Zugunglück Bad Aibling

Fragen der echten Bahntechnik, Lokbedienung, PZB usw.
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Ronny
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#261 Beitrag von Ronny »

F. Schn. hat geschrieben:aufgrund seines tollen Erbgutes und der guten Erziehung
Ach, gehen langsam die Argumente aus, und wir müssen in diese Richtung gehen?

F. Schn. hat geschrieben:Ich habe einfach das Gefühl, dass du die Auswirkungen von Stressituationen völlig unterschätzt.
Wie ich schon schrieb:
Ronny hat geschrieben:Beides musste auch ich schon machen, genauso wie im Falle „Zugfunk“ Hunderte und im Falle „Smartphone“ Millionen von Menschen.
Die Sache funktioniert. Sie funktioniert aber nicht bei jedem Menschen, das ist völlig klar. Und deshalb ist nicht jeder für jeden Beruf geeignet. Damit muss man eben leben. Als Raumfahrer wäre ich auch nicht tauglich. Damit muss ich auch leben.

F. Schn. hat geschrieben:Bei neueren Geräten mit Notausschalter gibt es auch zwei Notaus-Kreise, damit nur die Motoren abgeschalten werden, die die Gefahr verursachen um nicht unnötig einen Motorneustart zu verursachen.
Aha, also zwei Not-Aus-Taster? Ob man den Bedienern denn so etwas Komplexes zutrauen kann?

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F. Schn.
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#262 Beitrag von F. Schn. »

Ronny hat geschrieben:Ach, gehen langsam die Argumente aus, und wir müssen in diese Richtung gehen?
Nein, ich meine das genau so wie es da steht: Erbgut und Erziehung als Teil des Charakters.
Ronny hat geschrieben:„Smartphone“
Der 110-Notruf ist kein idealer Vergleich, weil er eine Gefahrensituation nicht unmittelbar sonder erst verzögert auflösen kann, denn die Rettungskräfte sind ja nicht innerhalb von Sekunden sondern mehreren Minuten vor Ort. Bis dahin stehen die nötigen Rescourcen auch wieder in einem Umfang bereit, der für diese Dinge ausreicht. Daher habe ich auch den Vergleich mit den Notaus-Tastern verwendet. Dennoch gibt es bei Personenkreisen, bei denen die Gefahr naheliegt, dass sie solche Hilfe dringend benötigen ja bereits Geräte mit einer entsprechenden „großen roten“ Taste.
Ronny hat geschrieben:Aha, also zwei Not-Aus-Taster? Ob man den Bedienern denn so etwas Komplexes zutrauen kann?
Genau das ist hier ja die Frage, über die wir Diskutieren. Und da kenne ich so etwas wie gesagt eigentlich nur von der Bahn.
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Ronny
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#263 Beitrag von Ronny »

F. Schn. hat geschrieben:Der 110-Notruf ist kein idealer Vergleich, weil er eine Gefahrensituation nicht unmittelbar sonder erst verzögert auflösen kann, denn die Rettungskräfte sind ja nicht innerhalb von Sekunden sondern mehreren Minuten vor Ort.
Wir haben aber nicht darüber diskutiert, wie schnell eine Situation aufgelöst werden kann, sondern über die Fähigkeit des Menschen, in Stresssituationen umsichtig zu handeln.
Der öffentliche Notruf ist umfangreicher, weil er mehr Bedienungshandlungen erfordert als der Zugfunknotruf. Darum geht es. Nicht darum, wann die Feuerwehr vor Ort ist.
Wenn man es schafft, nach einem Unfall den öffentlichen Notruf zu wählen, dann sollte man auch zwei Tasten bedienen können (denn nicht immer sind es Zeugen oder am Unfall
nicht beteiligt gewesene Personen, die den Notruf wählen).
F. Schn. hat geschrieben:
Ronny hat geschrieben:Aha, also zwei Not-Aus-Taster? Ob man den Bedienern denn so etwas Komplexes zutrauen kann?
Genau das ist hier ja die Frage, über die wir Diskutieren. Und da kenne ich so etwas wie gesagt eigentlich nur von der Bahn.
Du hast ja selbst ein Beispiel gebracht, dass es auch abseits der Bahn Geräte mit mehr als einer Not-Taste gibt. Also gibt es das ja eben nicht nur bei der Bahn.
Und ich gehe davon aus, dass die Bediener dieser Drehmaschinen mit den Not-Aus-Funktionen zurechtkommen. Also kann man das auch von einem Fahrdienstleiter erwarten.

