Zugunglück Bad Aibling

Fragen der echten Bahntechnik, Lokbedienung, PZB usw.
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Michael_Poschmann
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#281 Beitrag von Michael_Poschmann »

@ Ralf: Das von Dir ins Feld geführte Augenblicksversagen ist menschlich und wird nicht auszuschließen sein.
Was mich jedoch stutzig macht - und wo ich durchaus Ronnys Argumentation nachvollziehen kann, mit der er die grundsätzliche fachliche und charakterliche Eignung in Frage stellt - ist der kolportierte Sachverhalt mit der Ablenkung durch Mobilfunkgerät bzw. Spiel. Nenne mich altmodisch, aber auch in heutiger Zeit hat derartige Ablenkung nichts auf Stellwerken - oder auch in Führerständen - verloren. Als geneigter Beförderungsfall verlasse ich mich darauf.

Grüße
Michael

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F. Schn.
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#282 Beitrag von F. Schn. »

Ich finde es übrigens lustig, dass wir hier eigentlich nur auf Basis von Gerüchen diskutieren. :) Es reichte aus, das Thema im [Zusi-]Chat zu verlinken, das der Widerspruch kam „Da gibt es so weit ich weiß doch ein Wenzel“. :rolleyes:
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Carsten Hölscher
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#283 Beitrag von Carsten Hölscher »

Dass man - erst recht im Zusammenhang mit Zs1 usw. - sich bei der Arbeit nicht durch Smartphone&Co ablenken darf, ist hier wohl unbestritten.
Die Frage, wie man einen Notruf möglichst sicher auf den Weg bringt, kann man aber denk ich schon diskutieren. In einer Schocksitution macht man schon mal komische Sachen, was man wohl auch doch noch so viele Trockenübungen nicht trainieren kann. Passt nicht ganz zum Thema, aber mir hat auf dem Rad fahrend mal ein Autofahrer die Vorfahrt genommen, so dass ich heftig bremsen musste und es fast zur Kollosion gekommen ist. Ich bin danach weitergegangen und hab mein Rad geschoben und erst eine ganze Zeit später fiel mir auf, dass ich ja eigentlich weiter radeln könnte...

Carsten

F(R)S-Bauer
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#284 Beitrag von F(R)S-Bauer »

@Michael,

Soweit OK, ich bestreite ja auch nicht das er sich Fehlverhalten hat, weil er Handyspiele im Stellwerk gemacht hat. Aber war es ursächlich für den Unfall, das wird das Gericht zu klären haben. Wenn es das nicht war, habe wir bei dem Unglück und der nachfolgen Panik einen andern Auslöser.

Klar man ist natürlich Gerne dabei aufgrund diese Fehlverhalten ihm die Schuld zu geben, es ist halt so einfach. Kein Handy = Kein Unfall, versteht auch Oma Kruse.

Und ich gehe sogar noch weiter, wenn das Handy nicht Ursächlich war würde der Umstand alleine noch nicht mal ein Entlassung Rechtfertigen, allenfalls einen Abmahnung mit Nachschulung.

@Carsten,

wenn du so was bei eine 3. gesehen hättest, hättest du dann auch geschoben oder ggf. die 110/2 gerufen wen es notwendig gewesen wäre?

mfg

Ralf
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Alwin Meschede
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#285 Beitrag von Alwin Meschede »

http://www.sueddeutsche.de/bayern/landg ... -1.3259543" target="_blank - Die EUB hat sich nach dem Unfall das Stellwerk Bad Aibling angeschaut, und es kam jede Menge Klärschlamm hoch. Technisch sinnvolle Nachrüstungen wurden seit 1984 verschleppt. Die Öril MaB hatte mit der Realität nicht ganz so viel zu tun. Seit Ewigkeiten ein Schaltfehler im Stelltisch, der den Mitarbeitern den Dienst erschwerte.
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F. Schn.
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#286 Beitrag von F. Schn. »

Ah. Den Erlaubnisempfangsmelder habe ich auch schon vermisst, seit das Internet mir vor ein paar Tagen die Stelltischbilder vor die Nase geworfen hat. Aber ich sehe das genauso wie die EUB: Das Handy hätte die Anlage verkraftet, wenn er bei der ersten Zählpflichtigen Handlung angefangen hätte, sich zu überlegen, was er da tut.
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Johannes
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#287 Beitrag von Johannes »

