Fahren bei schlechter Sicht

Fragen der echten Bahntechnik, Lokbedienung, PZB usw.
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Tommy0815
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Fahren bei schlechter Sicht

#1 Beitrag von Tommy0815 »

Moin moin, Community ! :)

Mal (wieder) eine Frage zum Bahnbetrieb:

Ist es dem Triebfahrzeugführer gestattet eigenmächtig seine Geschwindigkeit zu verringern, wenn es nebelig ist und er deshalb z.B weniger als 500 m Sichtweite hat und er schneller als 100 Km/h fahren soll ?

Ich weiß ja das es auf dem Befehlsvordruck eine Windwarnung gibt bei der man nicht schneller als 80 Km/h fahren darf.
Gibt es so einen Befehl auch für Nebel ?
Tommy

Rasender Heinrich
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Re: Fahren bei schlechter Sicht

#2 Beitrag von Rasender Heinrich »

Also eigentlich sollte immer versucht werden, den Fahrplan einzuhalten.
Allerdings hat der Tf die Verantwortung. Und wenn er es für notwendig hält,
darf er so langsam fahren, wie er es für sicher hält. Allerdings sollte er dann auch der BZ oder TP
bescheid sagen, und dem Fdl natürlich auch. ;)

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Lars N.
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Re: Fahren bei schlechter Sicht

#3 Beitrag von Lars N. »

Normal bedeutet Hp1 der Fahrweg ist frei. Durch die Streckenkunde und den Nachtzeichen der Signale,
die ein guter Fdl übrigens auf Tag schaltet, wenn Nebel ist, sollte man als Tf die Signale wahrnehmen können.
Es kostet natürlich ein bisschen Überwindung bei schlechter Sicht die Geschwindigkeit beizubehalten, aber wenn es
nicht gerade stürmt, oder man auf Sicht fahren muss, ist das eigentlich kein Problem.

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Carsten Hölscher
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Re: Fahren bei schlechter Sicht

#4 Beitrag von Carsten Hölscher »

Dann müßte man aber auch konsequenterweise in (Rechts)kurven langsamer fahren, denn auch dort sieht man Signale evtl. erst kurz vor der Vorbeifahrt.

Carsten

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Sebastian N.
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Re: Fahren bei schlechter Sicht

#5 Beitrag von Sebastian N. »

Am Unangenehmsten sind meist starke Schneegestöber im Winter. Dann sind neben der schlechten Sicht nämlich oft auch noch Kilometer- und Geschwindigkeitstafeln durch einen Schneefilm verdeckt, was dann schon gute Streckenkenntnis und hohe Aufmerksamkeit erfordert, um immer genau zu wissen wo man sich gerade befindet. Wenn man dann Ausschau z.B. nach einer Ankündigung einer Langsamfahrstelle hält, kann es schon vorkommen dass man schon im Vorfeld etwas langsamer unterwegs ist. In den meisten Fällen ist bei derartigen Witterungszuständen ja zusätzlich auch von ungünstigen Reibunsverhältnissen auszugehen, womit eine noch etwas vorausschauendere Fahrweise ohnehin Sinn macht. Das betrifft dann aber auch mehrheitlich durch die Streckenkenntnis bekannte neuralgische Punkte wie knapp bemessene Vorsignalabstände oder Einfahrten in Bahnhöfe, wo z.B. das Einfahrgleis je nach Fahrweg unterschiedlich lang sein kann.
Zuletzt geändert von Sebastian N. am 30.03.2018 11:43:30, insgesamt 3-mal geändert.

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Marcel Zehl
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Re: Fahren bei schlechter Sicht

#6 Beitrag von Marcel Zehl »

Lars N. hat geschrieben:Durch die Streckenkunde und den Nachtzeichen der Signale,
die ein guter Fdl übrigens auf Tag schaltet, wenn Nebel ist, sollte man als Tf die Signale wahrnehmen können.
Bei Sichtweiten unter 200 m muss man sogar auf Tag schalten. Problem bei der Geschichte: Beim ESTW und erst recht in der BZ sehe ich nicht, was für ein Wetter gerade auf meinen Betriebsstellen herrscht. Wenn ich bei Tag auf einmal eine Aufforderung bekomme, auf Nachtspannung umzuschalten, dann kann ich mir (zusätzlich zur offiziellen Wetterwarnung) denken, dass gerade ein Gewitter durchzieht, aber nachts weist einen natürlich nichts auf schlechtes Wetter hin.
Wer nicht kommt zu rechten Zeit, der muss sehen was übrig bleibt.

