Zugunglück Mannheim

Fragen der echten Bahntechnik, Lokbedienung, PZB usw.
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Ronny
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Re: Zugunglück Mannheim

#161 Beitrag von Ronny »

F. Schn. hat geschrieben:Hätte der Fdl das Signal ein paar Sekunden Später auf Halt gestellt, wäre der Indusi-Magnet ebenfalls noch bei Vr1 drüber gekommen. Das Fahrzeug wäre aber immer noch im Gleisfreimeldeabschnitt 11 <-> 13 gewesen, weil der Gefahrenpunktabstand (die 50 m hinter Sbk 13) ebenfalls noch zu dem Gleisfreimeldeabschnitt 11 <-> 13 gehört. Für den Fdl wäre der Unterschied also nicht zu sehen gewesen.
Richtig, und deshalb hätte sich der Zug noch im Abschnitt 9 <–> 11 befinden müssen. Das war das, was ich damit sagen wollte: nivht vor Sbk 13, sondern noch vor Sbk 11.
F. Schn. hat geschrieben:Das die Situation hier durch ein Gespräch geklärt hätte werden können (was wegen des fehlenden Funks nicht ging) war also eher einem Zufall geschuldet, als geplant. Daher ist sie auch nicht "der zentrale Punkt", sondern nur "Beiwerk".
Es geht um die Zwangsbremsung als Anstoß für den Tf, zu handeln.
Aktuell muss immer der Fdl benachrichtigt werden. Dadurch hätte diese Situation vermieden werden können. Ich habe mit Absicht diese Situation gewählt, um zu zeigen, dass es Situationen geben kann, in denen "optionale Verständigung" gefährlich ist.

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Johannes
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Re: Zugunglück Mannheim

#162 Beitrag von Johannes »

Dieses "Mahnmal" steht uebrigens seit geraumer Zeit auf einem Abstellgleis in Mannheim Hbf, gut zu sehen aus dem Zugfenster bei jeder Ein- und Ausfahrt:

Bild
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Hat dieser Zettel etwas zu bedeuten?

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Gruesse
Johannes

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Dennis Bork
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Re: Zugunglück Mannheim

#163 Beitrag von Dennis Bork »

Der Zettel ist das Muster V. Dort wird sinnigerweise angegeben sein dass der Wagen nicht bewegt werden darf :D

Alwin Meschede
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Re: Zugunglück Mannheim

#164 Beitrag von Alwin Meschede »

Alwin Meschede hat geschrieben:Aus dem Kopf heraus kann ich gerade noch nicht einmal sagen, ob im Zuge der Sicherheitsmanagementsystem-Thematik ein solcher Prozess durch die Eisenbahnaufsicht von jedem EVU zwingend eingefordert wird.
Um hier noch einen Deckel drauf zu machen: Ich habe mal Papier dazu gewälzt, aus dem hervorgehen würde, dass Zwangsbremsungen zwingend in der Firma zu melden und zu untersuchen sind. Ergebnis: Keine Forderung aus der "TSI Betrieb" heraus (Technische Spezifikation Interoperabilität Betrieb - wer dieses Wort unfallfrei aussprechen kann, hat die Prüfung zum Eisenbahnbetriebsleiter schon halb bestanden...). Keine Forderung im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung einer Sicherheitsbescheinigung ohne Sicherheitsmanagementsystem (das ist der Rechtsrahmen, in dem derzeit noch die meisten Krauter unter den EVUs unterwegs sein dürften). Nur bei einer Sicherheitsbescheinigung mit Sicherheitsmanagementsystem greift der Leitfaden des Eisenbahnbundesamtes das Thema "Überwachung von Triebfahrzeugführern mittels Fahrtverlaufsauswertungen" als mögliche Risikokontrollmaßnahme auf. Konkrete Vorgaben, was genau zu tun ist, macht das EBA an dieser Stelle nicht. Eine Pflicht, nach Schichtende einen Zwangsbrems-Meldebogen abgeben zu müssen, würde ich jedenfalls in den knappen Leitfaden-Text nicht hineininterpretieren. Aber ich bin da nicht maßgeblich. Ergebnis dieser Recherche ist für mich jedenfalls: "Alles kann, nichts muss".
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Carsten Hölscher
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Re: Zugunglück Mannheim