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F. Schn.
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#264 Beitrag von F. Schn. »

Ronny hat geschrieben:Der öffentliche Notruf ist umfangreicher, weil er mehr Bedienungshandlungen erfordert als der Zugfunknotruf. Darum geht es. Nicht darum, wann die Feuerwehr vor Ort ist.
Doch, weil es die Reinfolge beeinflusst. Um beim Beispiel der Drehmaschine zu bleiben: Der erste Schritt ist die Drehmaschine abzuschalten, und dann erst den Notruf zu wählen. Beim Fdl ist der Anruf des Tf (über u.A. dem Notruf) hingegen Vorraussetzung, damit dieser sein Fahrzeug zum Halten bringt um die Gefahr nicht zu vergrößern. Zwischen dem Abschalten der Drehmaschine und dem Notruf können damit auch „längere“ Zeitstrecken vergehen, in der zumindest die größte Verschlimmerungsmöglichkeit beseitigt ist. Auch bei dem Autounfall hält man zunächst alle (Unfallbeteiligten) Fahrzeuge an, und ruft dann erst die Notfallleitstelle.
Ronny hat geschrieben:Du hast ja selbst ein Beispiel gebracht, dass es auch abseits der Bahn Geräte mit mehr als einer Not-Taste gibt.
Die Kommentare der Drehmaschine sind ironisch gemeint: Natürlich erzeugen beide Notausschalter die selbe Wirkung. (Wobei ich nicht der Fotograph des Bildes war und das natürlich nicht verifizieren kann.)
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F(R)S-Bauer
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#265 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Nabend,

hier wird aus meiner Sicht die Wirkung ein selbst verschuldeten Ereignisses Unterschätze.

Fall A: Es ist was passiert an dem andere in Not geraten, aber ich kein Schuld trage
Reaktion:Bedingt Logisches überlegen greift nach der Schrecksekunde, Ablauf trainierter Handlungen
Folge: Ich kann überlegt handeln und den Passenden Notruf senden.

Fall B: Es ist was passiert an dem andere in Not geraten, und ich Trage die Schuld und muss mir folgen/Bestrafung rechnen. Oder habe selbst Schaden/Schmerzen
Reaktion: Logisches Denken wird mehr oder Minder durch Panik und Angst bis zu Starre überlagert. (Abhängig vom Menschen, der Selbstschutz der Existenzsicherung greift.)
Folge: Ich bin nur noch eingeschränkt oder gar nicht zu Folgerichtigen Handlungen fähig.

Fall B ist schlecht Trainerbar, Fall A gut.
Der Fall B wird z.B. bei Soldaten trainiert, aber trotz aller Bemühungen, wie jemand dann im wirklichen Gefecht reagiert ist nicht vorhersehbar. Deshalb stand früher auf Feigheit vor dem Feind die Todesstrafe, der Gedanke ist: der Feind kann dich vielleicht töten im Gefecht, aber wenn du weg-läufst werden wir dich mit Sicherheit töten. Man baut also 2 unterschiedliche Selbstschutzreaktionen auf und hofft das Reaktion vor der Strafe höher ist und zum gewünschten handeln führt.

Bei dem FDL wird wohl der Selbstschutz, bedingt durch eine Schuld oder Angstaufwallung zugeschlagen haben.
Dafür war aber diese Notrufsystem nicht vorgesehen.

mfg

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F. Lehmann
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#266 Beitrag von F. Lehmann »

F(R)S-Bauer hat geschrieben:hier wird aus meiner Sicht die Wirkung ein selbst verschuldeten Ereignisses Unterschätzt.
Danke, FRS-Bauer!
Ronnys Aussage, der Fdl sei nicht für den Job geeignet gewesen, ohne weitere Hintergründe zu kennen, halte ich für ziemlich anmaßend.