Hier ist ein etwas detaillierterer Bericht (wobei man immer hoffen muss, dass die Fachbegriffe richtig uebernommen worden sind)
Der Zeuge geht nun auf die Bedingungen, die der Fahrdienstleiter betrieblich durcharbeiten muss, um Ersatzsignal geben zu dürfen ein. Demnach müsse er eine Räumungsprüfung durchführen. Es ist aber keine Einzelräumungsprüfung dokumentiert. Michael P. habe die Räumungsprüfung durch zwei Blockabschnittsprüfungen ersetzt. Dies sei unzulässig. Eine Dokumentation der Blockabschnittsprüfung habe sich in den zu führenden Unterlagen des Fahrdienstleiters ebenfalls nicht gefunden.
Unabhängig von der vorhandenen Blockbauform wäre am Ereignistag immer die Durchführung einer Räumungsprüfung durch den Fahrdienstleiter erforderlich gewesen“, erklärt der Bahnexperte. „Wir haben eine unsinnige und unvollständige Ausleuchtung zwischen Bad Aibling und Kolbermoor. Hier ist eindeutig ein Schaltfehler drin.“
Die vorliegenden Unterlagen legen für den Zeugen die Auffassung nahe, dass es sich nicht um einen Zentralblock zwischen Bad Aibling und Kolbermoor handle. Hieraus folgen laut dem Zeugen zwei Tatsachen: „Zwischen Bad Aibling und Kolbermoor hätte im Rahmen der der Bundesbahn zur Verfügung stehenden Mittel nachgerüstet werden müssen. Zwischen Bad Aibling und Kolbermoor fehlen Erlaubnisabhängigkeit, Ausfahrsperrmelder und Vor- bzw. Rückblockmelder.
Kritik übt der Zeuge auch am neuen Regelwerk für Mitarbeiter der Bahn. Daraus gehe nicht hervor, welche Bestimmungen ein Fahrdienstleiter anwenden soll: die für Selbstblock oder die für Zentralblock? "Der Fahrdienstleiter hängt in der Luft", so der Sachverständige. Auch seien die Regeln für Triebfahrzeugführer einfach unverändert übernommen worden, obwohl diese seit 12.12.2015 nicht mehr gültig seien.

F(R)S-Bauer
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#288 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Hallo,

Das alte Spiel, oben wird gespart und Boni-ert und unten wird Bestraft und Existenzvernichtung gemacht wenn man dann daneben packt...
Aber es ist sicher Fraglich ob die Nachrüstung das ganze verhindert hätten, ich habe da mein Zweifel.

Das Grundsätzlich Problem ist das Zs1/7/... etc. Wenn man das Notfall-System nicht kippen will braucht man eine 4 Augen-Kontrolle um die Sicherheit zu erhöhen. Also ein Art Notfallmanager für das Zs1... Auf der anderen Seite sollte man Aufhören dauerndes Zs1 bedienen zu Tolerieren, wenn es dazu dient Anlagenfehler zu kaschieren um sich die Wartung zu sparen. Ich weiß nicht wie hoch die Zs1 Bedienrate ist, aber wenn das zur Routinehandlung wird ist was Faul. Ich vermute aber das es dafür kein Verlässlichen zahlen gibt.

mfg

Ralf
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F. Schn.
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#289 Beitrag von F. Schn. »

Johannes hat geschrieben:
Die vorliegenden Unterlagen legen für den Zeugen die Auffassung nahe, dass es sich nicht um einen Zentralblock zwischen Bad Aibling und Kolbermoor handle. Hieraus folgen laut dem Zeugen zwei Tatsachen: „Zwischen Bad Aibling und Kolbermoor hätte im Rahmen der der Bundesbahn zur Verfügung stehenden Mittel nachgerüstet werden müssen. Zwischen Bad Aibling und Kolbermoor fehlen Erlaubnisabhängigkeit, Ausfahrsperrmelder und Vor- bzw. Rückblockmelder.
Also das möchte ich noch mal im EUB-Bericht lesen. Blockprüfung ohne Zentralblock... Ausfahrsperrmelder BEI Zentralblock... Fragezeichen!?
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F(R)S-Bauer
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#290 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Hallo,