#165 Beitrag von Carsten Hölscher »

Entspricht auc meinem Kenntnisstand, dass das nicht vorgeschrieben ist.
Ronnys Beispiel ist ncht so richtig treffend für diese Fragestellung. PZB ist ja gerade so ausgelegt, dass sie bei Annäherung an Hp0 mit sehr großer Wahrscheinlichkeit den Zug vor dem Gefahrpunkt zum Halten bringt. In bestimmten Situationen mag das mal nicht klappen, aber das wird sich nie völlig vermeiden lassen, selbst unter LZB müssen die Schienen nur glitschig genug sein, irgendwann reicht die Bremskraft dann nicht mehr aus.
In diesem Beispiel muss also das Zurückfallen des Vsig in genau der Sekunde zwischen "Signal aus Sichtfeld" und Lokvorbeifahrt stattfinden, man braucht einen außergewöhnlich langen Blockabschnitt, das Fehlen eines hier eigentlich notwendigen Vorsignalwiederholers und dann noch einen ja eigentlich zu schnell fahrenden Zug. Denn wenn der in G so eine Strecke runterfährt, dann sicherlich planmäßig mit reduziertes vmax oder es liegt zumindest ein nicht den Verhältnissen angepaßten Fahrstil vor. Das Anfunken bei der Zwangsbremsung ist dann hier eher zufällig die Verhinderung des Unfalls.
In Bienenbüttel hat damals wohl ein Zs6 das Entgleisen eines ICE verhindert, als das Stw bei der Überleitung ins Gegengleis vmax statt 80 in die LZB gemeldet hat, was der Tf am Zs6 erkannt hat. Jetzt kann man daraus auch nicht die Forderung ableiten, dass man über überall Fahrweganzeiger installieren muss, um diesen (einmaligen) Stw-Fehler abzudecken.

Dass viele Tf eine Zwangsbremsung nicht mit dem Fdl absprechen liegt doch daran, dass man sich sicher ist, den Grund erkannt zu haben und wenn damit keine Gefahrt verbunden ist, dann will man sich zum einem nicht die Blöße geben, deswegen beim Fdl vorzusprechen und zum zweiten will man schnell weg, um den Betrieb nicht aufzuhalten und Verspätung zu machen. Das ist ja durchaus menschlich und daher ist es das sinnvollste, dieses menschliche Verhalten in der Ausrüstung und nicht alleine in den Regelwerken zu berücksichtigen. Ich bin weiterhin sicher, dass die diversen vergleichbaren Unfälle nicht passiert wären, wenn die Tf erkannt hätten, dass ein 2000er zur Zwangsbrfemsung geführt hatte, denn absichtlich hat sicherlich niemand das Hsig überfahren.

Carsten

Alwin Meschede
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Re: Zugunglück Mannheim

#166 Beitrag von Alwin Meschede »

Die EUB im Südwesten hat Gas gegeben, und jetzt ist der Untersuchungsbericht zu der Flankenfahrt in Mannheim da:

http://www.eisenbahn-unfalluntersuchung ... onFile&v=3" target="_blank

Kurzzusammenfassung: Es ist alles total gruselig. Ein Tf, bestenfalls "schwach streckenkundig" und am Ereignistag nach weniger als 5 Stunden Schlaf von irgendjemandem wieder zur Arbeit geprügelt, wähnt sich im Bahnhof Mannheim weiter auf dem Gegengleis und hat dort konsequent die Signale links von sich beachtet.
Alwin Meschede hat geschrieben:Nach Langenhagen hatte die EUB ja bereits laut darüber nachgedacht, ob es die Technik dem Tf womöglich zu einfach macht, sich aus einer 2000Hz-Zwangsbremsung wieder zu befreien. Sollte sich das jetzt nach Mannheim nochmal bestätigen, dann halte ich es nicht für ausgeschlossen, dass wir in ein paar Jahren eine PZB 90 Version 3.0 bekommen, wo man dann zusätzliche Verrenkungen unternehmen muss, um nach 2000 Hz wieder weiterzukommen.
^^ Hier war ich ein Prophet. Im Mannheim-Bericht findet sich jetzt als Sicherheitsempfehlung, dass man bei den Eisenbahnen mal darüber nachdenken solle, eine Verbindung von der PZB zum GSM-R-Gerät zu schaffen, damit die Tf nach Zwangsbremsungen auch wirklich den Fahrdienst anrufen. Alternativ wird eine technisch erzwungene "Auszeit" nach Zwangsbremsungen ins Spiel gebracht, um den Tf zu ermöglichen, über ihren Fehler zu meditieren und zum Telefon zu greifen.
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bottomisenormous
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Re: Zugunglück Mannheim

#167 Beitrag von bottomisenormous »

Ich sehe da noch ein gravierendes Problem: Wenn Tf bei Zwangsbremsungen mit persönlichen Nachteilen rechnen müssen wird es auch verstärkte Bemühungen geben diese unter den Tisch zu kehren. Dass der arme Mann zu diesem Zeitpunkt nicht mehr klar denken konnte und die Anzeigen im Führerraum zwar höchstwahrscheinlich gesehen, aber geistig nicht mehr verarbeitet hat kann ich gut nachvollziehen. Primär liegt die Schuld beim Tf, aber die eigentlichen Schuldigen, welche den Unfall ursächlich zu verantworten haben werden vermutlich nicht zur Verantwortung gezogen. Wenn wir schon so weit sind, dass Tf in Zeitarbeitsfirmen eingesetzt ( ich lese da: 300 Tf im "Pool" ) ausgenutzt werden wie Wanderarbeiter und Tagelöhner, aber gleichzeitig hunderte von Vorschriften beherrschen sollen dann ist das ein Sch... -Beruf geworden.

Mr. X
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Re: Zugunglück Mannheim

#168 Beitrag von Mr. X »

bottomisenormous hat geschrieben:Ich sehe da noch ein gravierendes Problem: Wenn Tf bei Zwangsbremsungen mit persönlichen Nachteilen rechnen müssen wird es auch verstärkte Bemühungen geben diese unter den Tisch zu kehren. Dass der arme Mann zu diesem Zeitpunkt nicht mehr klar denken konnte und die Anzeigen im Führerraum zwar höchstwahrscheinlich gesehen, aber geistig nicht mehr verarbeitet hat kann ich gut nachvollziehen. Primär liegt die Schuld beim Tf, aber die eigentlichen Schuldigen, welche den Unfall ursächlich zu verantworten haben werden vermutlich nicht zur Verantwortung gezogen. Wenn wir schon so weit sind, dass Tf in Zeitarbeitsfirmen eingesetzt ( ich lese da: 300 Tf im "Pool" ) ausgenutzt werden wie Wanderarbeiter und Tagelöhner, aber gleichzeitig hunderte von Vorschriften beherrschen sollen dann ist das ein Sch... -Beruf geworden.
Naja, und als Gegenmaßnahme muss man dann Gängelungsmechanismen wie PZB90 1.6 oder schlimmeres in Stellung bringen, damit auch ein geistig umnachteter Tf keinen Schaden anrichten kann. Und dann denkt sich die Leiharbeitsfirma, ach, wenn der doch eh keinen Schaden anrichten kann, dann kann er auch noch ein bisschen länger da vorne drin hocken...

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Achim Adams
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Re: Zugunglück Mannheim

#169 Beitrag von Achim Adams »

(nochmal überdacht und zurückgezogen)
Zuletzt geändert von Achim Adams am 24.09.2015 22:26:51, insgesamt 1-mal geändert.

