitt 17 Absatz (2)) zu fahren ist.

Zurzeit schreiben die Regeln 408.48 nicht vor, dass der Triebfahrzeugführer, nachdem er angehalten hat, nur mit erneuter Zustimmung des Weichenwärters weiterfahren darf.
Der Triebfahrzeugführer kennt die Regeln aus 123.0180A01, Punkt 3.1.2 nicht. Eine Regel muss eindeutig und darf nicht an Bedingungen oder Zeitspannen geknüpft sein.


Wir beabsichtigen voraussichtlich mit einer der nächsten Aktualisierungen, in 408.4813 Abschnitt 3 (Zustimmen) Absatz (3) a) eine Regel zu geben, die das Verhalten des Triebfahrzeugführers in diesem Fall bestimmt:
a) Beim Wechsel der Fahrtrichtung oder wenn der Triebfahrzeugführer die Fahrzeugbewe­gung unterbrochen hat, ist für die Weiterfahrt stets eine neue Zustimmung erforder­lich, soweit der Triebfahrzeugführer den Weichenwärter nicht bei der Verständigung über das Anhalten unterrichtet hat.
Zweite Mail zum Thema:
Fachautor hat geschrieben:Ich hatte heute erneut ihre Anfrage auf dem Schirm und mir sind hierbei im Nachgang Zweifel an meiner Vorgehensweise (siehe Mail vom 28.01.2020) gekommen.
Ich hatte Ihnen z.B. geschrieben, dass in dem Fall, dass der Triebfahrzeugführer (Tf) im Rahmen der Zweck-Mitteilung oder der Besonderheiten dem Weichenwärter (Ww) einen Halt mitteilen kann,
und dass dann in Folge keine erneute Zustimmung gegeben werden müsste.

Das jedoch kann so aber nicht bestehen bleiben, weil dann die neue Regel nicht mehr stimmig wäre, die leider keinen Unterschied zwischen einzelnen Halten macht.
Es wäre aber absurd, wenn der Tf dem Ww mitteilt, dass er die Fahrzeugbewegung unterbricht, um z. B. einen Rangierbegleiter aufzunehmen oder um Begleitpapiere abzugeben,
er dann nach dem Halt wieder die Zustimmung des Ww benötigte.

Ich bin deshalb am überlegen, ob man nicht mit der Regel in Richtlinie 123 eine Übereinstimmung finden kann, wenn man sagt, dass eine Zustimmung des Ww gilt, bis die Fahrzeugbewegung beendet ist,
ganz gleich, ob und wenn ja, wie oft gehalten wird; denn wenn der Ww eine erneute Zustimmung gäbe, änderte das auch nichts an dem ursprünglichen Zustand, dass sich die Fahrzeuge bewegen.
Er müsste immer, wenn er in der Rolle als Fahrdienstleiter eine Zugfahrt zulassen wollte und die vorher zugestimmte Fahrzeugbewegung durch das Rangieren würde diese Zugfahrt gefährden können,
feststellen, ob die Fahrzeugbewegung beendet ist.

Vielleicht ist es besser, wenn man das Unterbrechen der Fahrzeugbewegung durch den Tf nicht melden lässt. Aber zur Erhöhung der Eindeutigkeit müsste ich dann in 408.4841 Abschnitt 6 Absatz (2) eingreifen,
indem ich dem Mitarbeiter, der den Fahrweg prüft vorschreiben, dass er nicht nur gefährdende Fahrzeugbewegungen einstellen lässt, sondern dass er auch feststellt, ob "noch" gefährdende Fahrzeugbewegungen stattfinden.
Die neue Regel könnte dann z. B. lauten

Der Mitarbeiter, der den Fahrweg prüft, muss feststellen, ob gefährdende Fahrzeugbewegungen stattfinden und - wenn dies der Fall ist - anordnen, dass diese Fahrzeugbewegungen einstellt werden.
Der Triebfahrzeugführer oder beauftragte Rangierbegleiter muss bestätigen, dass die gefährdenden Fahrzeugbewegungen einstellt sind. Das Rangieren darf erst fortgesetzt werden, wenn der Mitarbeiter, der den Fahrweg prüft, zugestimmt hat.