Da es im Artikel vorher gestanden hat, habe die beiden Orte nicht ein gemeinsames Stellwerk und passiert die Abhängigkeit nicht über die Fahrstrassen?
Was bringt mir dann ein Erlaubnisswechsel wenn es der gleiche FDL ist?

mfg

Ralf
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F. Schn.
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#291 Beitrag von F. Schn. »

F(R)S-Bauer hat geschrieben:habe die beiden Orte nicht ein gemeinsames Stellwerk und passiert die Abhängigkeit nicht über die Fahrstrassen?
Was bringt mir dann ein Erlaubnisswechsel wenn es der gleiche FDL ist?
Exakt: Beide Orte werden vom selben Stellwerk gestellt und die Abhängigkeiten über Zentralblockfahrstraßen auf Spurebene incl. des Ausschlusses von Gegenfahrten sichergestellt. Leuchtmelder, die in etwa die Funktion der Erlaubnis haben, kann es trotsdem geben. In so fern ist mir wie gesagt auch nicht ganz klar, wie viel % Sinngehalt des Experten da nach der Presseberichterstattung übrig geblieben ist. In Anbetracht der Erwähnung der Ausfahrsperr-, Vor- und Rückblockmelder gehe ich eher davon aus, dass er diese Beobachtungen wohl zur Bestimmung der Blockbauform herangezogen hat, und er wohl insbesoderen bei den letzten dreien keine fehlerhafte Installation reklamieren wollte. Daher warte ich da lieber mal den Bericht ab.
Zuletzt geändert von F. Schn. am 21.11.2016 21:17:16, insgesamt 1-mal geändert.
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stuvar
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#292 Beitrag von stuvar »

Es wäre auch interessant zu wissen, ob der Experte ein vom EBA anerkannter Gutachter für die Stellwerksbauform ist oder sich überhaupt schon mal mit einer solchen Stellwerkstechnik zu tun hatte. Und selbst dann ist offen, in welcher Größenordnung er Zugang zur Anlage hatte und wieviel Zeit in das Gutachten investiert wurde. Es kann aber genausogut sein, dass die Infos durch die Filterung der Medien falsch rüberkommen...

Zu dem Thema der Falschausleuchtung am Tisch: Wenn es hier wirklich einen offensichtlichen Fehler gegeben haben soll, wurde er dann gemeldet? Soll er wirklich mehrere Jahre unentdeckt im Stelltisch geschlummert haben? Also hier würde ich auch gern den EUB abwarten.

Und noch was zur Erlaubnis: Wenn 2 Bahnhöfe zur selber ESTW-Z gehören und keine Awanst oder Blocksignale existieren, dann kann ich auch auf eine separate Erlaubnis verzichten. Hab ich seit einiger Zeit nicht mehr neu gesehen, ist aber in bestehenden Anlagen gängige Praxis.


Gerd

Lonestarr
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#293 Beitrag von Lonestarr »

F(R)S-Bauer hat geschrieben: Das Grundsätzlich Problem ist das Zs1/7/... etc. Wenn man das Notfall-System nicht kippen will braucht man eine 4 Augen-Kontrolle um die Sicherheit zu erhöhen. Also ein Art Notfallmanager für das Zs1...
Was soll das bringen? Ich bin schon vorsichtig, bei meinem Kollegen am Nachbarbedienplatz die Zulässigkeit einer betrieblichen Ersatzhandlung zu beurteilen. Wie soll das dann jemand machen, der gar nicht vor Ort und mit der aktuellen Situation nicht vertraut ist?
Auf der anderen Seite sollte man Aufhören dauerndes Zs1 bedienen zu Tolerieren, wenn es dazu dient Anlagenfehler zu kaschieren um sich die Wartung zu sparen. Ich weiß nicht wie hoch die Zs1 Bedienrate ist, aber wenn das zur Routinehandlung wird ist was Faul. Ich vermute aber das es dafür kein Verlässlichen zahlen gibt.
Da gab es jüngst tatsächlich eine Erhebung, das erste Mal, daß ich sowas erlebt habe. Da ich die Daten selbst herausgezogen habe, kann ich grob aus dem Gedächtnis sagen: Bei unseren 14 Bahnhöfen und einer Überleitstelle gab es innerhalb zwei Monaten 32 Zs 1- Bedienungen. Davon entfielen allein 17 auf einen Relaisblockabschnitt an der Schnittstelle zu einem Nachbarbereich. Dort gab es eine hartnäckige Streckenblockstörung, die sich erst nach etlichen Fehlversuchen einkreisen ließ. Dann waren noch einige Bedienungen wegen Fahrtrücknahme in einem anderen Relaisblockabschnitt sowie wegen einer Gleisfreimeldestörung, die sich über zwei Bahnhöfe und den dazwischenliegenden Streckenabschnitt erstreckte.

