Spielesüchtige TF

Fragen der echten Bahntechnik, Lokbedienung, PZB usw.
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Michael_Poschmann
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Re: Spielesüchtige TF

#21 Beitrag von Michael_Poschmann »

Aus meiner Sicht besitzt Karls Idee mit dem direkten Ansprechen durchaus einen gewissen Charme. Erfordert natürlich eine Portion Mut - aber wer höflich fragt, sollte auch eine Antwort bekommen. Und abhängig davon, ob man damit zufrieden ist, lässt sich bei Bedarf immer noch die nächste Eskalationsstufe erklimmen.

Grüße
Michael

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KarlSaiz (Pierre)
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Re: Spielesüchtige TF

#22 Beitrag von KarlSaiz (Pierre) »

Moin,

Punkt 1: Ich bin schon lange nicht mehr bei der Bahn.
Punkt 2: Mir fällt grade kein Handy Spiel ein, für das es sich lohnen würde Zeit zu investieren.
Punkt 3: Ich persönlich fahre höchstens 5-6 mal im Jahr Züge mit Fahrgästen und dann auch ziemlich sicher mit ca. 20 Meter Abstand zum ersten Fahrgast.
Punkt 4: Wenn ich wollte, könnte ich mir hier vorne einen Grill auf stellen und in der Mitropa-Stellung mit Coladose, Zigarette in der Hand und Sonnenbrille durch Deutschland ballern. Es würde nichtmal jemand Mitbekommen, außer der Ablöser vielleicht, da der Führerstand nach Grillen riecht.... so viel mal dazu.

Was ich damit sagen will ist, dass ich dir meine Meinung dazu geäußert habe und wenn du bei Menschenverstand ansetzt, dann hättest du den jenigen Ansprechen können. Hast ja selbst geschrieben, dass du dich nicht mehr sicher gefühlt hast....

Wie schon erwähnt, finde ich derartiges Verhalten des Kollegen nicht richtig.

Im Hinblick auf Bad Aibling war der Fahrdienstleiter schuld. Da hätte der Lokführer am Handy Spielen können oder nicht, passiert wäre es trotzdem.

Und ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen, dass immer mehr über die Elektronik gemacht wird (Fplo, Zugpapiere, La, etc.). Wenn man natürlich definitiv die Spielerei erkennt, würde ich den Kollegen auch ansprechen, egal ob Betriebseisenbahner oder nicht.
Gruß Karl (Pierre)


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F Sch
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Re: Spielesüchtige TF

#23 Beitrag von F Sch »

Ich glaube der Bezug auf Bad Aibling wurde aufgrund der Tatsache, dass das Spielen am Handy während dem Betriebsdienst ursächlich für die vom Fdl gemachten Fehler war, hergestellt. Ich kann mir jedenfalls hunderte Fälle ausmalen, in denen eine solche Ablenkung zu einem Unglück führen kann.

Zu Punkt 4: Gute Idee mit dem Grill im Führerstand, Kohlenmonoxidintoxikation lässt freundlich grüßen. Bei den Jugendlichen/jungen Erwachsenen, die vor einigen Monaten in einem Gartenhaus aufgrund einer CO-Intoxikation gestorben sind, hat es ja prächtig funktioniert. :rolleyes:

PS: Offene Fenster im Führerstand könnten etwas daran ändern. Da ergäbe sich doch ein interessanter Versuch (der Tf bekommt natürlich eine Sauerstoffmaske)!

Übrigens: Gegen elektronische Geräte habe ich nichts einzuwenden, senkt ja den Papierverbrauch. Nur sollte man dann schon die Vorschriften beachten.

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Michael_Poschmann
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Re: Spielesüchtige TF

#24 Beitrag von Michael_Poschmann »

Hallo Fabian,
Fabian Schöpflin hat geschrieben:Ich glaube der Bezug auf Bad Aibling wurde aufgrund der Tatsache, dass das Spielen am Handy während dem Betriebsdienst ursächlich für die vom Fdl gemachten Fehler war, hergestellt. ...
ist diese These gerichtsfest bewiesen? Oder lediglich eine Folgerung oder Vermutung? Bin gerade etwas verwundert.
Grüße
Michael

p.s.: Hervorhebungen im zitierten Text durch mich eingefügt.