Damit hätte ich mit dieser neuen Regel sichergestellt, dass der Ww (Fahrwegprüfer) nicht "einfach so" annehmen kann, dass die Fahrzeugbewegung beendet ist. Es wäre dann belanglos,
ob die Fahrzeugbewegung an einem Stück oder in mehreren Etappen stattfände.

Des Weiteren hätte die neue Regel den Vorteil, dass das Halten (zu welchem Zweck auch immer) grundsätzlich erlaubt ist.

Ein Problem bliebe noch nach Richtlinie 123 übrig; denn dort ist die Rede von "Fahren nach dem Stillstand eines Eisenbahnfahrzeugs in Richtung des Haltbegriffs ohne Erlaubnis durch den Verantwortlichen".
Hierzu könnte ich aber argumentieren, dass das Fahrzeug zwar gehalten hat (Stillstand), dass aber immer eine Erlaubnis vorliegt, wenn auch nicht nach dem neuen Halten.
Aber die Prüfung, ob es eine gefährdende Bewegung sei, ist vorher vollzogen worden. Und durch die neue Regel hätte ich dafür gesorgt, dass der Fahrwegprüfer verpflichtet wird festzustellen,
dass keine gefährdende Bewegung (mehr) stattfindet. Es macht mir ganz einfach Sorge, wenn ich anordne, dass immer gemeldet werden muss und ich sehr wohl weiß, dass das in der Praxis fast nicht möglich ist und deshalb nicht gemacht wird.

Fazit: Die neue Regel erhöht nicht nur das Sicherheitsniveau beim Rangieren, sondern erfüllt die heutigen praktischen Erfordernisse im Rangierbetrieb

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nobbse
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#29 Beitrag von nobbse »

Ich lach mich schlapp.
Der Mitarbeiter, der den Fahrweg prüft, muss feststellen, ob gefährdende Fahrzeugbewegungen stattfinden und - wenn dies der Fall ist - anordnen, dass diese Fahrzeugbewegungen einstellt werden.
Der Triebfahrzeugführer oder beauftragte Rangierbegleiter muss bestätigen, dass die gefährdenden Fahrzeugbewegungen einstellt sind. Das Rangieren darf erst fortgesetzt werden, wenn der Mitarbeiter, der den Fahrweg prüft, zugestimmt hat.
Damit hätte ich mit dieser neuen Regel sichergestellt, da......
Und der sog. Fachautor hat die Chuzpe das als neue Regel zu bezeichnen? Das stand vor 60 Jahren schon so in der 408. Wenn jetzt der „Fachautor“ noch die Erkenntnis hat, dass ja nicht auf allen Gleisen in einem Bahnhof eine Gefährdung für Zugfahrten vorliegt, dann hat er sein Geld verdient. Rangiert wird auf Sicht! Das reicht doch! (Hurra, das Rad ist erfunden. Wir können endlich Eisenbahn fahren)
Wenn man die heutigen Richtlinien mal mit den Regeln der alten Bundesbahn so vergleicht, hat sich bei mir schon früh der Verdacht ergeben, dass man den Mitarbeitern der DB AG jegliche Kompetenz in Sachen eigenverantwortlichem Denken und Handeln abspricht. Jede noch so kleine Handlung muss „verichtinient“ werden.
Was einem zu Bedenken geben muss ist doch schon alleine die Schilderung vom Threadersteller. Da will man tatsächlich einen Lokführer vom Bock holen, der nach Abstellung seines Wagenparks mit der Lok 3 Meter vorgefahren ist. Ne ne, kein Wunder das dass heute mit der Eisenbahn nicht funktioniert.
Traurige Grüße
Norbert

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Denis Schmidt
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#30 Beitrag von Denis Schmidt »

Vollste Zustimmung.