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Michael_Poschmann
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Re: Zugunglück Mannheim

#170 Beitrag von Michael_Poschmann »

Alwin Meschede hat geschrieben:^^ Hier war ich ein Prophet.
Ich sehe Dich schon vor meinem geistigen Auge auf dem Kehling (eine der Erhebungen im Land der Tausend Berge) die in Stein gemeißelten neuen Fahrdienstvorschriften empfangen... :ausheck

Amüsierte Grüße
Michael

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Frank Wenzel
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Re: Zugunglück Mannheim

#171 Beitrag von Frank Wenzel »

Lobpreiset den Herrn, Michael :schaffner

Im Ernst: Nach Lektüre des Berichts bleibt die Feststellung dass da leider vieles im Argen liegt: "Lenk"-Zeitüberschreitungen, mangelhafte Streckenkunde samt -nachweisen, EVUs die sich nicht viel um sonstige Regularien kümmern, laxer Umgang bei den Personalen im Tfz mit den grundlegenden Sicherheitsprozeduren, Verbesserungspotential in der Überwachungstechnik.... siehe auch den akuten Geisterbahn-Fall im Elsenztal.

Die Einführung einer Zwangsverbindung zum Fdl lässt mutmasslich den Zugverkehrs ganz zum erliegen kommen, wenn nun jede noch so "kleine" PZB-Verfehlung zwangsweise fernmündlich abgearbeitet werden muss.

Wie sieht es eigentlich mit der gewerkschaftlichen Präsens der sonst so lauten EVG und GdL in diesen vielen privaten EVUs und Lokführerverleihfirmen aus? Vermutlich ziemlich mau in Zeiten scheinselbständiger Lokführer......
Gruß ins Forum, Frank - www.zusi-sk.eu - Youtube

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JulianG
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Re: Zugunglück Mannheim

#172 Beitrag von JulianG »

Frank Wenzel hat geschrieben:Die Einführung einer Zwangsverbindung zum Fdl lässt mutmasslich den Zugverkehrs ganz zum erliegen kommen, wenn nun jede noch so "kleine" PZB-Verfehlung zwangsweise fernmündlich abgearbeitet werden muss.
Das muss heute rein vorschriftsmäßig auch schon passieren; ob und wie das in der Praxis wirklich praktiziert wird, steht auf einem anderen Blatt.
bottomisenormous hat geschrieben:Dass der arme Mann zu diesem Zeitpunkt nicht mehr klar denken konnte und die Anzeigen im Führerraum zwar höchstwahrscheinlich gesehen, aber geistig nicht mehr verarbeitet hat kann ich gut nachvollziehen.
Der hat wohl nur noch den nahenden Feierabend in Form des Bahnsteigs gesehen...
Was mich wundert ist: Spätestens bei den vermeintlich linksstehenden Sperrsignalen hätte man doch eigentlich stutzig werden müssen. So ein mulmiges Gefühl, dass da irgendwas nicht stimmt. Gerade, wenn ich vorher zwangsentlüftet werde.
Aber gut: Wenn er aussagt, dass er sich nicht mal mehr an das Funkgespräch erinnern kann, in dem der FDL ihn "angeschrien hat", dann muss da wohl einiges im Argen gelegen sein...
Zuletzt geändert von JulianG am 24.09.2015 23:25:42, insgesamt 1-mal geändert.

F. Lehmann
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Re: Zugunglück Mannheim

#173 Beitrag von F. Lehmann »

Gut, Hauptsignale können schon mal links stehen. Der Zug kam ja auf dem Gegengleis, also wähnte der Tf das Hpsig links von sich wohl als seines, wie es am Ggl ja auch korrekt ist.

Nur sollte man vielleicht schon den Unterschied zwischen einem Blocksignal und einem Esig/Zsig (er)kennen (hinsichtlich Mastschild, Signalschirm, Signalbezeichnung). Eigentlich hätte kein Zweifel bestehen dürfen, dass sich der Tf nimmer auf der freien Strecke sondern im Bahnhof befindet?

Damit kommen wir zum nächsten Punkt:
Wo bitte stehen Lichtsperrsignale links (mal evtl
von einem Lsf am Gegengleis abgesehen; stehen diese nicht auch normalerweise rechts)?? Ein links stehendes Ls als für sich geltend zu interpretieren, da muss die geistige Umnachtung schon weit fortgeschritten gewesen sein. Der Tf hätte neben der 2000Hz-ZB mehrere Anhaltspunkte gehabt, sein Fehlverhalten bemerken zu können.