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Zimmer
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#267 Beitrag von Zimmer »

Selbst auf die Gefahr hin, hier weiteres Oel ins Feuer zu gießen - sofern der Umstand mit dem falsch bedienten Notruf der Wahrheit entspricht, hat der Fdl selbst bewiesen, daß er augenscheinlich einer der Kernanforderungen an seine Tauglichkeit nicht gerecht wird. Zur bahnbetrieblichen Tauglichkeit gehört nämlich - neben der allg. arbeitsmedizinischen Tauglichkeit (Hören, Sehen, nicht retardiert, keine akuten oder erblich bedingten Erkrankungen an Herz, Kreislauf, Lunge, Schilddrüse) - auch die Fähigkeit, in relativen und absoluten Streßsituationen noch handlungsfähig sein zu können. Die Triebfahrzeugführer werden hierzu einer mehrkanaligen Belastungsprobe ausgesetzt, die in vielen Fällen auch das Urteil "untauglich" bewirkt, obwohl alles 'andere' gepaßt hat. Und dieser Anwärter wird dann eben nicht für die Tätigkeit zugelassen. Im Einzelfall wird das dann als "schade" wahrgenommen, im globalen Blickwinkel betrachtet muß man froh sein, daß diese Prüfung (vor und regelmäßig wiederholt während der aktiven Dienstzeit) ausgeführt wird.

Hierauf fußt auch das Regelwerk: "Im Falle drohender Gefahr muß der Beamte (später ersetzt durch Beschäftigte) eigenverantworlich, umsichtig und entschlossen alles tun, um die Gefahr abzuwenden oder wenigstens zu mindern." Eigenverantworlich handeln kann nur, wer noch handlungsfähig ist, umsichtig handeln kann nur, wer das Gesamtsystem begriffen hat und die Folgen seines Handelns (richtig) abschätzen kann und entschlossen handeln kann nur der, der die Handlung (zumindest in Theorie) schonmal ausgeübt hat. Zu letzterem dienen die Trockenübungen (Probegespräch Notruf Fdl > Tf), die jeder Fdl mindestens 2x im Halbjahr durchzuführen hat (unter Aufsicht seines Dienstvorgesetzen). Wir sprechen hier also von einer routinierten Handlung, die durch stete Wiederholung eingeübt wird. Das darf in der einen Situation, in der es wirklich anzuwenden ist, einfach nicht schief gehen.

Es greift zu kurz Ronny hier Pauschalismus (auch wenn dies dem Zeitgeist entspricht) vorzuwerfen; ich glaube, er weiß sehr gut, wovon er spricht. Genau, wie jeder Tf von uns hier weiß, wie man sich fühlt, nachdem man (ohne, daß der Gruppenleiter im Führerstand steht) durchgerufen hat "Betriebsgefahr, alle Züge zwischen A und B sofort anhalten - ich wiederhole: Betriebsgefahr, ..." und danach die ergänzende Meldung abgegeben hat.

Nächtliche Grüße


Johannes

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Re: Zugunglück Bad Aibling

#268 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Naben,

Das Normale Situationstraning ist aber i.d.R nicht in der Lage den FDL dem Stress aus zu setzen, der er bei dem Gefühl der Eigenbedrohung und des Selbstschutzes hat. Derartige Trainings findet man bei Soldaten oder ggf. Feuerwehrleuten, die in Brandsimulatoren üben. Da reicht ein FDL Training nicht ran. Und selbst bei diesen Gut geschulten und Trainierten Leuten kann das daneben gehen.

1 Apfel + 1 Birne sind hier nicht 2 Obst, da spielen Urinstinkte des Menschen mit, die sich durch Training nur bedingt beeinflussen lassen.