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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#31 Beitrag von Frisca »

nobbse hat geschrieben: 22.03.2021 05:16:39 Da will man tatsächlich einen Lokführer vom Bock holen, der nach Abstellung seines Wagenparks mit der Lok 3 Meter vorgefahren ist.
Wobei das ja explizit ohne Zustimmung erlaubt ist (nach dem Entkuppeln geringfügig vorziehen, so dass die Fahrzeuge getrennt stehen).

Lukas Rothmann
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#32 Beitrag von Lukas Rothmann »

In diesem Fall war es nicht zum Kuppeln oder Entkuppeln

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Frank Wenzel
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#33 Beitrag von Frank Wenzel »

Ronny hat geschrieben: 21.03.2021 05:54:58...Es gibt nichts zu differenzieren und nichts auszulegen. Das Regelwerk ist eindeutig. Es ist halt nur nicht übersichtlich, weil es ein zusammengeschusterter Flickenteppich ist, der nicht prozeßorientiert ist, und an dem nur herumgedoktert wird. Das ganze betriebliche Regelwerk gehört in die Tonne gekloppt und neugeschrieben. Bis dahin...
Ist denn da in irgendeiner Form intern etwas im Gange, um da radikal gegenzusteuern, wie du es formulierst? Ich vermute, das lässt sich gar nicht mehr ändern, ohne den Bahnbetrieb für Monate stillzulegen, bis alle ein von Grund auf neues Regelwerk auch nur halbwegs anwenden können. Wenn ich als Laie die Erläuterungen des Fachautors lese, die hier gezeigt wurden, kann einem echt Angst und Bange werden :angst
Gruß ins Forum, Frank - www.zusi-sk.eu - Youtube

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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#34 Beitrag von nobbse »

Ne, lässt sich in der jetzigen Unternehmensstruktur wohl leider nicht mehr ändern. Von wem auch? Kritische Mitarbeiter wurden ja systematisch Mitte der 90 ausgetauscht oder raus gemobbt (gab’s das Wort damals schon?) und fanden sich bei DB Arbeit (oder DB Vermittlung, JobService, DB Zeitarbeit, oder wie das auch immer im laufe der Jahre umbenannt wurde)
Erfahrene und gestandene Eisenbahner fanden sich plötzlich beim Verteilen von Mülleimern bei den Kommunen wieder. Oder Angestellte und Arbeiter wurden zu dubiosen schnell gegründeten Übernahmegesellschaften versetzt. Arbeitsangebot nannte man das. Drei Jahre Lohnsicherung, danach arbeiten für 40% weniger Lohn. Musste man nicht annehmen, betriebsbedingte Kündigung war dann die Folge. Ich habe bei meiner damaligen Tätigkeit bei der Sozialverwaltung Mitte (ja ich konnte mich Gott sei Dank rechtzeitig zum BEV absetzen, und selbst da ging’s irgendwann los) viel dieser Schicksale haunah miterleben müssen. Die „Eisenbahnerfamilie“ wurde mit System zerschlagen. Neue und weniger kostenintensive Mitarbeiter gesucht. Neue Regeln geschrieben um sie bei der Stange zu halten. Die internen Stellenausschreibungen hatten den Seitenumfang einer Bedienungsanleitung einer Lok. 90% der Ausschreibungen endeten mit: Qualifikation: Hochschulabschluss. Damit ja kein alter Eisenbahner auf die Idee kam sich da zu bewerben. Existenzielle eisenbahntypische Tätigkeiten wurden ausgelagert. (Der Markt wird’s schon richten)
Die heutigen Mitarbeiter müssen übermenschliches Leisten um das System Bahn noch am laufen zu halten. Und das ganz ohne Unterstützung von „Oben“. Und damit meine ich auch explizit unsere Politik. Ich habe ehrlichen Respekt vor Denen die sich das tagtäglich antun. Aber sie kennen es ja nicht anders. Die wenigen „Alten“ die noch da sind haben vermutlich vor dem System resigniert, und arbeiten die paar Jahre bis zur Rente Ihren Pflichtteil ab. Das „Jeder für Jeden“ der Eisenbahnfamilie gibt es vermutlich vereinzelt noch, ist aber eher selten geworden.
Kleine Anekdote am Rande:
Ein Fdl gibt über Lautsprecher den Reisenden am Bahnsteig eine gerade erhaltene Information über Zugverspätung bekannt. Der zufällig anwesende Netzbetriebsleiter stürmt wutentbrannt ins Stellwerk und macht den Fdl zur Schnecke. Er solle das gefälligst unterlassen. Das sei Sache von S&S die würden schließlich dafür bezahlt und nicht wir.
Ja ich war nicht dabei, wurde mir so zugetragen, aber ich zweifelte keinen Moment an dem Wahrheitsgehalt.
Gruß
Norbert