Ich habe den Bericht nur kurz am Handy überflogen, morgen im Büro werde ich mir den mal genauer zu Gemüte führen.

Gute Nacht,
Frank

F. Lehmann
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Re: Zugunglück Mannheim

#174 Beitrag von F. Lehmann »

Bzgl der links stehenden Ls hatte Julian wohl die gleiche Eingebung wie ich, war aber schneller mim tippen und posten :D

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Wolfgang Hüttner
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Re: Zugunglück Mannheim

#175 Beitrag von Wolfgang Hüttner »

Interessanter Bericht, der für mich aber leider viele Fragen offen lässt.

Das der Triebfahrzeugführer des Güterzugs ein Signal verwechselt hat, steht außer Frage.
Aber welches?

Die Aussage des FDL West 1, dass er die S-Bahn an das Signal 182 und den Güterzug an Signal 183 herangeführt hat, weckt in mir erste Zweifel, da sich beide Fahrwege kreuzen. Er kann also die Fahrstraße für die S-Bahn erst eingestellt haben, nachdem der Güterzug die Kreuzung hinter Esig F353 passiert hatte und damit bereits auf der Anfahrt zu Signal 183 war.
Da er dann ja auch die Einfahrt der S-Bahn gestellt hat und die Einfahrt für den EC gab es also 2 Signale (182 und 184) in unmittelbarer Nähe, die bei der Annäherung des Güterzugs an Signal 183 von Halt auf HP2 gewechselt haben.
Der Sichtpunkt in Abb.2 auf Seite 12 ist ja angeblich die Stelle, an der der Zug wieder beschleunigt hat. Das dürfte aber nicht die Stelle gewesen sein, an der das Signal verwechselt wurde. Da der Zug ja vorher gebremst hat, müssten doch eigentlich zunächst die Bremsen gelöst werden (in der Zeit bremst der Zug noch weiter) und wieder Leistung aufgeschaltet werden. Das bedeutet für mich, dass das Verwechseln des Signals schon zu einem viel früheren Zeitpunkt passiert sein muss, und da befand sich der Zug noch in der Kurve vor dieser Signalwand und macht daher ein Verwechseln auch viel wahrscheinlicher.
Daher ist für mich die Aussage, wegen der vorher links stehenden Signale auch bei Signal 183 auf das links stehende Signal 184 geachtet zu haben eher eine Versuch der Rechtfertigung für seinen Fehler.

Gruß
Wolfgang

Stefan_K
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Re: Zugunglück Mannheim

#176 Beitrag von Stefan_K »

Diese "Wand" ist doch so dermaßen charakteristisch, dass man schon sehr daneben sein muss, um nicht zu erkennen, dass man sich bereits im Bahnhof befindet. Ich hab beim Streckenkundeerwerb an dieser Stelle jedenfalls von den allermeisten anleitenden Tf ein "Uffbasse!!!" zu hören bekommen. :D

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TVT
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Re: Zugunglück Mannheim

#177 Beitrag von TVT »

Auch wenn das Verwechseln der Signale links und rechts vom Gleis nur ein Baustein in der Verkettung der Ereignisse war - früher (tm) war die Sache einfacher. Signale standen grundsätzlich rechts vom Gleis. Nur wenn links kein weiteres Gleis lag, durfte ein Signal auch links vom Gleis stehen.

Heute hingegen gibt es im Regelwerk acht Seiten, die sich nur mit der Frage beschäftigen, was sind zulässige und unzulässige Anordnungen. Der Gipfel ist der Satz "Für das Fahren auf dem Gegengleis ist in den betrieblichen Unterlagen für das Zugpersonal bekannt zu geben, dass das links vom Gegengleis angeordnete Signal nicht gilt." Weil - heute stehen die Signale für das Gegengleis ja links ...