Ob zu den Kernanforderung der Tätigkeit gehört bei zuschnappen des Instinktiven Selbstschutzes so wir hier gefordert zu Handel entzieht sich meiner Kenntnis, aber wenn dann erst in neuerer Zeit...

mfg

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Ronny
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#269 Beitrag von Ronny »

F. Schn. hat geschrieben:
Ronny hat geschrieben:Der öffentliche Notruf ist umfangreicher, weil er mehr Bedienungshandlungen erfordert als der Zugfunknotruf. Darum geht es. Nicht darum, wann die Feuerwehr vor Ort ist.
Doch, weil es die Reinfolge beeinflusst.
Die Diskussion dreht sich nicht um irgend eine Reihenfolge, sondern hierum:
sflori hat geschrieben:Wenn ich mir vorstelle, dass Betriebsgefahr besteht - und dann muss ich da noch überlegen, was ich denn drücken möchte...
Wenn man einen Autounfall hatte, steht man mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls unter Schock. Und in diesem Zustand muss man dann die Handlung „Notruf“ vornehmen.
Genau wie in Bad Aibling die Handlung „Notruf“ unter Schock vorzunehmen war.
F(R)S-Bauer hat geschrieben:1 Apfel + 1 Birne sind hier nicht 2 Obst, da spielen Urinstinkte des Menschen mit, die sich durch Training nur bedingt beeinflussen lassen.

Ob zu den Kernanforderung der Tätigkeit gehört bei zuschnappen des Instinktiven Selbstschutzes so wir hier gefordert zu Handel entzieht sich meiner Kenntnis, aber wenn dann erst in neuerer Zeit...
Zum Wesen des Menschen gehört aber auch, dass er lernfähig ist. Wenn ich etwas ständig lang und breit übe, dann schaffe ich das auch unter Extrembedingungen – ansonsten
könnten Chirurgen nicht operieren oder Feuerwehrleute Menschen aus brennenden Häusern retten. Oder ich muss eben statt mit dem Telefon zu spielen in den Zugpausen immer
wieder Notruf-Trockenübungen machen. Man kann sich nämlich auch selbst darum kümmern, etwas zu lernen, was man nicht richtig beherrscht (oder jemanden bitten, dabei zu
helfen). So etwas wird „Eigeninitiative“ genannt; das kann man von einem Erwachsenen erwarten.
Zu den Kernanforderungen gehört seit Jahr und Tag das was Johannes mit dem „eigenverantwortlich, umsichtig und entschlossen“ schon geschrieben hat.
F. Lehmann hat geschrieben:Ronnys Aussage, der Fdl sei nicht für den Job geeignet gewesen, ohne weitere Hintergründe zu kennen, halte ich für ziemlich anmaßend.
Der Fdl hat den Notruf Strecke statt den Zugfunknotruf benutzt. So viel steht bereits jetzt fest.
Also ist er an einem elementaren Bestandteil seiner Tätigkeit gescheitert. Der Fdl wusste ganz einfach nicht mit seinen Arbeitsmitteln umzugehen. Wenn ein Chirurg nicht mit
dem Skalpell (← sein Arbeitsgerät) umgehen kann, lässt man ihn nicht operieren. Wenn ein Fdl nicht mit dem Zugfunkgerät (← sein Arbeitsgerät) umgehen kann, ... BildBildBildBild

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MarkusEgger
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#270 Beitrag von MarkusEgger »

Hallo!

Meines Erachtens werden hier zwei Sachen vermischt: Die grundsätzliche Anforderung an jemanden um den Beruf Fdl auszuüben und der konkrete Einzelfall.

Ich gebe Ronny und den anderen uneingeschränkt Recht, wenn Sie sagen, dass es ein Fdl in jeder Situation können muss, die richtigen Handlungsschritte abzuarbeiten und hierbei z.B. das Zugfunkgerät richtig zu bedienen. Das gehört zur Eignungsvoraussetzung eines Fdl und ist auch keine unangemessene Forderung an einen Fdl.

Was man aber aus dieser Info nicht machen sollte - und da gebe ich F. Lehmann recht - ist aus dem allgemeinen Fall auf den Einzelfall zu schließen. Man kann zwar wohl schon jetzt mit der derzeitigen Faktenlage vermuten, dass der Fdl in diesem Einzelfall versagt hat. Was nicht geht ist daraus eine Nichteignung zu einem früheren Zeitpunkt von vornherein auszuschließen. Wir kennen den konkreten Einzelfall, die konkrete Person nicht. Klar aus dem Unfallgeschehen bei vielen Branchen in Vergangenheit ist aber abzuleiten, dass es trotz prinzipieller Eignung einer Person immer ein Versagen im Einzelfall geben kann. Und das kann sich auf einen einzelnen Tag beschränken oder aber über Wochen und Monate unmerklich herauskristallisieren.