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Jens Haupert
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Re: Spielesüchtige TF

#25 Beitrag von Jens Haupert »

Michael_Poschmann hat geschrieben: ist diese These gerichtsfest bewiesen? Oder lediglich eine Folgerung oder Vermutung? Bin gerade etwas verwundert.
Der Spiegel schrieb ja dazu "Von 5:11:23 Uhr bis 6:45:59 Uhr war das Spiel laut Gericht durchgehend aktiviert. (...) Der Angeklagte hat seine ganze Konzentration auf das Spiel verwendet. So verlor P. den Überblick. Am 9. Februar war er zu abgelenkt, um seine ersten Schnitzer zu bemerken."

Würde ich dann mal schon so deuten.

Grüße
Jens

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Michael_Poschmann
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Re: Spielesüchtige TF

#26 Beitrag von Michael_Poschmann »

Ich stütze mich da lieber auf EBA-Untersuchungen, die vorrangig Technik sowie Regelwerke und ihre Einhaltungen analysieren. Ok, vielleicht bin ich recht defensiv unterwegs, was Schlussfolgerungen der persönlichen Schuld angeht. Aber aus meiner Sicht interessiert mich eher die Systemuntersuchung, ob Fehlerquellen in Abläufen oder technischen Anlagen vorhanden sind und wie diese beseitigt werden können. Denn da steckt meines Erachtens der Sicherheitsaspekt drin. Die Klärung der persönlichen Verantwortung eines Einzelnen im konkreten Fall überlasse ich gerne den Zuständigen.

Grüße
Michael

Matthias Z.
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Re: Spielesüchtige TF

#27 Beitrag von Matthias Z. »

Hallo,

auch ich habe solches Verhalten auch schon erlebt, teilweise mit rasanten Bahnhofseinfahrten und entsprechenden Bremsaktionen und einmal wegen nicht quittiertem Signal eine Zwangsbremsung. Ehrlicherweise muß man aber sagen, dass dies absolut nicht die Regel ist.
In der Summe gebe ich Karl ebenfalls recht. Wenn es einen beunruhigt, sollte man sich an die jeweiligen Instanzen wenden, bei ganz dringendem Bedürfnis eben den TF direkt.
Ich glaube, alle sind sich hier einig, dass dies fahrlässiges Verhalten ist und man dies einfach unterlassen sollte.
Die Mutmaßungen, die sich dann hieraus zu anderen Unglücken ergeben, kann ich auch nicht direkt nachvollziehen. Im Endeffekt wissen wir alle nicht, was manchmal so passiert und "hinter den Kulissen" abläuft. Da schließe ich keine Berufsgruppe aus. Und das Thema Sucht, Pharmakologie etc. in Zusammenhang mit einer Berufsausübung würde hier wohl den Diskussionsrahmen sprengen.

Vielleicht sollte man dieses Thema auf sich beruhen lassen mit der Quintessenz, man solle sich im Falle des Unsicherfühlens an die jeweiligen Instanzen wenden. Ich denke auch, dass dies nicht mit Verpfeifen zu tun hat.

Mfg Matthias
Die Hände des Töpfers fertigen das Gefäß.
Die Asche seiner Frau vollendet es.

BorisM
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Re: Spielesüchtige TF

#28 Beitrag von BorisM »

Jens Haupert hat geschrieben:
Michael_Poschmann hat geschrieben: ist diese These gerichtsfest bewiesen? Oder lediglich eine Folgerung oder Vermutung? Bin gerade etwas verwundert.
Der Spiegel schrieb ja dazu "Von 5:11:23 Uhr bis 6:45:59 Uhr war das Spiel laut Gericht durchgehend aktiviert. (...) Der Angeklagte hat seine ganze Konzentration auf das Spiel verwendet. So verlor P. den Überblick. Am 9. Februar war er zu abgelenkt, um seine ersten Schnitzer zu bemerken."
Ganz so klar ist (zumindest in der Öffentlichkeit) allerdings noch nicht was hier wirklich passiert ist, wenn man sich die etwas detaillierteren Berichte anschaut bleiben zum jetzigen Zeitpunkt doch noch viele Fragezeichen offen. Anmerkung: In den Artikeln gibt es auch viele Aspekte die sich mit den Fehlern des Fdls beschäftigen, u.a. dass es keine dokumentierte Blockabschnittsprüfung gab. Ich konzentriere mich unten auf die Punkte die deutlich machen, dass eben offenbar noch nicht alles eindeutig geklärt ist - zumindest nicht öffentlich, und auch nicht im Gerichtsverfahren. Die Verurteilung erfolgte trotz einiger offener Punkte.