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Lars N.
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Re: Fahren bei schlechter Sicht

#7 Beitrag von Lars N. »

Ich war auch lange Fdl, bei ferngesteuerten oder gestellten Betriebsstellen und bei ESTW´s, die aus der BZ bedient werden, ist es natürlich schwierig, sich ein Bild über die Verhältnisse vor Ort zu machen. Ich habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass die Tf sich dann schon melden, wenn die Sichtverhältnisse schlecht sind. Ich als Tf mache das übrigens auch, aber ich kenne natürlich auch beide Seiten.

marius99
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Re: Fahren bei schlechter Sicht

#8 Beitrag von marius99 »

Hi, da die Frage gut zur Überschrift passt, stelle ich sie mal hier.
Sie kam mir letztens als ich bei starkem Nebel in Scherfede stand...
Was ist in der Realität zu tun, wenn das Ausfahrsignal vom Bahnsteig aus, z.B. bei starken Nebel, nicht einsehbar ist? Brauchts dann eine mündl. Zustimmung vom Fdl oder gar einen Befehl? Und würde, wenn vorhanden, ein leuchtender Fahrtanzeiger von evtl. Zustimmungserfordernissen entbinden?

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F. Schn.
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Re: Fahren bei schlechter Sicht

#9 Beitrag von F. Schn. »

Mündliche Zustimmung zum Vorziehen bis zum Signal müsste reichen (ggf. über Funk). Der Fahrtanzeiger dürfte nicht reichen. Vorsignal-Widerholer müsste hingegen gehen.
Diese Signatur möchte folgendes bekannter machen: ZusiWiki · ZusiSK: Streckenprojekte · YouTube: Objektbau für Zusi · euirc: Zusi-Chat

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Achim Adams
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Re: Fahren bei schlechter Sicht

#10 Beitrag von Achim Adams »

Mündliche Zustimmung des Fdl ist ok, ein vorhandener Fahrtanzeiger darf ausgewertet werden. In beiden Fällen ist die Geschwindigkeit jedoch so zu wählen, dass eine mögliche Geschwindigkeitsbeschränkung die das Signal vorgibt eingehalten wird.

Begründung: Der Fahrtanzeiger richtet sich an die Zugaufsicht, und teilt dieser mit dass der Fdl der Fahrt zugestimmt hat. Wenn ich als Tf selbst die Zugaufsicht wahrnehme, darf ich deswegen den Fahrtanzeiger auswerten. Ist auch immer wieder Thema im Fortbildungsunterricht, und auch bei Simulatorfahren wird darauf eingegangen.

TeeEssHah
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Re: Fahren bei schlechter Sicht

#11 Beitrag von TeeEssHah »

marius99 hat geschrieben:Was ist in der Realität zu tun, wenn das Ausfahrsignal vom Bahnsteig aus, z.B. bei starken Nebel, nicht einsehbar ist?
Da braucht's übrigens gar nicht mal zwangsläufig Nebel für. Es gibt sicherlich noch Bahnsteige, von denen aus das Asig nicht zu sehen ist. Stand das bei der Einfahrt noch auf Halt, muss ich auch dann nachfragen. Ich meine z.B., dass in Zusi 2 in Roisdorf das Asig im Bogen nicht sichtbar war.

Heute freilich kippt man ja überall fleißig Wiederholer über der Eisenbahn aus.
Rolltreppenrechtssteher. Lichtschrankenfreilasser.

Regel Nr 1: Netz hätte einen immer noch locker vor den Zug lassen können, der einen gerade überholt.

marius99
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Re: Fahren bei schlechter Sicht

#12 Beitrag von marius99 »

Danke für eure Antworten!

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Jens Schubert
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Re: Fahren bei schlechter Sicht

#13 Beitrag von Jens Schubert »

Abfahren bei schlechter Sicht, hier nochmal zum nachlesen:

408.2331 Abschnitt 3

"(1) Wenn das Signal, mit dem der Fahrdienstleiter der Abfahrt zustimmt, nicht
sichtbar ist, gilt Folgendes:

a) Der Triebfahrzeugführer darf die Zustimmung des Fahrdienstleiters zur Abfahrt
auch anhand eines Fahrtanzeigers feststellen.
In diesem Fall gilt Modul 408.2341 Abschnitt 2 Absatz (6) b).

b) Bei unsichtigem Wetter oder wenn es wegen der örtlichen Verhältnisse im
Streckenbuch vorgesehen ist, teilt der Fahrdienstleiter dem Triebfahrzeug-
führer mit, dass das Hauptsignal auf Fahrt gestellt ist, das Kennlicht eingeschaltet
ist oder das Signal Zs 1, Zs 7 oder Zs 8 bedient wurde.
In diesem Fall gilt Modul 408.2341 Abschnitt 2 Absatz (6) b).