Man war sich bei Einführung der neuen Regeln zum Signalstandort wohl schon bewusst, dass dies die Sache für den Tf nicht einfacher machen würde. Deshalb wurde die Zuordnungstafel erfunden. Und die Schilderfabrikanten freuten sich über einen Großauftrag zur Produktion von Schachbretttafeln, welche linksseitig (ggf. mit Zuordnungstafel ...) auf alle im Bestand am Gegengleis rechts stehende Signale hinzuweisen hatten.

Ich habe bis heute den Sinn dieser Neuregelung nicht verstanden.

Falls es hier im Forum Tf mit "Auslandserfahrung" in einem unserer Nachbarländer gibt: Wie ist es denn dort geregelt?

Gruß
TVT

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Michael_Poschmann
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Re: Zugunglück Mannheim

#178 Beitrag von Michael_Poschmann »

Zuordnungspfeile scheint es auch in den Niederlanden zuhauf zu geben. Zumindest ist das meine Beobachtung.
Gruß aus Rotterdam
Michael

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Carsten Hölscher
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Re: Zugunglück Mannheim

#179 Beitrag von Carsten Hölscher »

Auch wenn das Verwechseln der Signale links und rechts vom Gleis nur ein Baustein in der Verkettung der Ereignisse war - früher (tm) war die Sache einfacher. Signale standen grundsätzlich rechts vom Gleis. Nur wenn links kein weiteres Gleis lag, durfte ein Signal auch links vom Gleis stehen.
Auch heute gilt: Liegt links neben mir ein Gleis, steht mein (Haupt-/Vor-)Signal immer rechts. Diese Regelung ist aber vielen Lokführern in dieser Form nicht bewußt. Ergibt sich ja auch aus der 819 und die ist keine Ril für Lokführer.

Carsten

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Ronny
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Re: Zugunglück Mannheim

#180 Beitrag von Ronny »