Sicher ist es Anspruch solche Fälle möglichst rechtzeitig zu entdecken, eine 100%ige Sicherheit wird man dabei aber nie kriegen. Sonst müsste man bei jedem Fdl täglich die Eignung prüfen.

Markus

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F. Schn.
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#271 Beitrag von F. Schn. »

Ronny hat geschrieben:Die Diskussion dreht sich nicht um irgend eine Reihenfolge
Wir diskutieren darüber, welche Anforderungen man an das Fdl-Notfunksystem stellen muss.
Und in diesem Zusammenhang ist es durchaus wichtig, zu wissen, zu welchem Zeitpunkt der Notruf zum Einsatz kommt.
Und in diesem Zusammenahng ist meine These, dass der Zugfunknotruf eine ganz andere Funktion hat als ein Polizeinotruf, und zu einem viel früheren Zeitpunkt zum Einsatz kommt, der viel eher mit der Funktion eines Notaustasters vergleichbar ist als mit einem Polizeinotruf. Und dieser frühe Einsatzzeitpunkt bedingt eben auch ganz andere Anforderungen an die Schocksicherheit derartiger Systeme, als der viel spätere Polizeinotruf, den man ins blaue hinein vielleicht mit dem Notfallmanager vergleichen kann.
Ronny hat geschrieben:Zum Wesen des Menschen gehört aber auch, dass er lernfähig ist. Wenn ich etwas ständig lang und breit übe, dann schaffe ich das auch unter Extrembedingungen
An dieser Stelle muss ich noch mal deutlich machen, dass ich hier auch nur ein mittelmäßig an diesesn Thematiken interressierter Laie bin und kein Professor zum Thema Stress. Aber mein Laien-Wissen war zu diesen Themen immer, dass man bei diesen Übungen nur Situationen in den bekannten Bereich aufnimmt, die dadurch keinen Stress mehr verursachen. Im Vorliegenden Fall erzeugte jedoch nicht die Bedienung des Zugfunkgerätes den Stress, sondern das er wusste bzw. merkte, dass zwei Züge in eine eingleisige Strecke unterwegs waren. Der Einfluss des Selbstverschuldens oder der Verantwortung in diesem Bereich kann ich wie gesagt nicht einschätzen.

Dies unterscheidet die Situation denke ich auch von der von Johannes unterstellten, bei der der Stress erst durch das absetzten des unberechtigten Notrufes entsteht (falls ich ihn da nicht falsch interpretiere). Dementsprechend möchte ich auch in Frage stellen, ob das „in der einen Situation in der es wirklich anzuwenden ist“ nicht doch schief gehen kann, und berufe mich hierzu auf Bücher (Romane, nicht explizit Kirmis, sondern jegliche Szenen, die Spannung erzeugen sollen) in denen ein Geängstigter in einem ihm bekannten Raum den Lichtschalter nicht finden kann.

Oder mit anderen Worten: Wenn ein Chirurg mit einer Waffe bedroht würde und knapp an seinem Kopf vorbeigeschossen worden wäre, bevor der Angerifer verhaftet würde, würde ich ihn auch nicht Sekunden später wieder an's Skalpell lasen, auch wenn er die Tätigkeit noch so routiniert ausführt. (Abgesehen davon, dass im Regelfall er sowieso erst mal von der Polizei befragt werden würden müsste.) => BildBildBildBild ;)


@MarkusEgger:
Die größere Frage für mich stellt sich nach wie vor, wass er sich beim ziehen des Ersatzsignals gedacht hat. Was ist denn mit den Leuchtmeldern der Fahrstraße der Gegenrichtung, die er eigenthlich hätte bemerken müssen? ?( Mal abwarten, ob der Bericht da was neues bringt...
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#272 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Nabend,

Ronny Argumentiert hier wie ein BWLer, wenn Düsseldorf - Köln 50Km sind und mein Auto 200Km/h fährt, darf ich als Arbeitnehmer von Düsseldorf nach Köln nur 15 Minuten brauchen. Ansonsten bin ich für den Job nicht geeignet. Besondere Umstände gibt es nicht.