Gruß Thomas

F(R)S-Bauer
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#294 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Hallo,

nun, im Zweifel mit einem 2. FDL, zur Not "Remote" via Videoübertragung / Stelltischübertragung und Absprache. Im Konkreten Fall war ja wohl selbst erzeugter Stress (Handyspiel), der die Falschhandlung förderte oder dafür Sorgte das der FDL den Überblick verlor. Eine 2. Person bringt da erst mal Ruhe rein und Schützt vor Operativer Hektik. Zu Hinterfragen wäre, ob das nicht bei Eingleisigen Strecken als Maßnahme geeignet ist, da die Frontalfahrt das Schlimmste aller Unglücke ist.

mfg

Ralf
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Zimmer
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#295 Beitrag von Zimmer »

Wenn man all die Fälle, in denen keine "Frontalfahrt" (Zugkollision) geschehen ist, obwohl die Sicherungseinrichtung (aus welchen Gründen auch immer) übergangen wurde, in Relation zu den Fällen setzt, in denen es zu einer Zugkollision (oder gar zu einem anderen gefährlichen Ereignis) gekommen ist, dürfte man erkennen, daß die statistische Eintrittswahrscheinlichkeit verschwindend gering ist. Ein gewisses Restrisiko kann man nicht ausschließen.

Ich persönlich würde dem Gericht aufgeben, zu prüfen, in wie fern die politische und unternehmerische Entscheidung, aus dem echten Betriebsbeamten "Fahrdienstleiter" einen einfachen Angestellten zu machen (bzw. in anderen Bezirken sogar einen Leiharbeiter) ein ggf. fehlendes Verantwortungsbewußtsein begründet. Auch zu prüfen wäre, wer veranlaßt hat, daß
(2) Alle im Betriebsdienst tätigen Beamten sollen sich bewußt sein, daß Leben und Gesundheit der Reisenden wie der Beamten selbst von der sicheren Führung des Betriebs abhängen und daß die Sicherheit des Betriebs schon durch geringfügige Verstöße gegen die zu seiner Handhabung erlassenen Vorschriften gefährdet werden kann. Die Beamten sollen es sich zur Pflicht machen, die Vorschriften gewissenhaft zu befolgen, ihre Geschäfte mit der dem Wesen des Eisenbahnbetriebs entsprechenden Raschheit, aber ohne Überstürzung, zu erledigen. Mit vereinten Kräften sollen sie dahin streben, Unregelmäßigkeiten hintanzuhalten.
aus dem § 2 der FV (müßte irgenwann in den 90ern geschehen sein) getilgt worden ist.

@Ralf: Wenn du das Handyspiel als förderlich bzw. ursächlich für den Verlust des Überblicks erkennst, ist dann die Forderung nach einem zweiten Mann tatsächlich die Lösung? Aufdrängen würde sich doch eher das Weglassen des Spiels (was auch in Einklang mit den schon bestehenden Vorschriften wäre!).

Nach Mannheim und Bad Aibling ist m.E. generell zu prüfen, wie die Betriebsvorschriften auf das neumodische Kommunikationsverhalten anzupaßen ist. Wenn jemand noch alte Fachzeitschriften aus den 70ern hat, dort gab es (in meiner dunklen Erinnerung) ähnliche Debatten ob der Einführung des ZBF (Ablenkung des Tf durch Gespräche usw.)