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Ronny
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#35 Beitrag von Ronny »

F. Lehmann hat geschrieben: 21.03.2021 09:09:23 Jein. Hinter einem Ausfahrsignal hast du unter Umständen auch gar keinen D-Weg, und der Gefahrpunkt ist bereits kurz hinter dem Signal.
Frank, die Frage war:
Lukas Rothmann hat geschrieben: 20.03.2021 20:22:02 muss man dann nicht eigentlich wenn man es ganz genau nimmt auch Anfahrten auf freier Strecke melden? Das ist ja erlaubt.
Habe mir die 423 mal durchgeschaut, da fand ich jetzt keinen Hinweis darauf, dass das nur in Bahnhöfen gemeldet werden muss.
Und das ist ganz einfach: Im Bahnhof benötigt man eine Zustimmung, auf der freien Strecke benötigt man keine Zustimmung für die Anfahrt gegen das haltzeigende Signal. Es steht nirgends etwas von Gefahrpunktabstand. Die Ril. 423 sagt „Erlaubnis durch den Verantwortlichen.“ Die ist einfach nicht erforderlich auf der freien Strecke. Deswegen darf man dort ohne zu fragen gegen das haltzeigende Bksig/Dksig/Esig anfahren. Deswegen habe ich ja diese lange Liste aufgeführt, wo eine Zustimmung erforderlich ist.

Womöglich zielte Carstens Antwort darauf ab, daß man diese Regeln so geschaffen hat wegen dem Gefahrpunktabstand. Dann bin ich selbstverständlich voll dabei. Wenn ich aber eine Fdl-Prüfung durchführe und frage „Warum ist das Anfahren gegen das haltzeigende Hauptsignal auf freier Strecke ohne die Zustimmung des Fdl kein gefährliches Ereignis?“, will ich nicht hören: „Weil der Gefahrpunktabstand ausreichend lang ist.“ Sondern ich will hören: „Weil auf freier Strecke gar keine Zustimmung des Fdl erforderlich ist, um gegen ein haltzeigendes Hauptsignal anzufahren.“

Da haben wir wohl aneinander vorbeigeschrieben.


Fachautor hat geschrieben:
Greulich. Einfach nur greulich. Mehr schreibe ich dazu lieber nicht, sonst kommt in mir wieder der Rangierer durch …


