Stellwerke Halle Leipzig

Fragen der echten Bahntechnik, Lokbedienung, PZB usw.
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F Sch
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Re: Stellwerke Halle Leipzig

#21 Beitrag von F Sch »

Alwin Meschede hat geschrieben:Ob ein ESTW nach dem Spurplanprinzip oder nach dem Verschlussplanprinzip arbeitet, ist allerdings eine Design-Entscheidung des jeweiligen Herstellers.
Dann verprügele ich mal die Fachliteratur für die dort sehr eindimensional und offensichtlich falschen Aussagen. Eine kürzere Recherche auf einschlägigen Fachseiten und die Zuhilfenahme eines ESTW-Fachmanns bestätigt weitestgehend deine Punkte.
Alwin Meschede hat geschrieben:Das Konkurrenzprodukt L90 von Thales ist soweit ich es recherchieren konnte immer Verschlussplanprinzip. Ich würde allerdings nicht behaupten, dass Thales deshalb gegenüber Siemens bei großen Anlagen nicht konkurrenzfähig wäre.
Soweit ich weiß, wurde das L90 von Anfang an nur für das Verschlussplanprinzip konzipiert. Es gibt ja auch durchaus komplexere Anlagen mit einem L90. Die Kostenfrage stellt sich trotzdem. Die Konzeption der Anlage dürfte durch die automatische Erzeugung der Verschlusstabelle aus dem Elementverbindungsplan (welcher für Spurplanstellwerke als Grundlage verwendet wird) problemlos sein, die daraus folgende Komplexität und höhere Anforderung an die Rechenleistung lässt trotzdem die Frage aufkommen, ob man hier nicht höhere Kosten hat (da bräuchte man halt die nackten Zahlen).
Alwin Meschede hat geschrieben:Das Ebilock 950 von Bombardier soll laut Hersteller angeblich ein Hybrid sein, der größtenteils nach Spurplanprinzip arbeitet, was dann für Sonderfälle durch Verschlussplanprinzip ergänzt wird.
Ja, wobei bei diesem Typ auch Stellwerke projektiert werden können, die nur nach Verschlussprinzip arbeiten.

Zur technischen Ebene: Zumindest die Architektur der Bedien- und Stellrechner ist x86-basiert, vermutlich werden auch Intel-Prozessoren verwendet (neben den bekannten zwei Grafikkarten - Hersteller?). Für die Ansteuerung der Feldelemente wird dann aber wieder Spezialhardware benötigt. Teile, die man zunächst in der Hardware vermutet, wie z.B. der Sicherungskern, können aber auch über Software projektiert werden. Zur konkreten Hardware wissen andere aber sicher mehr als, bei größerem Interesse kann ich auch mal in Fachkreisen nachfragen.

Interessant wäre hier auch die Fragestellung, ob bei neueren ESTW und DSTW auch die letzten Relais verschwunden sind bzw. verschwinden werden. Zumindest werden beim L90 für die Ansteuerung von Weichen (& Signalen?) noch Relais verwendet.
Noch was: Neben den großen Drei gibt es ja noch weitere ESTW-Hersteller: Scheidt & Bachmann, Westinghouse, usw. Wie sieht es hier mit Spurplan-/Verschlussplanprinzip aus?

F(R)S-Bauer
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Re: Stellwerke Halle Leipzig

#22 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Hallo,

Na ja, was schalten die Relais? Weichenmotorstrom? Dann hat man damit direkt die für Elektische Arbeiten erforderliche Kontakttrennung realisiert.
Die Braucht es wem man mit 380V Drehstrom zur Sache geht. Ansonsten müssen die Sicherungen gezogen werde. Eine Halbleitertrennung reicht nach VDE nicht.
Bei DSTWs ist doch die Leistungsumsetzung Dezentral, sprich die Ansteuerung Sitz am oder in der nähe des Motors, wenn ich den Diversen Infos glauben darf.
Zuletzt geändert von F(R)S-Bauer am 08.08.2020 17:22:58, insgesamt 1-mal geändert.