Das halte ich für Realitätsfremd.

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Ralf
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F. Schn.
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#273 Beitrag von F. Schn. »

Ich glaube, das hat in diesem Fall mit BWLern nur eingeschänkt zu tun, im Gegenteil, in meinen Augen haben sich viele Sicherheitsmaßnahmen in den vergangen Jahrzehnten gerade desshalb durchgesetzt, WEIL sie bei hohem Nutzen nur vergleichsweise wenig Aufwand sind. (Trifft natürlich bei weitem nicht für alle zu.)
Zuletzt geändert von F. Schn. am 04.08.2016 19:46:13, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#274 Beitrag von Michael_Poschmann »

Ronny hat geschrieben:... Oder ich muss eben statt mit dem Telefon zu spielen in den Zugpausen immer
wieder Notruf-Trockenübungen machen. Man kann sich nämlich auch selbst darum kümmern, etwas zu lernen, was man nicht richtig beherrscht (oder jemanden bitten, dabei zu
helfen). So etwas wird „Eigeninitiative“ genannt; das kann man von einem Erwachsenen erwarten.
Gab es nicht mal sinngemäß die Vorschrift, dass auf Stellwerken oder Schrankenposten keine Lektüre erlaubt war bzw. ist mit Ausnahme der einschlägigen Regelwerke, die in den Zugpausen für das Selbststudium genutzt werden dürfen? Diese Regelung habe ich bei Abgleich mit der Realität immer etwas amüsiert zur Kenntnis genommen. Aber sie ist zugegebenermaßen vor einem ernsten Hintergrund ersonnen worden. War zu Zeiten preußischer Staatsbahnbediensteter vermutlich etwas leichter umzusetzen.

Grüße
Michael

F(R)S-Bauer
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#275 Beitrag von F(R)S-Bauer »

@F. Schönn

Da kannst du auch ein Mathematiker nehmen, Ergebnis ist das gleiche

@Michael
Es gab auch die Regelung auf der Lok kein Musik zu hören, mit dem Hinweis das das von der Streckenbeobachtung Ablenkt. Gelegentlich wird auch beim Auto so Argumentiert, das man neben Handys auch Zigaretten, Schminkspiegel und Radios aus Ablenkungsgründen verbieten sollte.

Tatsache ist das Radios und auch Zigaretten die Aufmerksamkeit ehr Steigern und weniger Einschlafen durch Monotonie eintritt.
Ist halt die Frage wie hoch der Monotonieanteil ist, und was die folgen des Weg-knickens sind.
Handy insbesondere zum Spiele ist allerdings ähnlich wie Telefonieren am Steuer, es bindet die Aufmerksamkeit sehr stark.

@alle
Spannend wird auch die Frage ob sein Gaming auf dem Handy letztendlich Unglücks ursächlich eingestuft wird.
Nur Allein eine Regelverletzung der Dienstvorschriften führt nicht Automatisch zum Schuldspruch, es muss auch eine Kausalität vorhanden sein, nicht nur ein Korrelation. Denkbar ist das das Gericht ihn Frei spricht, dann wird die Frage um den Schadenersatz Interessant

mfg

Ralf
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Lars N.
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#276 Beitrag von Lars N. »

So einfach wie es hier einige Leute darstellen ist es nun auch nicht mit dem Notruf.
Es hängt immer von den Örtlichkeiten ab.
Heißt: Welches GSMR Gerät ist auf dem Stellwerk, wieviele Funkzellen gibt es im Zuständigkeitsbereich etc.
Bei einer Dicora-S auf einem großen DR Stellwerk oder in einem Steuerbezirk in der BZ z.B. kann man ruhig auf die große
rote Schaltfläche drücken, da öffnet sich erstmal ein neues Fenster in den man aus zig Streckenabschnitten zu denen es immer
2 Möglichkeiten gibt (Notruf-Strecke oder Zf-Notruf) auswählen muß. So ein Fenster hat gut und gerne 20 Einträge und mehr.
Wenn man gerade unter Schock steht, weil man realisiert dass man gerade zwei Zugfhrten auf Kollisionskurs geschickt hat,
dann viel Spaß beim heraussuchen des richtigen Button!