nobbse hat geschrieben: 22.03.2021 05:16:39 Wenn man die heutigen Richtlinien mal mit den Regeln der alten Bundesbahn so vergleicht, hat sich bei mir schon früh der Verdacht ergeben, dass man den Mitarbeitern der DB AG jegliche Kompetenz in Sachen eigenverantwortlichem Denken und Handeln abspricht. Jede noch so kleine Handlung muss „verichtinient“ werden.
Ich schaue immer gerne nach Österreich. Die Betriebsvorschrift (deren Gegenstück zu unserer FV) ist deutlich einfacher gehalten und um ein Vielfaches dünner. Einige Regeln, die bei uns in der FV zu finden sind, hat man in Österreich zwar in anderen Vorschriften angesiedelt. Trotzdem übertreiben die es nicht so. Deren Signalbuch ist ein weiteres Beispiel dafür. Soll heißen: Es geht also auch auf die einfache Art, ohne daß es draußen gleich regelmüäßig klappert. Aber dazu müssen auch die übrigen Bedingungen im System stimmen (regelmäßige Fortbildung, Bewußtsein der Mitarbeiter über die Auswirkung jeder einzelner ihrer Handlungen usw.), und da sind wir auch nicht unbedingt auf dem Siegertreppchen vertreten …
Hierzulande vermute ich den Grund eher in der eigenen Absicherung, um nach einem Ereignis sagen zu können: „Wir haben etwas geregelt.“ Das nennt man auch Aktionismus. Und das liegt einerseits daran, daß man Angst vor juristischen Auseinandersetzungen hat. Andererseits liegt das auch am EBA, weil von dort regelmäßig entsprechende Forderungen kommen, die fernab von jeglicher Realität sind. Man hat sich wieder einmal verrannt. Das schaffen wir hier in Deutschland ja regelmäßig; im Großen wie im Kleinen. Plus: Man will sich natürlich reinwaschen von der Verantwortung für Unfälle. Das wird aber nicht ewig funktionieren, wenn man das Regelwerk immer komplexer macht. Und hier kommt dann wieder die gute Seite des EBA: Denn das hat man auch dort schon mitbekommen und teilweise angesprochen. Nur eben noch zu zögerlich. Wie man sieht, ist das alles also etwas komplexer. Und bloß daran herumzudoktern wird uns nicht weiter bringen.
Andererseits: Man sieht doch jeden Tag, daß die geistigen Leistungen in der Gesellschaft tatsächlich abnehmen. Klar, wenn man nur noch vor Candycrush und Netflix sitzt. Dann muß man eben Regeln schaffen wie für Bekloppte.
nobbse hat geschrieben: 22.03.2021 05:16:39 Da will man tatsächlich einen Lokführer vom Bock holen, der nach Abstellung seines Wagenparks mit der Lok 3 Meter vorgefahren ist.
Und wo setzt du die Grenze? Drei Meter fuffzich? 13 Meter? 300 Meter? Der Fdl sieht, daß sich ein Zug oder eine Rangierfahrt ohne seine Zustimmung in Richtung eines haltzeigenden Signals in Bewegung setzt. Soll er jetzt warten, ob der vielleicht gleich wieder anhält? Ach, geben wir ihm noch einen Meter. Naja, vielleicht hält er ja gleich an. Komm, einen Meter kriegt er noch – möglicherweise bremst der Wagenzug etwas schlechter. Und schon ist es zu spät. Nein, der Tf hat die Zustimmung einzuholen und fertig. Der drückt eine Taste und hat den Fdl am Hörer. Das kann ja wohl nicht so schlimm sein.
Zumal gar nicht die Rede war von „vom Bock holen“. Bei Anfahrt gegen ein haltzeigendes Signal ist es durchaus kein Einzelfall, daß man den Tf weiterfahren läßt, wenn er einsichtig ist und in der Lage ist, weiterzufahren. Das ist eine Entscheidung, die von Fall zu Fall getroffen werden muß. Zweck meiner Aussage war nur, deutlich zu machen, daß der Notfallmanager das EVU überstimmen darf, wenn er Zweifel an der Fahrtauglichkeit des Mitarbeiters hat. Denn wenn der Tf nun bspw. so aufgebracht ist, daß seine Konzentration eingeschränkt ist, überfährt er womöglich das nächste haltzeigende Signal oder die nächste H-Tafel oder beschleunigt zu zeitig oder was auch immer. Dann müssen sich EVU sowie EIU Fragen gefallen lassen, denn deren Verantwortung ist es nicht nur, ihn abzuwatschen, sondern die haben auch eine Fürsorgepflicht.