c) Wenn der Triebfahrzeugführer die Zustimmung des Fahrdienstleiters zur
Abfahrt nicht erkennen kann und die Mitteilung nach Absatz b) nicht rechtzeitig
vor der Abfahrtszeit des Zuges eingeht, muss der Triebfahrzeugführer
dies dem Fahrdienstleiter melden."

und in dem mehrfach darauf verwiesenen 408.2341 Abschnitt 2 (6) b steht:

"Wenn der Triebfahrzeugführer eines signalgeführten Zuges bei der Abfahrt
das Signal nicht selbst sehen kann, muss er bis zum Erkennen der Stellung
des Signals mit höchstens 40 km/h und so vorsichtig fahren, dass der
Zug ggf. rechtzeitig zum Halten kommt."

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Michael_Poschmann
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Re: Fahren bei schlechter Sicht

#14 Beitrag von Michael_Poschmann »

Korinthen-Nachfrage zu:
Jens Schubert hat geschrieben:...
und in dem mehrfach darauf verwiesenen 408.2341 Abschnitt 2 (6) b steht:

"Wenn der Triebfahrzeugführer eines signalgeführten Zuges bei der Abfahrt
das Signal nicht selbst sehen kann, muss er bis zum Erkennen der Stellung
des Signals mit höchstens 40 km/h und so vorsichtig fahren, dass der
Zug ggf. rechtzeitig zum Halten kommt."
Das würde aber im Falle eines Falles dann nicht als "Anfahren gegen Rot" im Sinne der Anklage ausgelegt, oder begibt sich hier der Triebfahrzeugführer ins Risiko?

Grüße
Michael

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Achim Adams
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Re: Fahren bei schlechter Sicht

#15 Beitrag von Achim Adams »

Eine Anfahrt gegen ein haltzeigendes Signal ist nicht verboten. Verboten ist nur die Anfahrt gegen ein haltzeigendes Signal ohne Zustimmung. Im besprochenen Fall hat die Zustimmung des Fdl vorgelegen.

BorisM
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Re: Fahren bei schlechter Sicht

#16 Beitrag von BorisM »

Achim Adams hat geschrieben:Mündliche Zustimmung des Fdl ist ok, ein vorhandener Fahrtanzeiger darf ausgewertet werden. In beiden Fällen ist die Geschwindigkeit jedoch so zu wählen, dass eine mögliche Geschwindigkeitsbeschränkung die das Signal vorgibt eingehalten wird.

Begründung: Der Fahrtanzeiger richtet sich an die Zugaufsicht, und teilt dieser mit dass der Fdl der Fahrt zugestimmt hat. Wenn ich als Tf selbst die Zugaufsicht wahrnehme, darf ich deswegen den Fahrtanzeiger auswerten. Ist auch immer wieder Thema im Fortbildungsunterricht, und auch bei Simulatorfahren wird darauf eingegangen.
Viel wichtiger ist aber die Begründung warum man es zwar als Zustimmung des Fdl werten darf, aber trotzdem vorsichtig bis zum Erkennen des Hauptsignals fahren muss: Der Fahrtanzeiger ist nicht signaltechnisch sicher, d.h. es kann prinzipiell passieren, dass der Fahrtanzeiger Fahrt zeigt, obwohl das Ausfahrsignal auf Halt steht. Bei Relaisstellwerken kann das z.B. durch ein Relais auftreten, das in der angezogenen Stellung "klebengeblieben" ist.

Bei Vorsignalwiederholern kann das zwar genauso passieren, diese sind aber besser überwacht um zu gewährleisten, dass ein Relais das hängengeblieben ist nicht zu einer gefährlichen Situation führen kann.
TeeEssHah hat geschrieben: Da braucht's übrigens gar nicht mal zwangsläufig Nebel für. Es gibt sicherlich noch Bahnsteige, von denen aus das Asig nicht zu sehen ist.
München Hauptbahnhof auf vielen Gleisen z.B., der ist deswegen einer der wenigen Bahnhöfe wo das Zp9 noch bei fast jedem Zug bedient wird. Sehr lustig ist das beim allabendlichen Solo-628 nach Mühldorf, wo der Zugbegleiter dann den langen Weg zur Abfertigertelefonzelle vorläuft, dort das Zp9 bedient, danach wieder zurücklatscht, und (gefühlt) Minuten nach Aufleuchten des Zp9 wieder seinen Zug erreicht.

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