Grüßle,

Johannes

F(R)S-Bauer
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#296 Beitrag von F(R)S-Bauer »

@Johannes
Zimmer hat geschrieben:..
@Ralf: Wenn du das Handyspiel als förderlich bzw. ursächlich für den Verlust des Überblicks erkennst, ist dann die Forderung nach einem zweiten Mann tatsächlich die Lösung? Aufdrängen würde sich doch eher das Weglassen des Spiels (was auch in Einklang mit den schon bestehenden Vorschriften wäre!).
...
Grüßle,

Johannes
Ich Denke das Sind 2 Probleme:
1) Ob das Handy die Mitursache war wird das Gericht Klären müssen, nur habe ich schon öfter beobachtet, das Menschen die sich gerade auf das Handyspiel konzentriert hatten, einige Zeit brauchten bis Sie wieder in der Wirklichkeit angekommen waren. Um mal denn anderen Aspekt in nicht direkt Vergleichbaren Fall zu beleuchten: Die Tfzf Durften auch Jahrelang kein Radio/Musik hören weil man u.a. um die Konzentration fürchtete. Tatsächlich sorgt es wohl zu mindesten im Güterverkehr dafür das der Tfzf nicht ein schläft bzw in Monotonie versinkt.

2) Die Grundsätzliche Sicherheitslücke bei Zp1, ohne Technische Unterstützung oder 4 Augen Grundsätzlich fehleranfällig. Wie ich im Bahnerforum erfahren habe wird beim ESTW wohl eine etwas andere Verfahrensweise verwendet, in Form eine Prüfliste am System.

mfg

Ralf
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Zimmer
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#297 Beitrag von Zimmer »

Hallo Ralf,

ad 1) In allen mir bekannten EVU ist dem Triebfahrzeugführer auch heute noch untersagt, eben weil es ablenkt.

ad 2) Welche "grundsätzliche Sicherheitslücke"? Dieser Modus zieht sich - auch bei DSO - durch alle Diskussionen zu dem Thema. Die Bedienung aller Ersatzsignale (Zs 1, 7, 8) ist gegen unbeabsichtigte Bedienung durch eine Reihe technischer Vorrichtungen geschützt (bei mech./elmech. Stw bin ich mir mangels Erfahrung nicht wirklich sicher, ob hier nur eine Plombe vorgesehen ist oder ggf. auch noch mehr). Bei Drucktastenstellwerken und ESTW mit Weichenselbstlauf ist - außer in Ausnahmefällen, in denen die Festlegung einer Fahrstraße ausgewertet wird - im betroffenen Stellwerksbereich auch die Weichenlaufkette zu sperren, sonst bleibt die Bedienung des Ersatzsignals wirkungslos. Ob die betrieblichen Bedingungen darüberhinaus erfüllt sind (Räumungsprüfung!), kann das Stellwerk in dem Fall nicht mehr prüfen (sonst wäre ja das Hauptsignal in Fahrstellung gekommen, von ganz wenigen Ausnahmen in Bauzuständen mal abgesehen). Hier bleibt nur der Mensch als Rückfallebene. Dieser hat als solcher eine gewisse Fehleranfälligkeit, und diese ist, auch nicht durch Multiplizierung des Faktors, vollständig auszuschließen. Es wird immer ein Restrisiko bleiben. Wenn auf >>> 1.000.000 Zs 1 Bedienungen eine zu einem Betriebsunfall führt, zeigt das m.E., daß das System äußerst zuverlässig funktioniert.