Wolfgang Hüttner hat geschrieben:Aber welches?
Na bestimmt nicht das „S-Bahn-Signal“ (S182). Auch wenn es Fahrt gezeigt hat (was es ja tat), steht das ein Gleis weiter rechts. Da kommt also rechts vom Güterzug ein Signal (S183) und noch ein Gleis und dann erst das S182.
So weich in der Birne wird Der nicht gewesen sein, dass er das Signal ein Gleis weiter rechts als für sich gültig hielt. Der wird schon wirklich das S184 für „seins“ gehalten haben.
Ist ja auch plausibel: keine Streckenkenntnis, und hat sich noch auf der freien Strecke gewähnt. Nur: Wenn ich am Esig (wenn S184 denn das Esig gewesen wäre) vorbei bin, dann kommen die Sperrsignale rechts und nicht links, weil ich ja dann im Bahnhof bin.
Also hätte man spätestens am ersten Ls ins Grübeln kommen müssen – wie Frank schon geschrieben hat (Auch wenn das mit „wie sieht denn ein Signalschirm oder ein Mastschild eines Bksig/Esig/Zsig aus“ ein wenig Unsinn ist,
weil sich ein Bksig/Esig/Zsig nicht über das Aussehen seines Schirmes definiert, auch wenn man das beim H/V-System als Anhaltspunkt heranziehen kann. Zumal es viele Mitarbeiter gibt, die sich über solche Zusammenhänge gar keinen Kopf machen und auch nicht wissen,
welchen Sinn diese Buchstaben-Zahlen-Kombinationen auf den Signalbezeichnungsschildern ergeben und dass links neben dem Gleis garkein gültiges Signal für das befahrene Gleis stehen kann, wenn links daneben noch ein Gleis liegt.).
Wolfgang Hüttner hat geschrieben:Da er dann ja auch die Einfahrt der S-Bahn gestellt hat und die Einfahrt für den EC gab es also 2 Signale (182 und 184) in unmittelbarer Nähe, die bei der Annäherung des Güterzugs an Signal 183 von Halt auf HP2 gewechselt haben.
Der arme Mann muss sich ja zu Tode erschreckt haben, dass ihn da auf einmal so viele bunte Lichter angesprungen haben.
Wolfgang Hüttner hat geschrieben:Da der Zug ja vorher gebremst hat, müssten doch eigentlich zunächst die Bremsen gelöst werden (in der Zeit bremst der Zug noch weiter) und wieder Leistung aufgeschaltet werden.
Der hat sieben Containerwägelchen mit 100 Bremshundertsteln in P dran gehabt – das bremst sich fast wie ein Personenzug. Die Hauptluftleitung ist bei so einem Spielzeugzug ruckzuck aufgefüllt und die Bremsen gelöst; zumal er ja nicht stark gebremst hat, wie man in der EFR sehen kann.
Wolfgang Hüttner hat geschrieben:Das bedeutet für mich, dass das Verwechseln des Signals schon zu einem viel früheren Zeitpunkt passiert sein muss, und da befand sich der Zug noch in der Kurve vor dieser Signalwand und macht daher ein Verwechseln auch viel wahrscheinlicher.
Mag sein, dass man in dem Bogen die Signale verwechseln kann. Wenn man sich den Signalen dann aber weiter nähert, ist es irgendwann eindeutig, welches Signal zu welchem Gleis gehört.
Zumal ja als er noch im Bogen war beide bzw. alle drei relevanten Signale noch Halt zeigten und erst kurz bevor er die Signale erreicht hat auf Fahrt wechselten. Also wäre es egal gewesen, ob er als er noch im Bogen war die Signale verwechselt hat – da waren ja sowieso bloß rote Glühbirnen.
TVT hat geschrieben:Deshalb wurde die Zuordnungstafel erfunden. Und die Schilderfabrikanten freuten sich über einen Großauftrag zur Produktion von Schachbretttafeln, welche linksseitig (ggf. mit Zuordnungstafel ...) auf alle im Bestand am Gegengleis rechts stehende Signale hinzuweisen hatten.
Die Zuordnungstafel existierte meines Wissens nach schon 1959 im SB der DB.
TVT hat geschrieben:Ich habe bis heute den Sinn dieser Neuregelung nicht verstanden.
So sehr neu ist diese Regelung mittlerweile auch nicht mehr.
Wenn man auch auf freier Strecke sämtliche Signale rechts vom Gleis aufstellen wollte, müsste man den Gleisabstand erhöhen.
Dazu müsste man nicht nur mehr Grund kaufen, sondern auch Bahndämme, Einschnitte usw. müssten breiter sein. Dann müsste man hohe Signalmaste für diese Signale nutzen oder,
um normale Maste zu nutzen, den Gleisabstand noch weiter erhöhen damit die Signalschirme nicht ins Profil ragen. Oder man stellt Signalausleger oder -brücken auf, was noch mehr kostet.

Dass die Signale auf zweigleisigen Strecken am Gegengleis links stehen ist ja nun wirklich nicht auf Deutschland beschränkt. Beispiel Österreich:
DV V2 (Signalvorschrift) II. Hauptsignale §3 (5)Hauptsignale stehen grundsätzlich rechts neben oder über dem zugehörigen Gleis. Einfahr- Block- und Deckungssignale stehen auf zweigleisigen Strecken grundsätzlich außen neben oder über den Gleisen.
Die „österreichische Zuordnugstafel“ heißt „Signalhinweis“; eine rechteckige weiße Tafel mit rotem Dreieck.

Schweiz (dort ist das Gegengleis rechts):
Schweizerische Fahdienstvorschriften R300.2 1.1.2Ortsfeste Signale befinden sich links vom Gleis. Auf einspurigen Strecken können sie zur besseren Sichtbarkeit auch rechts aufgestellt sein. Auf mehrspurigen Strecken und in Bahnhöfen können die Signale des rechten äussersten Gleises auf dessen rechter Seite aufgestellt sein. Die Bezeichnungen links und rechts gelten im Sinne der Fahrrichtung.
Bei den Tschechen ist das, was bei uns die Schachbretttafel ist, eine rechteckige weiße Tafel mit rotem Dreieck. Die haben sowas sogar für Vorsignale (rechteckige schwarze Tafel mit gelbem Dreieck).

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