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Achim Adams
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#36 Beitrag von Achim Adams »

Jetzt mal ganz abseits der Regelwerke frage ich mich wo um alles in der Welt das Problem ist, zum Hörer zu greifen, den Fdl/Ww anzurufen und diesen um sein Ansinnen zu unterrichten? Wir haben heute GSM-R, auch im Rangierfunk! Wir müssen keinen Antrag in dreifacher Ausfertigung stellen, wir müssen uns auch nicht mehr vom Fräulein vom Amt umständlich vermitteln lassen! Wir reden ganz einfach miteinander, und teilen Ziel, Zweck und Besonderheiten mit! Wenn wir (warum auch immer) zwischendurch anhalten müssen, dann teilen wir das ganz einfach mit! Entweder schon in der Rangiervereinbarung, ansonsten rufen wir eben nochmals an! Wo ist denn da das Problem bei? Lieber rufen wir zehnmal zuviel an, als einmal zuwenig! Im Gegenzug ruft der Fdl/Ww während der Rangierbewegung doch auch dreimal an weil ihm noch was unter "Besonderheiten" eingefallen ist!

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Carsten Hölscher
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#37 Beitrag von Carsten Hölscher »

Wenn ich aber eine Fdl-Prüfung durchführe und frage „Warum ist das Anfahren gegen das haltzeigende Hauptsignal auf freier Strecke ohne die Zustimmung des Fdl kein gefährliches Ereignis?“, will ich nicht hören: „Weil der Gefahrpunktabstand ausreichend lang ist.“ Sondern ich will hören: „Weil auf freier Strecke gar keine Zustimmung des Fdl erforderlich ist, um gegen ein haltzeigendes Hauptsignal anzufahren.“
Diese Erwartungshaltung kann der prüfling aus der Frage aber nicht raushören. Ich finde die Antwort mit dem Gefahrpunktabstand sinnvoller, weil man da merkt, dass derjenige nicht nur die Tabelle auswendig gelernt, sondern sogar verstanden hat, warum das so ist.

Carsten

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Jens Strumberg
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#38 Beitrag von Jens Strumberg »

Ein "Warum" wird häufig weder gelehrt, noch in der Prüfung gefragt. Damit steht es nicht im Lehrplan. Das ist aus meiner Sicht wirklich schade, ich selbst lege viel Wert darauf, an den entsprechenden Stellen das nötige Hintergrundwissen zu vermitteln. Eine Regel wird eher angewendet, wenn die Person verstanden hat, wieso diese Regel im dicken grauen Buch existiert. Ein Unfall der jüngeren Geschichte wäre bestimmt nicht passiert, wenn beteiligte Personen gewusst hätten, wieso und wann bei Gleisfreimeldeanlagen mit Achszählern eine erschwerte Grundstellung wirkt und wie die Regelfortschaltung einer Zugnummernmeldeanlage funktioniert. Denn dann hätten sie sich garantiert an ihr gültiges Regelwerk gehalten.
Viele Grüße
Jens

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Ronny
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#39 Beitrag von Ronny »

Das sehe ich auch so, deswegen habndhabe ich das ebenfalls so.

Diese Erwartungshaltung kann der prüfling aus der Frage aber nicht raushören. Ich finde die Antwort mit dem Gefahrpunktabstand sinnvoller, weil man da merkt, dass derjenige nicht nur die Tabelle auswendig gelernt, sondern sogar verstanden hat, warum das so ist.
Daß keine Zustimmung notwendig ist, sollte der Prüfling durch seine Ausbildung wissen; dementsprechend kennt er die Antwort.
Es ist nicht Bestandteil der Prüfung, zu fragen, wie die Regelung zustande kam. Der Zeitrahmen einer Prüfung ist sehr knapp bemessen. Da gibt es weit wichtigere Regeln, über die man Hintergrundwissen abfragen kann, als darüber warum etwas nicht notwendig ist.

F. Lehmann
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Re: Als Rangierfahrt gegen Halt anfahren

#40 Beitrag von F. Lehmann »

Jens Strumberg hat geschrieben: 25.03.2021 22:28:43 Eine Regel wird eher angewendet, wenn die Person verstanden hat, wieso diese Regel im dicken grauen Buch existiert.
Meine Rede!

Nur leider kenne ich halt auch nicht von jeder auf den ersten Blick unsinnig erscheinenden Regel den Hintergrund.

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