Ausführung der Bremsprobe und Praxisbeispiel

Fragen der echten Bahntechnik, Lokbedienung, PZB usw.
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Luxx
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Ausführung der Bremsprobe und Praxisbeispiel

#1 Beitrag von Luxx »

Hallo zusammen,

ich schreibe derzeit eine Abschlussarbeit zum Thema Automatische Bremsprobe bei Güterzügen. Dazu gehört natürlich auch der obligatorische Blick über den Tellerrand, in dem Fall zum Personenverkehr.

Laut Ril 915.0101 Abschnitt 5 Absatz 2 gibt es drei verschiedene Ausführungsformen der Bremsprobe:
  • manuell: Bremse wird manuell bedient, Prüfung und Auswertung der Ergebnisse erfolgt manuell
  • benutzergeführt / automatisiert: Bremse wird manuell bedient (nach Aufforderung durch Benutzerführung), Prüfung und Auswertung erfolgt automatisch
  • automatisch: Bremse wird automatisch bedient, Prüfung und Auswertung erfolgt ebenfalls automatisch
Mangels passender Einblicke wäre ich sehr dankbar, wenn jemand aus der Praxis für jede der Ausführungsformen 1-2 Beispiele für Baureihen (im Personenverkehr) geben könnte die mit der entsprechenden Technik ausgerüstet sind :)

Laut Fachliteratur verfügen u.a. der ICE 4 sowie einige Triebzüge im Regional- oder S-Bahn-Verkehr über eine indirekt wirkende Druckluftbremse als Rückfallebene. Gibt es jemanden der weiß, wie hier auf der technischen Ebene die einzelnen Prüfschritte (Bremse liegt an / gelöst) geprüft werden? Kraftsensorgen am Gestänge / Bremszange, C-Druck am Bremszylinder auswerten, ...?

Gibt es im Personenverkehr noch Zugverbände (von historischen Fahrzeugen mal abgesehen) die rein manuell (ggf. über Bremsanzeigeeinrichtung) geprüft werden? Wie wird die Bremsprobe bei einer klassischen Kombination Br 146 + Dosto ausgeführt?

Herzlichen Dank im voraus, sollte jemand Zeit und Lust haben mir ein bisschen Input zu geben :)

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Carsten Hölscher
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Re: Ausführung der Bremsprobe und Praxisbeispiel

#2 Beitrag von Carsten Hölscher »

benutzergeführt haben viele (alle?) aktuelle Triebwagen wie z.B. Kiss, Flirt, Lint.

Carsten

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Achim Adams
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Re: Ausführung der Bremsprobe und Praxisbeispiel

#3 Beitrag von Achim Adams »

Bei einzelnen Bauserien des Lint ist nach der benutzergeführten Bremsprobe noch eine manuelle Bremsprobe unter Beachtung aller Manometer bzw. Schauzeichen fällig. Ebenso bei einzelnen Bauserien wird nach kuppeln eine manuelle (vereinfachte) Bremsprobe durchgeführt.

Das Thema insgesamt ist vielschichtig, weil hier Regularien der VDV, der Ril 915, Herstellervorgaben, sowie Regelwerke der EVU fließend ineinander übergehen. Was bei einer Bauserie des einen Fahrzeugs bei EVU A gilt, muss nicht zwingend bei EVU B gelten, bzw. bei anderen Bauserien gelten.

F. Lehmann
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Re: Ausführung der Bremsprobe und Praxisbeispiel

#4 Beitrag von F. Lehmann »

Luxx hat geschrieben: Gibt es im Personenverkehr noch Zugverbände (von historischen Fahrzeugen mal abgesehen) die rein manuell (ggf. über Bremsanzeigeeinrichtung) geprüft werden?
Das müsste zum Beispiel bei jedem "normalen" InterCity der Fall sein.

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Achim Adams
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Re: Ausführung der Bremsprobe und Praxisbeispiel

#5 Beitrag von Achim Adams »

Kommt halt darauf an in wieweit die Fahrzeuge ausgerüstet/nachgerüstet sind. Auch altgediente n-Wagen oder y-Wagen könnte man technisch nachrüsten.

F. Lehmann
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Re: Ausführung der Bremsprobe und Praxisbeispiel

#6 Beitrag von F. Lehmann »

Ja, können täte man das sicher.
Aber wurde das auch gemacht?

Dafür bräuchte man ja sicher auch Displays im Führerstand, um das benutzergeführt oder automatisch ablaufen zu lassen.
Haben das IC-Steuerwagen, 101 und 120? Nein, also ist es wohl nach wie vor die althergebrachte Variante: vorne Fbv bedienen und am Zug entlang laufen und schauen.

Von einem geeigneten Bus zur Datenübertragung oder sowas ganz abgesehen. Die Ex-Metronomgarnitur mit ihrem WTB mag das vielleicht können.
Aber die alten IC- und n-Wagen vermutlich eher nicht.

Luxx
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Re: Ausführung der Bremsprobe und Praxisbeispiel

#7 Beitrag von Luxx »

Vielen Dank für eure schnellen Antworten :)
Achim Adams hat geschrieben:Kommt halt darauf an in wieweit die Fahrzeuge ausgerüstet/nachgerüstet sind. Auch altgediente n-Wagen oder y-Wagen könnte man technisch nachrüsten.
Weißt du wie die Nachrüstung aussieht bzw. die Umsetzung auf der technischen Seite realisiert wird? Wenigstens die VDV757/Ril 915 muss in seinem Ablauf ja vermutlich noch eingehalten werden, das heißt es müsste geprüft werden ob die Beläge anliegen und lösen. Reines Verlassen auf den Bremszylinderdruck?

Gibt's in Deutschland Baureihen mit einer vollständig automatischen Bremsprobe? Beim ICE finde ich bis einschließlich zum ICE3 etwas zu DAVID, das während der aufgerüsteten Abstellung eine automatische Bremsprobe durchführt.

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Achim Adams
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Re: Ausführung der Bremsprobe und Praxisbeispiel

#8 Beitrag von Achim Adams »

Ich sprach im Konjungtiv wenn ich sagte "könnte man nachrüsten", ob das jemals gemacht wurde weiß ich nicht, aber ich wage das zu bezweifeln. Warum? Weil die Ersparnis marginal ausfallen dürfte.

Aber im Grunde müssten Sensoren verbaut werden die den Luftdruck messen bzw. mechanisch einen Zustand feststellen. Diese Werte müssten über ein Bus-System übertragen und ausgewertet werden. Das Ganze wird dann Essig, wenn ausnahmsweise ein Fahrzeug eingereiht wird dass mit dem Bus nicht kann. Selbstverständlich müsste das auch abgenommen und zertifiziert werden.

Hinzu kommt bei Bestandsfahrzeugen schon dass unterschiedliche Bauserien eine unterschiedliche Software haben die untereinander nicht kompatibel sind.

Eine wirklich vollautomatische Bremsprobe gibt es derzeit nicht, weil ein zentrales Element die Bedienung eines Hebels ist. Dass durch Absenkung bzw. Anhebung des HL-Drucks die Bremsen anlegen bzw. lösen kann man zwar im automatischen Lauf testen, aber ob die Betätigung des Bremshebels funktioniert kann nur durch manuelles Bedienen geprüft werden. Deswegen wird immer von einer "teilautomatischen" oder "benutzergeführten" (oder welche Wortschöpfungen sich noch erfinden lassen) Bremsprobe gesprochen.

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