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Ronny
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Re: Stellwerke Halle Leipzig

#23 Beitrag von Ronny »

Michael_Poschmann hat geschrieben:Auf die Schnelle ein Beispiel für Kontakte mit Metrierungsangabe.
Ja, isolierte Schienen und Gleisschaltmittel sind in IvL-Plänen meist eingezeichnet. Bei mechanischen und elektromechanischen Stellwerken kann man dadurch recht einfach einen Rückschluß auf die Zugschlußstellen ziehen. Als Zugschlußstelle markiert sind sie aber nicht. Und bei Relaisstellwerken hat man in der Regel Vollisolierung, da ist es schon nicht mehr so einfach.
Michael Springer hat geschrieben:Meitingen ist ein DrS2. Habe ich das so richtig verstanden? Dann würde ich das so umbauen.
Nachtrag: 2. Frage, wo wäre dann bei den Esig/Asig der Haltfall? Vorher oder auch an dem Punkt Auflösung?
Beim DrS 2 wird das Hauptsignal auf Halt gestellt, wenn die erste Achse den Haltfallabschnitt befährt plus etwa 2 Sekunden (absichtliche) Zeitverzögerung. Beim Haltfallabschnitt kann man (zumindest bei den Ausfahrten) unterschiedliche Lösungen beim Vorbild beobachten. Wenn keine Planunterlagen vorliegen, trifft man das Vorbild am ehesten so:

Einfahrten: Da der Isolierabschnitt hinter dem Esig (der in der Regel auch direkt am Esig beginnt) technisch zur Strecke zählt (erst wenn dieser Schutzabschnitt bei der Einfahrt geräumt wurde, kann zurückgeblockt werden), fällt das Esig bei dessen Besetzung noch nicht auf Halt. Das geschieht in der Regel bei Besetzung des zweiten Isolierabschnittes hinter dem Esig. Das wäre dann bei einfachen Anlagen schon meistens die erste Weiche im Fahrweg.
Ausfahrten: Wie schon erwähnt, zog man gerne den Isolierabschnitt des Bahnhofsgleises bis an den Isolierabschnitt der folgenden Weiche heran. Dann kann man den Isolierabschnitt dieser Weiche als Haltfallabschnitt nutzen. Befindet sich aber direkt am Signal ein Isolierstoß, weil entweder das Signal so nah vor der Weiche steht oder weil man zwischen Signal und Weiche einen weiteren Isolierabschnitt eingefügt hat, kann dieser nicht als Haltfallabschnitt genutzt werden, denn der Haltfallabschnitt muß bedingt durch die PZB mindestens 20 Meter vom Hauptsignal entfernt sein (der Vollständigkeit halber: das gilt nicht für Reichsbahn-Anlagen!). Dementsprechend ist in diesem Fall der zweite Isolierabschnitt der Haltfallabschnitt.

Also mal auf Meitingen heruntergebrochen: Die Fahrstraßen-Zugschlußstellen liegen gut so. Und um keine Wissenschaft daraus zu machen, würde ich genau an diese Stellen den Haltfall für das Signal der Gegenrichtung legen. Also bspw. Haltfall von F an der Fahrstraßen-Zugschlußstelle der Ausfahrt von N3 ins Ggl. Und Haltfall von N3 an der Fahrstraßen-Zugschlußstelle der Einfahrt von F nach Gl 3.

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TVT
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Re: Stellwerke Halle Leipzig

#24 Beitrag von TVT »

Alwin Meschede hat geschrieben:Siemens hat auch ein ESTW nach Verschlussplanprinzip im Angebot. Das Produkt heißt dann allerdings nicht mehr SIMIS, sondern SICAS. Dieses Stellwerk hat aber soweit ich weiß keine Vollbahn-Zulassung für Deutschland, sondern darf maximal als Rangierstellwerk eingesetzt werden, oder bei Betreibern die etwas entspannteren Sicherheitsanforderungen unterliegen als DB Netz.
Hallo Alwin, gewagte Aussage X( Wir haben SICAS im Einsatz, sowohl auf (NE-)Vollbahnstrecken als auch demnächst unter BOStrab. Ich glaube nicht, dass wir entspanntere Sicherheitsanforderungen stellen - der Maßstab ist SIL4. Wir haben ein paar Funktionen weniger, sowohl auf ESTW- als auch Bedienplatzseite, das Redundanz-/Verfügbarkeitskonzept ist anders, dafür haben wir andererseits die Möglichkeit, alles auf unsere speziellen Bedürfnisse zuzuschneiden.

Ich glaube, bei der Entscheidung für eine bestimmte Stellwerksbauform spielen da eher funktionale Anforderungen und firmenpolitische Entscheidungen sowohl auf Kunden- als auch Herstellerseite eine Rolle.

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