Es ist immer leicht über andere zu urteilen, wenn man wenig bis keine Ahnung hat.
Das entscheidene und einzige was ich dem Kollegen vorwerfe ist, dass ich bei einer Störung alles mache, aber bestimmt
nicht mit dem Handy zocke, das war der Auslöser für das Unglück.

Der Schock und alles andere kann jedem noch so korrekten Kollegen, jederzeit genauso ereilen. Dagegen ist kein Kraut
gewachsen.

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Ronny
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#277 Beitrag von Ronny »

Michael_Poschmann hat geschrieben:Gab es nicht mal sinngemäß die Vorschrift, dass auf Stellwerken oder Schrankenposten keine Lektüre erlaubt war bzw. ist mit Ausnahme der einschlägigen Regelwerke, die in den Zugpausen für das Selbststudium genutzt werden dürfen?
Ein Verbot von Lektüre sagt mir jetzt nichts, allerdings können Color Climax und dergleichen sicher schon mal mehr ablenken als ein Phil Collins ...

Fahrdienstvorschriften DR, gültig vom 1. April 1944 an
§ 2 (2)Alle im Betriebsdienst tätigen Beamten sollen sich bewußt sein, daß Leben und Gesundheit der Reisenden wie der Beamten selbst von der sicheren Führung des Betriebs abhängen und daß die Sicherheit des Betriebs
schon durch geringfügige Verstöße gegen die zu seiner Handhabung erlassenen Vorschriften gefährdet werden kann. Die Beamten sollen es sich zur Pflicht machen, die Vorschriften gewissenhaft zu befolgen, ihre
Geschäfte mit der dem Wesen des Eisenbahnbetriebs entsprechenden Raschheit, aber ohne Überstürzung, zu erledigen. Mit vereinten Kräften sollen sie danach streben, Unregelmäßigkeiten hintanzustellen.
§ 2 (3)Die Sorge für die Sicherheit und Pünktlichkeit des Betriebs geht allen Arbeiten vor, die einem Beamten des Bahnbetriebs sonst noch übertragen sind.
Gab es aber auch schon in der Fassung vom 1. September 1933 fast gleichlautend. Mit minimalen Abweichungen („Mitarbeiter“ statt „Beamter“ usw.) geht das mindestens bis zur Ausgabe 1. Januar 1993.

Züge fahren und Rangieren – Fahrdienstvorschrift – DB AG, gültig vom 28. Mai 2000 an
408.0112 (1)Die Mitarbeiter haben in erster Linie für die Sicherheit des Bahnbetriebs zu sorgen. Daneben geht die Sorge für die Pünktlichkeit allen Arbeiten vor, die ihnen sonst noch übertragen sind. Die Mitarbeiter haben,
soweit erforderlich, eine richtigzeigende Uhr zu tragen.

Mitarbeiter dürfen Ton- Funk- Fernseh- oder Datenverarbeitungsgeräte nur betreiben, wenn dies für die Durchführung der von ihnen wahrzunehmenden Aufgaben erforderlich ist.
Der letzte Satz ist in der 2000er 408 aber nicht neu, muss also irgendwann zwischen April 1993 und September 1999 dazugekommen sein.
In der aktuellen Fassung steht, mit minimalen Abweichungen („Tätigkeiten“ statt „Aufgaben“ usw.), das Gleiche.

F(R)S-Bauer hat geschrieben:Ronny Argumentiert hier wie ein BWLer, wenn Düsseldorf - Köln 50Km sind und mein Auto 200Km/h fährt, darf ich als Arbeitnehmer von Düsseldorf nach Köln nur 15 Minuten brauchen. Ansonsten bin ich für den Job nicht geeignet. Besondere Umstände gibt es nicht.