Mangfall24.de schreibt:
Der letzte Zeitraum, ab 6.38 Uhr und 51 Sekunden, in dem der Fahrdienstleiter aktiv im Spiel war, dauerte 116 Sekunden. Das Level konnte dabei nicht erfolgreich beendet werden. Nachdem das Spiel ins Hauptmenü zurückkehrte, sei in den Log-Dateien des Servers keine Änderung mehr zu erkennen. Um 6.45 Uhr wurde das Spiel durch eine Aktion dann schließlich beendet, das ergebe sich aus den Aufzeichnungen im Telefon, so Pielken. "Das kann durch aktives Beenden oder Verschieben des Spiels in den Hintergrund erfolgen", so der Forensiker weiter. Einen Absturz, sowie ein Abreißen der Internetverbindung könne man ausschließen. Die Aktion habe aktiv durch den Benutzer erfolgen müssen.
Demnach hat der Fahrdienstleiter das Handy wohl um 6:40:47 weggelegt. Die Hilfshandlungen wurden zwischen 6:43 und 6:45 vorgenommen. Um 6:45 wiederum hat der Fahrdienstleiter das Handyspiel beendet.

Sofern die Angaben stimmen bedeutet das für mich, dass der Fahrdienstleiter bei Erkennen der vermeintlichen Störung das Handy zur Seite gelegt und die Hilfshandlungen ohne paralleles Spielen durchgeführt hat. Um 6:45, nachdem er alle Hilfshandlungen ausgeführt hat, hat er dann vermutlich das Handy zur Hand genommen um das Spiel endgültig zu beenden und sich um die Bearbeitung der Störung zu konzentrieren. Dass er das Spiel nicht sofort beendet hat ergibt Sinn, das Handy einfach wegzulegen bei Erkennung der vermeintlichen Störung ist ja die einfachste und in dem Fall zweckmäßigste Lösung.

Die Verurteilung erfolgte letztendlich auf der Aussage eines Gutachters, dass Handyspiele auch dann, wenn man das Handy weggelegt hat, nachwirken. In wie weit das zutrifft kann ich nicht beurteilen.

Bemerkenswert ist jedenfalls dass die Verurteilung trotz diverser offener Fragen erfolgte, auch hier möchte ich wieder Mangfall24.de zitieren:
Nun geht es um die verschiedenen Blockbauformen der Strecke. Die vorliegenden Unterlagen legen für den Zeugen die Auffassung nahe, dass es sich nicht um einen Zentralblock zwischen Bad Aibling und Kolbermoor handle.
Daraus gehe nicht hervor, welche Bestimmungen ein Fahrdienstleiter anwenden soll: die für Selbstblock oder die für Zentralblock? "Der Fahrdienstleiter hängt in der Luft", so der Sachverständige.
Unabhängig von der vorhandenen Blockbauform wäre am Ereignistag immer die Durchführung einer Räumungsprüfung durch den Fahrdienstleiter erforderlich gewesen“, erklärt der Bahnexperte. „Wir haben eine unsinnige und unvollständige Ausleuchtung zwischen Bad Aibling und Kolbermoor. Hier ist eindeutig ein Schaltfehler drin.“
Interessant ist auch der Zwischenbericht der EUB:
Da die Untersuchungen in den Fachrichtungen Leit- und Sicherungstechnik und Eisenbahn­
betrieb sowie deren Wechselwirkungen aufgrund der Komplexität und des Umfangs bisher
nicht abgeschlossen werden konnten, ist eine finale Betrachtung gegenwärtig noch nicht
möglich.
Ich möchte damit nicht sagen dass zwingend Fehler in der Technik, den Vorschriften oder den betrieblichen Unterlagen vorliegen müssen - bemerkenswert ist aber zu wie vielen Punkten die EUB ausgesagt hat, dass sie hier noch nicht mit den Untersuchungen fertig sind weil es Widersprüche und Unklarheiten gibt. Auch wenn der Fdl rechtskräftig verurteilt ist möchte ich doch sehr dafür plädieren mit endgültigen Aussagen bis zum abschließenden Untersuchungsbericht der EUB zu warten.

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