Das - auch an anderer Stelle - vielmals vorgebrachte Argument, mit einer Checkliste wäre das nicht passiert (so sie denn auch tatsächlich abgearbeitet worden wäre) kann ich ebenfalls nicht gelten lassen. Der Inhalt dieser Checkliste ist elementarster Bestandteil der Fdl-Tätigkeit, nämlich Zugfahrten zuzulassen, wenn alle Voraussetzungen dafür gegeben sind. Dem Soldaten gibt man auch keine Checkliste zum ordnungsgemäßen Zusammenbau des Gewehrs mit in den Krieg, sondern man drillt ihn im Vorhinein so, daß das sitzt. Und nur so kann das funktionieren. Die Obrigkeit kann - durch Konstanthalten des Regelwerkkatalogs, durch umfassende und nachhaltige Schulungen, durch ständig repetiertes Voraugenführen der möglichen Konsequenzen - hier noch für Verbesserungen sorgen. Alte Betriebslehrer haben mir immer und immer wieder gesagt: "Kerle, no nix narredts. Immer sche d'r Reihe noch!" (Kerl, nur nichts unüberlegtes. Immer schön der Reihe nach!"). Im Stellwerksdienst habe ich eine Aversion gegen die PEPSI-Cola entwickelt, wollte der Ausbilder doch immer auf eine solche eingeladen werden, wenn man mal wieder einen der Punkte 'übersprungen' hat. (PEPSI = Prüfen, Einstellen, Prüfen, SIchern)

Darüber hinaus ist das Zs 1 eingeführt worden, um im Störungsfalle effektiv Zeit einzusparen, weil die umständliche Übermittlung eines Befehls durch das Signal ersetzt wird. Wenn es jetzt auf Fdl-Seite 10 Minuten dauert, bis er das Zs 1 hinkriegt, ist es besser, doch gleich den Befehl zu schreiben.

Das Durchführen von Zugfahrten "auf besonderen Auftrag" (früher (und m.E. auch besser): "ohne Hauptsignal") ist und bleibt eine Rückfallebene. Das heißt, bis diese zur Anwendung kommt, ist schon mindestens eine "Scheibe Käse" im Sicherheitssystem an einer Lochstelle getroffen worden. Je weiter nach hinten, desto häufiger werden die Löcher eben. Das heißt aber nicht, daß das System "grundsätzlich" unsicher wäre.

Grüßle,

Johanens

F(R)S-Bauer
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#298 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Hallo Johanens,

zu 1.) Es ist im Ermessen der EVU gestellt laut Aussagen von TFzF unter anderem hier oder im Bahnerforum. Viel Privatbahnen haben derweil auch CD-Player und Oder Audiosystem von Bose etc. an Bord. Lediglich die Fälligen Rundfunkgebühren halten einige EVUs davon ab das zu erlauben. Jedenfalls habe ich eine Information in Erinnerung, das es Keine EBA Weisung dazu gibt die es Grundsätzlich verbietet.

Ich meine Timo hätte das auch mal hier im Forum geschrieben, ist aber etwas her. Allerdings ist es wohl so das bei ZF dann das Gerät Stumm geschaltet wird.

mfg

Ralf
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F(R)S-Bauer
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#299 Beitrag von F(R)S-Bauer »

Nabend,

Zwischenbericht des EBAs:https://www.eisenbahn-unfalluntersuchun ... onFile&v=2

Der Kritische Punkt ist wohl Seite 14, 9+12.
Man sieht auch sehr schön den Telefonapparat, als so unübersichtlich ist der meines Erachtens nicht. Der FDL muß wohl total daneben gewesen sein.

Und das der Stelltisch nicht überschaubar wäre...hmm, weniger ist wohl ein Radweg...

mfg

Ralf
Zuletzt geändert von F(R)S-Bauer am 07.03.2017 23:29:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Johannes
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Re: Zugunglück Bad Aibling

#300 Beitrag von Johannes »

F(R)S-Bauer hat geschrieben:Man sieht auch sehr schön den Telefonapparat, als so unübersichtlich ist der meines Erachtens nicht. Der FDL muß wohl total daneben gewesen sein.
Klar war der daneben, vermutlich unter Schock. Und wenn man unter Schock steht und sieht dann eine Liste mit den Punkten
  • ZF-Not MWM-MRO
  • Not Str MWM-MRO
dann ist die Chance, dass man den richtigen erwischt, vermutlich genau 50:50. Dank AkueFi unterscheiden sich die Eintraege nicht mal in der Haelfte der Zeichen. Nicht umsonst hat die EUB hier die Sicherheitsempfehlung ausgesprochen, die Trennung zwischen Zugfunk- und Streckennotruf aufzuheben.

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