Das halte ich für Realitätsfremd.
Realitätsfremd ist wohl eher dein Beitrag.
1. Als Autofahrer (gezwungenermaßen, weil attraktiver öffentlicher Nahverkehr scheinbar nicht erwünscht ist) weiß ich, dass diese Rechnung eine Michlmädchenrechnung ist.
2. Als Homo sapiens muss ich mich aber auch auf diese Umstände einstellen und nicht einfach wie eine Mumie drauflos fahren. Da informiert man sich mal über die Verkehrslage und fährt vielleicht mal nicht Autobahn.
Klar, wenn direkt vor mir ein Baum auf die Straße fällt, konnte ich das nicht einplanen und werde dann wohl etwas später auf Arbeit sein. Was hat das nochmal mit dem Zugfunknotruf zu tun?
3. Willst du als Fahrgast kompetente Leute auf den Stellwerken und in den Führerräumen oder lieber Typen, die nicht bei der Sache sind und dann nicht einmal einen ordentlichen Notruf zustande bringen?
Wo ist für dich die Grenze?
Glen hat geschrieben:So einfach wie es hier einige Leute darstellen ist es nun auch nicht mit dem Notruf.
Es hängt immer von den Örtlichkeiten ab.
Heißt: Welches GSMR Gerät ist auf dem Stellwerk, wieviele Funkzellen gibt es im Zuständigkeitsbereich etc.
Wir sind ja nun schon vor einer ganzen Weile beim Dicora-C angekommen. Wenn man mal lesen würde, dann würde man das wissen.
Bei einem Stellwerksbereich mit zwei zweigleisigen Bahnhöfen an einer eingleisigen Strecke wird der auch keine zwei Notrufbezirke haben.
Glen hat geschrieben:Es ist immer leicht über andere zu urteilen, wenn man wenig bis keine Ahnung hat.
Sprichst du hier bestimmte Leute an?

F. Lehmann
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#278 Beitrag von F. Lehmann »

Ronny hat geschrieben:Bei einem Stellwerksbereich mit zwei zweigleisigen Bahnhöfen...
Drei Bahnhöfe :P

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Carsten Hölscher
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#279 Beitrag von Carsten Hölscher »

Wenn es hier weiter in Richtung gegenseitiges Anmotzen geht, dann wird der Beitrag geschlossen.

Carsten

F(R)S-Bauer
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#280 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Ronny hat geschrieben:...
3. Willst du als Fahrgast kompetente Leute auf den Stellwerken und in den Führerräumen oder lieber Typen, die nicht bei der Sache sind und dann nicht einmal einen ordentlichen Notruf zustande bringen?
Wo ist für dich die Grenze?
...-
Kompetenz hat nichts, aber auch wirklich gar nichts damit zu tun wie ein Mensch in Ausnahmesituation reagiert, egal wie du sie Ausbildest. Du stellst dich hin und Bestreitest das mit dem Hinweis auf "Nicht geeignetes" Personal.
Damit machst du auf dem Feld dieses Unglücks das gleiche wie der der Behauptet das man es in 15minuten mit dem Auto schaft.
Um es mal nochmal als Vergleich zu sagen:: Du Schließt aus der Verzögerung beim Autofahren im Stadgebiet köln auf den Wert in Düsseldorf und nimmst den Kölner Wert mal 2. De fakto ist es aber Deutlich anders.

Der Punkt ist letztendlich, auch bei bester Ausbildung bleibt ein Restrisiko das der Mann aufgrund eines Auslösers versagt. Diese Passiert am Häufigsten, wenn es ein gefühlte Bedrohung seiner Eigene Existenz gibt. Dabei ist es Egal ob es aufgrund eines Eigenverschuldeten Fehlers oder eine Äußeren Bedrohung erfolgt. Diese würde dann hier durch das erfassen das "Ich schuld bin" gegeben ist, aufgebaut. Das heißt aber noch lange nicht das der Man nicht für seine Tätigkeit geeignet ist. Denn wenn man diesen Ausnahmetatbestand überall anwenden würdest, sehr viele Leute dürften Ihren Job nicht machen...

mfg

Ralf
Zuletzt geändert von F(R)S-Bauer am 04.08.2016 23:07:16, insgesamt 3-mal geändert.
Verstehe die IT, heute: IoF -> Internet over Fax, eine Deutsch Erfindung...

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